Bauen

Das neue Dorfener Rathaus. (Foto: Stefan Müller-Naumann)

09.09.2019

Stolzes Symbol kommunaler Selbstverwaltung

Das oberbayerische Dorfen hat ein neues Rathaus erhalten

Die elementare Funktion des Rathauses besteht darin, einen Platz zu bieten, an dem Rat gehalten wird. Im neuen Rathaus mit seinem Sitzungssaal, das Herz des Neubaus, sollen auch zukünftig die Entscheidungen zur Stadtentwicklung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger getroffen werden“, so Heinz Grundner, Erster Bürgermeister der Stadt Dorfen

Dorfen wurde um 1230 von Ludwig dem Kelheimer gegründet. Zwischen 1229 und 1237 wurde dem Ort das Marktrecht verliehen. Wesentliches Recht des Markts war unter anderem die Selbstverwaltung der Bürger mit einer Obrigkeit aus ihren Reihen, den Räten. Das Haus für die Räte sowie die Nachfolgebauten waren stets im Mittelpunkt der großen Marktplätze gelegen. Das dritte Haus hatte seinen Standort am heutigen Unteren Markplatz. Es wurde bis etwa 1860 als Rathaus und anschließend bis in die 1950er-Jahre als Amtsgericht genutzt. Als Ersatz errichtete die damalige Marktgemeinde auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein neues, funktionales Gebäude, das über die Stadterhebung im Jahr 1954 bis zum Jahr 2017 seine Funktion als Sitz der Verwaltung wie des Stadtrats erfüllte.

Unabhängig von der Bedeutung des Rathauses als Zeichen bürgerschaftlichen Selbstverständnisses haben sich die Anforderungen an ein Rathaus in funktionaler Sicht im Laufe der Jahrhunderte verändert. Für die Schaffung geeigneter Räumlichkeiten für bestimmte Aufgaben (Polizei, Feuerwehr) wurde das gesamte Gebäude für die Verwaltung aus- und umgebaut. Jedoch musste man feststellen, dass bei bestem Bemühen die erforderlichen Anpassungen nur mit immer größeren Einschränkungen erfüllt werden konnten.

Platz in einer Baulücke

Als 2014 Bürgermeister Heinz Grundner zusammen mit dem Stadtrat das Thema Rathausneubau aufgriff, entsprach das alte Rathaus weder den geltenden Brandschutzvorschriften noch war es im weitesten Sinne barrierefrei. Alle, Bürgermeister und Stadtrat, aber auch die Bürgerschaft erkannten die Notwendigkeit eines Rathausneubaus. Dabei war klar, das Rathaus muss in der Stadtmitte situiert werden. Es wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben.

Die zentrale Entwurfsaufgabe des Wettbewerbs bestand darin, Neues im historischen Kontext so zu schaffen, dass es die Zeit seiner Entstehung nicht leugnet und gleichzeitig sich im historischen Bestand selbstverständlich einfügt. Zudem kam noch die besondere städtebauliche Situation hinzu. Während historisch die Rathäuser als wichtige öffentliche Gebäude innerhalb der Stadtstruktur immer eine besondere städtebauliche Stellung eingenommen haben, musste das neue Rathaus in eine Baulücke innerhalb einer Häuserzeile situiert werden.

Die Diezinger Architekten GmbH schlugen im Wettbewerbsbeitrag eine Lösung vor, die diesen komplexen Anforderungen gerecht wurde. Der Baukörper nimmt dabei die Höhen der drei- und viergeschossigen Nachbarbebauung auf und präsentiert sich durch die Höhenstaffelung selbstbewusst mit dem überhöhten Sitzungssaal zum Platz. Auf der Rückseite zur kleinteiligen Bebauung der Apothekergasse ist das Gebäude dreigeschossig. Durch die differenzierte Höhengestaltung gelingt es, dass das Rathaus sich trotz der beengten Lage in der Zeile als eines der besonderen Gebäude der Stadt manifestiert.

In der Fassadengestaltung ist die regelmäßige Gliederung der Nachbargebäude übernommen und subtil auf die umgebende Bebauung mittels einer unaufgeregten, gut proportionierten verputzten Lochfassade eingegangen. Die in der Ebene versetzten Fenster verleihen der Platzfassade die notwendige Plastizität zum Rathausplatz. Die schräge Leibung nimmt die Blickbeziehung zum Marktplatz und der Marktkirche auf. Über die hinter den aus eloxiertem Aluminiumlochblech hergestellten Nachtauskühlungselementen werden die Büroräume natürlich belüftet. Der unmerkliche Knick in der Häuserzeile wird genutzt, um den Eingang des Rathauses klar zu definieren.

Das Eingangselement vermittelt als Filter zwischen Innen und Außen und besteht ebenfalls aus einer bronzefarben eloxierten Aluminiumlochblechfassade. Die äußere fußläufige Erschließung erfolgt zweiseitig, sowohl vom Rathausplatz als auch von der Apothekergasse her. Im zentral angeordneten Eingangsfoyer erfolgt die innere Erschließung des Gebäudes. Ein dreigeschossig hoher Lichthof sorgt für ausreichend Tageslicht. Aufgrund des sehr tiefen Grundrisses wurde eine einläufige Treppe eingebaut, die als zentrale vertikale Erschließung fungiert. Die Treppe staffelt sich kaskadenhaft, analog zu den Geschossebenen einseitig jeweils um eine Treppenlaufbreite ab. Dadurch entsteht ein nach oben sich öffnender Treppenraum mit optimaler, natürlicher Belichtung.

Die Räume der Rathausverwaltung mit nun 43 Büroräumen befinden sich in den ersten drei Geschossen. Im vierten Obergeschoss liegen der Sitzungs- und Trauungssaal.

Die Außenwände wurden als hochwärmegedämmtes Ziegelmauerwerk errichtet und mit einem mineralischen Putz verputzt. Die Innenwände aus Stahlbeton und Mauerwerk sind verputzt oder gespachtelt und mit einem Farbanstrich versehen. Die Flurwände zu den Bürospangen am Rathausplatz sowie zur Apothekergasse sind mit einer Verkleidung aus holzfurnierten Platten versehen. Die Säle im 3. Obergeschoss sind mit einer akustisch wirksamen, mit Eiche furnierten Wandverkleidung ausgestattet. In allen Nutzungsbereichen ist ein homogener Bodenbelag aus Industrieparkett, im Foyer und in den Fluren im Erdgeschoss ein Natursteinbelag verlegt. Mit Unterschreitung des Energiestandarts um 30 Prozent, einer barrierefreien Erschließung und der Verwendung nachhaltiger Baumaterialien ist das Gebäude zukunftsorientiert.

Nach der gewonnenen Ausschreibung im Februar 2016 wurden das alte Rathaus sowie das benachbarte Geschäftshaus im April 2017 abgerissen. Die Grundsteinlegung für das Rathaus fand am 21. September 2017 statt. Für die Zeit des Rathausneubaus war die Stadtverwaltung auf drei Gebäude innerhalb der Innenstadt Dorfens aufgeteilt. Seit April 2019 sind alle Abteilungen und Fachbereiche der Stadtverwaltung wieder in einem Haus vereint.

Mit der Bauzeit von 18 Monaten wurde der gesetzte Zeitrahmen von 1,5 Jahren eingehalten, ebenso liegen die Kosten, angesetzt auf 7,9 Millionen Euro, absolut im Kostenrahmen. (BSZ)

(Der Lichthof mit Jakob auf der Himmelsleiter von Alessandro Kokocinski und der Sitzungssaal im vierten Obergeschoss - Fotos: Stefan Müller-Naumann)

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