Neue Familienhäuser-Kolonie. Auf einem Areal in Nymphenburg, an der Nederlinger-, Volpini- und Gutenbergstraße gelegen, wird im Laufe des Sommers eine neue Villenkolonie (…) erstehen. (…) Die Erwerbsbedingungen sind, wie man hört, äußerst entgegenkommend gehalten (…).“ Als die Bayerische Staatszeitung (BSZ) vor 100 Jahren erstmalig erschien, waren es Meldungen wie diese vom 8. März 1913, die der an Baudingen interessierte Leser vorfinden konnte. Solche Baunachrichten hatte die Redaktion eingestreut zwischen all den anderen Lokalnachrichten des Tages wie der Ankündigung der bevorstehenden Generalversammlung des Katholischen Fürsorgevereins, der Statistik der Fahrraddiebstähle oder der Schilderung eines tödlichen Gasunfalls.
Der Informationsgehalt der Nachrichten war nur recht dürftig. Ins Detail gehende Baubeschreibungen gab es nicht, ganz zu schweigen von Plänen oder gar Fotos. Da die BSZ als allabendlich erscheinende „spezifische Tageszeitung der fein- und gutbürgerlichen bayerischen Familien“ vor allem die Münchner Beamtenschaft ansprechen wollte, ging es in erster Linie um Ereignisse aus dem Münchner Raum. Für Meldungen aus dem übrigen Bayern hatte die Zeitung nur wenig Platz zur Verfügung. Immerhin, in der Ausgabe vom 8. März 1913 war zu lesen, dass in Bamberg mit diversen Vorhaben die Bautätigkeit „wieder flotter eingesetzt“ habe.
Erst nach Ende des 1. Weltkriegs und im Verlauf der 1920er Jahre wurde die Bauberichterstattung ausführlicher. Dies geschah im Zuge einer generellen Ausgestaltung der Zeitung mit längeren Artikeln, Kommentaren und Leserbriefen sowie der Einführung von neuen Rubriken wie beispielsweise „Aus der Welt der Technik“. Und schließlich durch Bilder, die das optische Erscheinungsbild allmählich auflockerten.
Nach Kriegsende hatte sich mit der allgemeinen Not die Wohnungssituation, insbesondere in München, dramatisch verschlechtert. Die Folge waren Zwangseinquartierungen und Notunterkünfte. Die Staatszeitung erörterte in diesem Zusammenhang die „Bauaufgaben der Zukunft“, schrieb über die Sitzungen des Münchner Vereins zur Verbesserung der Wohnverhältnisse und pries die Vorzüge des Heizens mit bayerischer Kohle. Und sie berichtete von neuen Münchner Wohnbauten wie von der Kleinsiedlung „Alte Heide“ oder Ende der 1920er Jahre von den fünf Großsiedlungen des Münchner Wohnungsbauprogramms.
Zunehmend wurden auch andere Bauten Gegenstand der Beiträge. Sehr viel Aufmerksamkeit wurde Mitte der 1920er Jahre dem Neubau des Deutschen Museums in München zuteil. Die Eröffnung Anfang Mai 1925 war das Ereignis des Jahres, das erstmalig mit Lautsprechern ins Freie übertragen wurde. Zu diesem Anlass brachte die Staatszeitung am 6. Mai 1925 sogar eine eigene Beilage heraus. Mit Grußworten, einem Rundgang durch das Museum, der Schilderung des langjährigen Bauprozesses, Bildern und großformatigen Anzeigen der am Bau beteiligten Firmen, insgesamt 16 Seiten stark. Hinzu kam in den Tagen zuvor und danach die ausführliche Berichterstattung über die Eröffnungsfeierlichkeiten. Und immer wurde der Bau in höchsten Tönen gelobt.
In den 1920er Jahren in aller Munde waren auch Hochhäuser. Am 2. Februar 1921 druckte die Staatszeitung die Nachricht vom Münchner Stadtratsbeschluss, wonach der Bau von so genannten Wolkenkratzern für Bürozwecke unter bestimmten Bedingungen zugelassen sei. Es sollte einige Jahre dauern, bis der erste Hochhausbau in München tatsächlich angegangen wurde, das von Hermann Leitenstorfer entworfene Technische Rathaus an der Blumenstraße.
Nicht alle Bauten
kamen gut weg
Die damals „größte und modernste“ Baustelle im Stadtgebiet wurde wiederholt zum Gegenstand der Berichterstattung in der Staatszeitung. Anlässlich seiner Einweihung wurde der Hochhausbau als „ein Musterbeispiel neuzeitlichen Zweckstils“ bezeichnet. Der Bau sei „schlicht“ und „frei von ornamentalen Äußerlichkeiten“ und überdies „ein überzeugender Beweis dafür, dass in München der Mut zu Neuem lebendig ist“ (27./28. Oktober 1929).
Nicht alle Bauten, die in München zur damaligen Zeit im Stil der neuen Sachlichkeit errichtet wurden, kamen in der Staatszeitung so gut weg. Das nach dem Entwurf von Karl Badberger in Nymphenburg errichtete Landesamt für Maß und Gewicht wurde als „kalter Fremdkörper“ in seiner Umgebung (4. August 1928) beziehungsweise als „rätselhaft, extrem-modern“ (22. April 1931) abgetan.
Über das Postamt an der Tegernseer Landstraße von Robert Vorhoelzer, eines der wegweisenden Bauschöpfungen der Münchner Oberpostdirektion, urteilte die Staatszeitung am 25. Oktober 1929, dass der Bau „von ausgeprägtester Eigenwilligkeit“ sei, außerdem ein „architektonischer Fremdkörper in der Umgebung“. Jedoch hätten durch den Bau die Straßen- und Verkehrsverhältnisse „eine wesentliche Verbesserung“ erfahren.
Die Verkehrsverhältnisse waren damals in der Tat im Umbruch. Am 24. Oktober 1928 war gemeldet worden, dass „auch in München die Zahl der Kraftfahrzeuge eine beträchtliche Höhe erreicht“ habe und die Stadt mit einem Kraftfahrzeug auf 35 Einwohner sogar Berlin noch überträfe. Einige Monate zuvor schon war für die vielen Personenautos am Marienplatz die erste offizielle „Parkstelle“ eingerichtet worden (Staatszeitung vom 2. Februar 1928). Dass ein solcher Verkehr den Ausbau der Straßen in und außerhalb Münchens mit sich brachte, konnte der Leser der Staatszeitung ab 1929 aus dem „Baugeschehen der Woche“ ersehen. Unter der Überschrift „Für staatlichen und städtischen Bedarf“ wurden nun regelmäßig wichtige Bauvorhaben aus ganz Bayern vorgestellt, darunter auch Straßenbauprojekte.
Eine Bilanz des bayerischen Staatsstraßenbaus zog am 19. Juni 1931 unter anderem die mehrseitige Beilage „Straßenbau und Straßenpflege“. Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise war diese Bilanz allerdings von trüben Aussichten begleitet. Man hoffte auf bessere Zeiten, auch für den Straßenbau. (
Petra Raschke)
( Zur Eröffnung des Deutschen Museums gab es eine Sonderbeilage in der Bayerischen Staatszeitung - Fotos: BSZ)
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