Auf dem Universitätscampus der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg (FAU) ist nach knapp dreieinhalbjähriger Bauzeit der neue Forschungsbau HI ERN fertiggestellt worden. Das Helmholtz-Institut für Erneuerbare Energien ist eine Außenstelle des Forschungszentrums Jülich und wird in enger Kooperation mit der FAU sowie dem Helmholtz-Zentrum Berlin betrieben. Das Ziel des HI ERN ist die Entwicklung material- und prozessbasierter Lösungen für eine klimaneutrale Energieerzeugung sowie die Verknüpfung exzellenter Forschung in den Bereichen Material-, Energie- und Prozessforschung.
Der neue Hauptsitz HI ERN gruppiert sich um einen schmalen, aber langen grünen Innenhof. Aus diesem leitet sich die Zonierung des Gebäudes in einen Büro- und einen Forschungsbereich ab. Innerhalb des im Gestaltprinzip des Kubus konzipierten Baukörpers markiert ein im Erdgeschoss erfolgter, großzügig verglaster Unterschnitt an der Ecke Immerwahr- und Cauerstraße den Eingangsbereich. Hieran schließt im Gebäudeinneren ein mit Tageslicht durchflutetes Foyer an. In diesem Empfangs- und Verteilerbereich befinden sich neben verschiedenen Seminarräumen und Laboren eine Cafeteria sowie verschiedene Sitzmöglichkeiten. Je nach Bedarf kann das Foyer als Ausstellungsfläche und durch Zuschaltung einzelner Räumlichkeiten oder Teilbereiche der Cafeteria und des Innenhofs als größere, multifunktionale Veranstaltungsfläche genutzt werden.
Vielfältige Sichtbeziehungen
Der zentral angeordnete Innenhof erzeugt eine besondere Atmosphäre. Dank einer vollverglasten Fassadenkonstruktion ermöglicht er nicht nur vielfältige Sichtbeziehungen durch das Gebäude, sondern bietet den Wissenschaftlern und Forschern zudem auch eine ruhige Aufenthalts- und Kommunikationsfläche. Durch diese Offenheit und Transparenz des Neubaus wird ein kommunikatives, disziplinübergreifendes Arbeiten zwischen den Wissenschaftlern gefördert. Die innere Atmosphäre des Neubaus wird maßgeblich durch das Verhältnis dieses Gartenhofs zur räumlichen und funktionalen Struktur geprägt, und ist somit für das gesamte HI ERN identifikationsbildend.
Über ein zentrales Haupttreppenhaus gelangt man vom Foyer aus in die oberen Geschosse des Gebäudes. Die übereinanderliegenden, zurückgestaffelten Erschließungsfoyers liegen jeweils am südlichen Kopfende und haben als zentrale Kommunikationsflächen teil an der grünen Innenhofsituation mit der hoch aufragenden Ulme.
Während diese als „grüne Lunge“ den Prozess der natürlichen Fotosynthese veranschaulicht, erforschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des HI ERN im Inneren regenerative Energien zur Unterstützung der Energiewende. Die hierzu notwendigen physikalischen und chemischen Laborbereiche befinden sich im 1. und 2. Obergeschoss und sind so angeordnet, dass großflächig zusammenhängende Laborbereiche entstehen, die einen disziplinübergreifenden Austausch fördern.
In beiden Geschossen ordnen sich die Büros der Wissenschaftler u-förmig um den begrünten Innenhof und schließen unmittelbar an die Laborbereiche an. Die Besprechungsräume sowie Aufenthalts- und Kommunikationsbereiche sind ebenfalls im Zusammenhang mit der „grünen Lunge“ des Innenhofs platziert.
Mit diesem Konzept des ständigen Blickkontakts zum Innenhof wurde eine vollständige Orientierung im Gebäude möglich. Im 3. Obergeschoss befindet sich das neue Helmholtz Siemens Joint Lab mit weiteren Arbeits- und Büroräumen. Die Technikzentrale ist über den Laborbereichen angeordnet und versorgt diese über die Vertikalschächte.
Ein technoider Charakter prägt die horizontal strukturierte Aluminiumfassade mit ihrer taktil wirkenden, an mikroskopisch vergrößerte Nanostrukturen erinnernden Oberfläche. Passend zur thematischen Ausrichtung des Forschungsgebäudes wird somit das Paradigma nanostrukturierter Oberflächen aufgegriffen und gestalterisch in die Fassadengestaltung transformiert.
Hinterlüftete
Metallfassade
Umgesetzt wird dies in Form einer hinterlüfteten Metallfassade, deren Paneele im oberen Bereich der Fensterbänder, in Anlehnung an die Optik funktionaler Nanopartikelsysteme, gelocht ausgeführt werden und so einen Teil des Sonnenschutzes übernehmen. Die geschlossenen Felder der Fassadenfläche werden analog dazu mit rund-konkav und rund-konvex strukturierten Metallblechen ausgeführt.
Diese fein ausgearbeitete Struktur symbolisiert die Komplexität der labortechnischen Forschung, die in dem Gebäude betrieben wird, und verdeutlicht die Offenheit des HI ERN als Teil einer komplexen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. Mit ihren für Laborbauten typischen, massiven Brüstungen sorgt die Bandfassade zugleich für energetische Effizienz. So zeichnet sich der neue Hauptsitz des Instituts nicht nur durch eine ebenso funktionale wie synergiestiftende Struktur aus, sondern auch durch eine thematisch aus der Nanotechnologie hergeleiteten und differenziert geplanten Fassadenstruktur, welche die Arbeit des Instituts sichtbar für die Öffentlichkeit abbildet. (Sabine Weicherding)
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