Bauen

Schloss Brody wird denkmalgerecht saniert. (Foto: Wiegand)

17.05.2017

Vom Gutshof zum Hotel

Im polnischen Lebuser Land werden immer mehr alte Schlösser wieder instand gesetzt oder neue gebaut

Manchmal sind es relativ kleine Besonderheiten, die Menschen zum Kauf einer Gebraucht-Immobilie animieren. So erging es Zbigniew Czmuda 2007 bei der Besichtigung von Schloss und Gut Wiechlice (Wichelsdorf) im Lebuser Land, heute die Woiwodschaft Lubuskie gleich hinter der Oder. Nicht das instandsetzungsbedürftige niederschlesische Herrenhaus gab den Ausschlag, sondern das historische Ziegelgewölbe in einem der dazugehörigen Nutzbauten, erzählt er. „So was gibt es sonst nirgendwo mehr“, habe er zu seiner Frau gesagt und hat damals stolze 120 000 Euro für den Komplex hingeblättert. Nun krönt dieses Ziegelgewölbe das Schwimmbad im Spa-Wellness-Bereich. Der letzte deutsche Gutsbesitzer, Willi Theodor von Neunmann, der 1945 Polen verlassen musste und in Bad Salzdetfurth lebt, hat ihn besucht. „Das schaffst Du nie“, habe er angesichts des maroden Zustands der Gebäude gesagt. Doch Czmuda war jeden Tag auf der Baustelle und hat es in gut zwei Jahren, von 2009 bis 2011, mit regionalen Firmen geschafft. Das 1790 im italienischen Stil erbaute Herrenhaus wurde zum Schlosshotel umgestaltet. Der ehemalige Marstall dient als Zweithotel.
2012 konnte der über 90-jährige von Neumann das wieder hergestellte Ensemble bestaunen, darüber hinaus auch 4000 Rebstöcke. Die Setzlinge hatte Czmuda im Weinanbaugebiet an der Bergstraße gekauft und produziert nun eigene Weine, hat doch der Weinanbau im Lebuser Land rund um Grünberg (Zielona Góra) dank der Zisterzienser eine 700-jährige Tradition. In kommunistischer Zeit war er verboten, die politische Wende brachte das Comeback. Damit ist das Lebuser Land das nördlichste geschlossene Weinanbaugebiet der Welt. Weinschlösser zu bauen oder andere entsprechend zu sanieren, ist die Konsequenz. Das tat Marek Krojcig, einer der erfolgreichsten Weinbau-Pioniere. Winny Dworek (Weinlandgut) nannte er seinen Neubau im Klassizismus-Stil des 19. Jahrhunderts. Vielleicht schafft es der polnische Bauunternehmer Maciej Jusiel, dass auch im Schloss Brody (Pförten) nahe Forst (Lausitz) bald wieder die Gläser klingen. 2009 hat er das 1945 zum zweiten Mal ausgebrannte Riesengebäude gekauft mitsamt dem Schlosshof, den Ökonomiegebäuden und den beiden Kavaliershäusern. Die sind bereits hübsch restauriert und bieten Gästezimmer und ein Restaurant.

Dach bereits neu gedeckt

Das gewaltige, geschichtsträchtige Schloss denkmalgerecht zu sanieren ist eine Herausforderung. Einst gehörte es dem Grafen Heinrich von Brühl (1700 bis 1763), der rechten Hand August des Starken (Kurfürst von Sachsen und König von Polen). Das damalige Schloss hatte der Graf durch den Dresdner Hofarchitekten Johann Christoph Knöffel ab 1740 deutlich erweitern lassen und ihm auch die Gestaltung des Schlossparks anvertraut. Doch die Pracht währte nicht lange. 1763 ließ Friedrich der Große das Schloss abfackeln, waren doch Preußen und Sachsen ziemlich beste Feinde.
Nun verheißt die neue Uhr den Anbruch besserer Zeiten. Schloss Brody soll ein feines Schlosshotel werden. Das Dach ist bereits frisch gedeckt. 60 Prozent dieser Kosten übernahm der Eigentümer, 40 Prozent der polnische Staat. Im riesigen Innern sorgen neue Zwischendecken für die Stabilität des Bauwerks, weitere wurden im Winter eingezogen. Aus den Fenstern auf der Parkseite schaut man direkt auf die kleine Kirche, die schon vor Jahren instand gesetzt wurde. Diese Parkseite wird gerade renoviert. Wie prächtig sie einst aussah, zeigt ein altes Foto, das Claudius Wecke, gärtnerischer Parkleiter des Fürst-Pückler-Parks Branitz, mitgebracht hat. Für das Schloss wird nun laut Wecke ein Förderantrag beim EU-geförderten Kooperationsprogramm Interreg VA gestellt, um die Fassade, die Fenster und Türen sowie das Erdgeschoss fertigzustellen. Er selbst kümmert sich ohnehin schon seit vielen Jahren um die Wiederherstellung des weitläufigen Schlossparks mit der historischen Lindenallee. Der gehört zur Gemeinde Brody, seit einiger Zeit auch zum Europäischen Parkverbund. In bisher fünf deutsch-polnischen Parkseminaren wurden frühere Sichtachsen und Wege wieder freigelegt. Scharenweise kommen Polen und Deutsche, um mitanzupacken. Auch Mitglieder der Familie von Brühl reisten an und engagieren sich so für ihr ehemaliges, geschichtlich bedeutsames Erbe.
(Ursula Wiegand) (Schwimmen unter dem historischen Ziegelgewölbe von Gut Wiechlice und das Weinlandgut Winny Dworek - Fotos: Wiegand)

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