Bauen

Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer. (Foto: Dominik Fritz)

25.05.2020

„Wir stellen uns auf schwierige Zeiten ein“

Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, zu den Auswirkungen der Corona-Krise und die Sicherheit am Bau

Die Planungs- und Baubranche versichert, im Umgang mit Covid-19 für maximalen Gesundheitsschutz einzutreten. Dabei haben die Themen wie Arbeitsschutz, Besprechungen auf den Baustellen, Verantwortung und Koordination besondere Bedeutung. Hierüber sprach die Bayerische Staatszeitung mit der Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, Christine Degenhart.

BSZ Frau Degenhart, wie ist die derzeitige Lage der Architekten in Corona-Zeiten?
Christine Degenhart Wie in der gesamten Planungs- und Baubranche sind auch Architekten momentan täglich gefordert, mit massiven Beschränkungen umzugehen. Als Treuhänder des Bauherrn übernehmen sie für Projekte und Beteiligte eine besondere Verantwortung. Glücklicherweise sind massive Auftragsrückgänge derzeit nur in einem überschaubaren Umfang erkennbar, aber eine aktuelle Umfrage der Bundesarchitektenkammer und der Bundesingenieurkammer zeigt, dass sich Architekturbüros bereits jetzt auf wirtschaftlich schwierige Zeiten einstellen.

BSZ Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit dem Gesundheitsschutz aus?
Degenhart Dass auf den Baustellen unter Berücksichtigung eines maximalen Gesundheitsschutzes weitergearbeitet wird, ist ein wichtiger Schritt, die Bautätigkeit in Bayern aufrechtzuerhalten. Die am Bau Beteiligten – organisiert unter anderem in der Bayerischen Architektenkammer, dem Bayerischen Bauindustrieverband, der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und dem Landesverband Bayerischer Bauinnungen – haben sich deshalb auf einen gemeinsamen, freiwilligen Standard zur Sicherstellung der Hygiene auf den Baustellen verständigt. Dieser 3-Punkte-Plan ist unter www.byak.de abrufbar.

BSZ Was genau fällt bei einem Bauprojekt in Corona-Zeiten unter die Verantwortlichkeit des Bauherrn? Wer ist eigentlich verantwortlich für den Bau?
Degenhart Gerade in Corona-Zeiten wird deutlich, an welchen Stellen alle Akteure – Bauherren, Architekten, Ingenieure, Fachplaner und ausführende Firmen – gemeinsam Verantwortung für das Bauvorhaben übernehmen. Geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen obliegen den jeweiligen Arbeitgebern, das heißt, den ausführenden Unternehmen. Klare Regeln für Besprechungen auf den Baustellen und eine optimale Koordination von Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen sind angesichts der Corona-Krise für den Projekterfolg besonders wichtig. Hier kommt den Bauherren und den von ihnen beauftragen Sicherheits- und Gesundheitskoordinatoren eine große Verantwortung zu.

BSZ Wie wird mit Verstößen gegen die Regeln auf den Baustellen umgegangen?
Degenhart Verstöße auf der Baustelle können insbesondere nach dem Infektionsschutzgesetz wegen Nichteinhalten des vorgeschriebenen Mindestabstands, der Baustellenverordnung und nach der Arbeitsstättenverordnung geahndet werden.
 
BSZ Darf nur eine bestimmte Anzahl von Bauarbeitern auf einer Baustelle arbeiten?
Degenhart Nein, das ist abhängig von den jeweils beteiligten Gewerken und den damit verbundenen Abläufen im Baubetrieb. Mit einem guten Baustellenmanagement und einer klugen zeitlichen Koordination von Arbeiten ist vieles möglich. Für eine angemessene Lösung kommt es auf verschiedene Faktoren an, wie beispielsweise den Stand der Arbeiten und natürlich auch auf die Größe der Baustelle.

BSZ Betriebe und Unternehmen sollen dafür sorgen „alles notwendige für die Sicherheit und Gesundheit zu unternehmen ...“. Was genau ist damit gemeint?
Degenhart Der Koordination notwendiger Maßnahmen und der Erstellung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans kommen in einem Pandemiefall besondere Bedeutung zu. Der vom Bauherrn beauftragte Koordinator hat die Zusammenarbeit der am Bau Beteiligten so zu organisieren, dass eine ausreichend zeitliche und räumliche Trennung von Personen auf der Baustelle bestmöglich gewährleistet ist. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft – BG Bau – hat einen ausführlichen Leitfaden zu notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen bei Covid-19 auf Baustellen herausgegeben.

BSZ Bietet die Architektenkammer ihren Mitgliedern dazu auch Hilfestellung an?
Degenhart Unseren Kammermitgliedern bieten wir umfangreiche Fortbildungen zu den Corona-Folgen an. Auch ein kleines Kontingent eines kostenfreien, einfachen Mund-Nasen-Schutzes konnten wir organisieren. Zum notwendigen Schutz zählen Informationen zu allen Maßnahmen auf der Baustelle, angemessene Schutzkleidung und ein hoher Standard an Hygiene, insbesondere auch bei den sanitären Einrichtungen. Dazu gehören auch fließendes Wasser und Seife. Soweit auf Besprechungen auf der Baustelle nicht verzichtet werden kann, wird den Gesprächspartnern empfohlen, einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Es geht darum, auf der Baustelle alle Situationen zu entschärfen, in denen körperliche Nähe unvermeidlich ist.

BSZ Worauf muss besonders geachtet werden, dass derzeit die Weiterführung eines Baus nicht eingestellt wird?
Degenhart Das ist situativ und täglich neu zu entscheiden und hängt auch davon ab, in welchem Umfang oder in welchen Bereichen auf der Baustelle ein angemessener Sicherheits- und Gesundheitsschutz überhaupt möglich ist. Soweit Terminabläufe, Arbeitskapazität und Sicherheits- sowie Gesundheitsschutzbestimmungen eingehalten werden können, dürfte ein auf diese Bedingungen abgestimmter Baubetrieb möglich sein.

BSZ Greifen die Förderprogramme der Soforthilfen, und wie hoch sind sie?
Degenhart Die Soforthilfen und auch die erweiterten Möglichkeiten des Kurzarbeitergelds sind hilfreich, auch wenn die volle Wucht der Krise den Berufsstand der Architekten vermutlich erst zeitverzögert treffen wird, wenn beispielsweise öffentliche und private Auftraggeber weniger oder keine Planungsaufträge mehr aussprechen. Auch im Falle von nachgelagerten Folgen muss sichergestellt sein, dass noch ausreichend Mittel zur Unterstützung und Förderung zur Verfügung stehen. Wichtig ist bereits jetzt, die Finanzkraft der Kommunen beispielsweise mit einem kommunalen Rettungsschirm zu stärken. Nicht zuletzt bieten Förderprogramme und Konjunkturmaßnahmen die Chance, wichtige gesellschaftliche Ziele wie die Aufenthaltsqualität von Räumen und Energiethemen weiter voranzubringen. Interview: Eva-Maria Mayring

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