Beruf & Karriere

Eine Arbeitgebermarke muss sorgfältig aufgebaut und regelmäßig poliert werden. (Foto: dpa/Uli Deck)

26.04.2019

Auf innere Werte setzen

Wer angesichts knappen Personals nur auf Markenaufbau setzt, schafft statt einer Lösung schnell zusätzliche Probleme

Wenn Arbeitgeber ihr Image aufpolieren wollen, stehen sie vor einer selbst für Fachleute immer schwerer zu überschaubaren Landschaft von Marketing-Disziplinen und immer neuen Trendthemen. Welche sinnvoll sind – und welche nicht.

Die Attraktivität vieler Arbeitgeber gerade im öffentlichen Sektor leidet nach wie vor darunter, dass die Beschäftigungsaussichten dort zwar als sicher, jedoch als wenig dynamisch und beweglich eingeschätzt werden. Kommunikationskampagnen können dies nicht nachhaltig verändern. Der Weg zu einer attraktiven Positionierung führt über weitreichendere Perspektiven, größere Verantwortungsspielräume und ideelle Werte, die tatsächlich gelebt werden. Die Digitalisierung verändert zudem den Bedarf an Kompetenzen und Qualifikationen mit einer Dynamik, die alles bislang Gewohnte auf den Kopf stellt. Ohne ein klares Selbstverständnis und die Fokussierung auf definierte Leitplanken im Personalmanagement verlieren Unternehmen und Behörden dabei leicht die Richtung und vergeuden in planlosem Aktionismus Ressourcen.

Wer in Richtung der Arbeitgeber-Marke sinnvolle Veränderungen bewirken möchte, sieht sich mit einer selbst für Fachleute immer schwerer überschaubaren Landschaft von Marketing-Disziplinen und immer neuen Trendthemen konfrontiert. Sinn und Unsinn von Konzepten und Maßnahmen können insofern immer schwerer beurteilt werden. Inwieweit Dienstleister versuchen, Modeerscheinungen zu platzieren und welche Entwicklungen im Kontext der eigenen Ziele richtungweisend sind, lässt sich oft erst hinterher abschätzen. Sicher ist allerdings, dass die Komplexität weiter zunimmt und ein „roter Faden“, der sich durch alle Maßnahmen und Interaktionen mit den Zielgruppen zieht, unverzichtbarer wird.
Experten wie der Kommunikationswissenschaftler Wolf Reiner Kriegler, Geschäftsführer der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA), warnen vor gleichförmigen und deshalb kaum wirksamen Ansätzen. In seinem Standardwerk zum Thema schreibt er: „Die Liste der Unternehmen ist lang, die ambitioniert ‚Employer Branding’ als Projekt ausschreiben und am Ende des Wegs Austauschbares und Erwartbares zum Kern ihrer Arbeitgebermarke erheben.“

Vorsicht vor teuren Image-Blasen

Oftmals wird das Selbstbild einer (Arbeitgeber-)Marke durch Mitarbeiter und direkte Beteiligte als Identität, das Fremdbild von der Außenbetrachtung aus als Image bezeichnet. Man geht davon aus, dass die Identität über Medien gewissermaßen nach außen projiziert werden kann und Bewerber in ihrer Entscheidungsfindung bewusst – und vor allem auch unterbewusst – beeinflusst. Allerdings gehört zur Identität auch das, was als Kultur eine Organisation informell prägt, was sich in der Interaktion an Eigenschaften implizit ausprägt und festigt, von den „offiziellen“ Werten und Spielregeln ganz abgesehen. In Zeiten sozialer Medien und Portalen zur Beurteilung von Arbeitgebern wie Kununu.com verbreiten sich individuelle Sichten darauf selbstorganisiert. Identität und Image sind vor allem immer eine Frage der Beobachtung und Interpretation. Insofern scheint der Anspruch eines „fremdgesteuerten“ Images zunehmend fragwürdig. Auch wenn dies, getrieben durch hohen Werbedruck, manchmal funktionieren mag – im Grundsatz bleibt es trivial und zeichnet ein Bild vom Menschen als maschinenhafte Konstruktion. Es stellt sich insbesondere die Frage nach dem Verhältnis von Aufwand und Wirkung eines solchen Vorgehens, was durch die mittlerweile stattfindende, immense Konzentration an marketing-geprägten „Kommunikationen“ verschärft wird. Wo Produkte und Dienstleistungen im Überfluss angeboten werden, nimmt die Gleichförmigkeit in der Ansprache und den bespielten Kanälen immer mehr zu. Der Druck, der bei den „Empfängern“ durch die ständige Zuführung von weitgehend stereotypen Marketing-Reizen erzeugt wird, wandelt sich gegebenenfalls zur Reaktanz bis hin zur Werbeverweigerung.

Es ergibt mehr Sinn, wenn die Identität und eine passende Kultur sich organisch entwickeln können und nicht mit vorgefertigten Leitbildern projiziert werden. Der Belgier Frédéric Laloux, ehemaliger McKinsey-Partner und gefragter Experte für Selbstorganisation im Unternehmenskontext, spricht davon, „[…] auf den evolutionären Sinn zu hören“. Es geht darum, das Bild der Organisation aus den Kommunikationen entstehen zu lassen, die tatsächlich zwischen den Beteiligten stattfinden und angeregt werden. Welche „Images“ die Akteure dabei im Kopf haben, beeinflusst sicherlich deren Handlungen und Interpretationen. Für die Ausprägung der Marke ist es allerdings nicht direkt relevant – es gibt nicht die eine Identität, das eine Image, welche vorgefertigt übertragen werden. Einzigartigkeit und Abgrenzung des Markensystems entstehen über die Kommunikationen, die aneinander anschließen und sich weitgehend selbstorganisiert herausbilden. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke erscheint dafür prädestiniert – zumal es sich dabei auch nach klassischem Verständnis um längerfristige Prozesse handelt und nicht um kurzfristige „Hauruck-Aktionen“. (Frank Beck)

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