Beruf & Karriere

Verwaltungen müssen als Knotenpunkte im Netzwerk digitaler Städte und Regionen agieren – aber das Personal dafür fehlt häufig. (Foto: Schackow/dpa)

11.01.2019

Kommunen brauchen Employer Branding

Seit Jahren werden die Herausforderungen durch den demografischen Wandel thematisiert, nun bekommen die Kommunen die konkreten Auswirkungen zu spüren

Arbeitsmarktexperten sind noch immer uneins, ob es den Fachkräftemangel tatsächlich gibt. Währenddessen suchen zahlreiche Städte und Gemeinden händeringend nach Lösungen, um dem immer knapperen Personalbestand zu begegnen – vor allem wegen der Digitalisierung.

Angesichts so mancher Medienmeldung, die einen Engpass an qualifizierten Arbeitskräften durchaus in Frage stellt, können Stadtoberhäupter und kommunale Personalverantwortliche derzeit nur den Kopf schütteln. Die jüngst veröffentlichten Ergebnisse einer Studie, die vom Innovators Club des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) gemeinsam mit dem Berliner Beratungsunternehmen publecon durchgeführt wurde, belegen nicht nur eine deutliche Zunahme der Probleme bei der Personalgewinnung innerhalb der letzten Jahre. Insgesamt hat der Druck auf das Personalmanagement deutlich zugenommen: Die hohe Zahl altersbedingter Abgänge quer durch alle Fach- und Führungsebenen sorgt in Verbindung mit rückläufigen Bewerberzahlen und ständig neuen inhaltlichen Anforderungen dafür, dass mancherorts die kommunalen Kernaufgaben – vor allem in Verbindung mit dem notwendigen Ausbau der Infrastrukturen – kaum mehr erfüllt werden können.

Die vorliegende Studie, die auch als Grundlage für das Ende 2018 erschienene Buch Demografieorientiertes Personalmanagement im öffentlichen Dienst dient, beleuchtet mit 14 Fragestellungen operative Belange ebenso wie strategische und tarifrechtliche Themenbereiche. Thomas Helmke, Geschäftsführer bei publecon und Leiter der Studie, sieht neben den aktuellen Erkenntnissen einen besonderen Pluspunkt in der Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen einer nahezu identischen Online-Befragung aus 2011/2012. „Wir haben bewusst die Fragen nur geringfügig aktualisiert und modifiziert, um die Vergleichsmöglichkeit zur Vorgänger-Studie zu gewährleisten“, so Helmke. An der von Ende 2017 bis Anfang 2018 durchgeführten Neuauflage der Online-Umfrage haben sich bundesweit Verantwortliche aus 463 Kommunen beteiligt. Wie nicht anders zu erwarten, hat die Verknappung bei den Absolventen von Ingenieurstudiengängen generell deutlich zugenommen, über den oft thematisierten IT-Bereich hinaus. Viele Kommunen können beispielsweise offene Bauamtsleitungen kaum adäquat besetzen, was sich wiederum negativ auf die Projektierung notwendiger Bauvorhaben auswirkt. Doch auch bei den klassischen Verwaltungsfachangestellten sowie Beamtenanwärtern des mittleren Dienstes wird es mittlerweile eng. Die betriebliche Aus- und Weiterbildung steht bei den möglichen Maßnahmen zur Abhilfe insofern weit vorne. In der Praxis wird es allerdings Zeit brauchen, bis sich entsprechende Effekte einstellen. Die regressive Personalpolitik der letzten Jahrzehnte in den Verwaltungen und die verstärkte Präsenz der geburtenschwachen Jahrgänge auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sorgen für eine Verdichtung der Probleme, statt für schnell verfügbare Lösungen.

E-Government und Digitalisierung sind die wichtigsten Verwaltungsleistungen der Zukunft

 Parallel zur Herausforderung, die richtigen Leute zu bekommen und zu halten, sind die kommunalen Verwaltungen als wesentlicher Teil einer der wohl weitreichendsten gesellschaftlichen Entwicklungen seit der Industrialisierung gefordert. Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Berlin, formuliert die veränderte Erwartung in der bereits erwähnten Buchveröffentlichung folgendermaßen: „Verwaltungen agieren künftig als Knotenpunkte im Netzwerk digitaler Städte und Regionen und werden eine aktive Rolle gegenüber Wirtschaft und Zivilgesellschaft einnehmen.“ Wenn die digitale Transformation den Kommunen zahlreiche neue Aufgaben bringt und das Zusammenspiel mit Bürgern, Wirtschaftsunternehmen und weiteren Verwaltungsebenen im öffentlichen Sektor gravierend erweitert, wird es kaum ausreichen, die bisher etablierten Wege und Maßnahmen im Personalmanagement und in der Organisationsentwicklung einfach zu verbreitern oder zu verstärken. Man muss noch gar nicht über Konzepte „digitaler Städte“ sprechen – bereits für die Erfüllung klassischer kommunaler Aufgaben wird neben finanziellen und technologischen Aufwänden oftmals ein neues Denken in der Organisation erforderlich sein. „Klar ist in jedem Fall, dass eine der wichtigsten Aufgaben in den kommenden Jahren ein umfassendes und aktives Veränderungsmanagement sein wird“, so Alexander Handschuh.

 Im Wettbewerb um junge, qualifizierte Arbeitskräfte sehen viele Verantwortliche in den Kommunen eine starke Arbeitgebermarke, die sogenannte „Employer Brand“, als notwendig und wünschenswert an. Ein attraktives Bild nach innen und außen sollte allerdings nicht mit Marketing-Kampagnen und gestellten Bildern einer schönen digitalen Welt verwechselt werden. Wenn 77 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage von publecon und DStGB angeben, dass „E-Government und Digitalisierung von Verwaltungsleistungen“ zu den wichtigsten Themenfeldern für die Zukunft ihrer Kommune gehören, jedoch nur rund 40 Prozent eine „positive Veränderungskultur gegenüber neuen Technologien“ als wesentlich ansehen, zeigt sich bereits, dass es beim neuen Denken noch viel Luft nach oben gibt. Wer gerne „Ja“ sagt zum zukunftsfähigen Personalmanagement, kann hier mit Sicherheit punkten. (Frank Beck)

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