Beruf & Karriere

Wer im Ausland arbeitet, sollte das Steuerrecht kennen: Sonst wollen am Ende zwei Staaten einen Teil des Verdiensts. (Foto: dpa/Martin Zinggi)

18.09.2020

Vom Welteinkommensprinzip profitieren

Steuern, Sozialabgaben, Doppelbelastungen: Was Angestellte deutscher Firmen bei der Arbeit im Ausland beachten müssen

Die Globalisierung führt dazu, dass immer mehr Arbeitnehmer zumindest zeitweise im Ausland arbeiten. Dabei kann der Steuerpflichtige entweder seinen Wohnsitz in Deutschland behalten oder ins Ausland ziehen. Je nach Variante gelten zum Teil sehr komplizierte Steuerregeln.

Heute in Singapur, morgen in Kapstadt, übermorgen beim Meeting in Mexico City: Es gibt viele Möglichkeiten, im Ausland zu arbeiten, sei es für einen deutschen Arbeitgeber oder einen ausländischen, nur ein paar Monate oder mehrere Jahre. Dabei kann der Steuerpflichtige entweder seinen Wohnsitz in Deutschland behalten oder aufgeben und ganz ins Ausland ziehen. Je nachdem, welche Variante gewählt wird, gelten besondere Steuerregeln. „Dabei gilt es, komplexe steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Regelungen zu beachten“, so die Steuerberaterkammer München. Nur wer sich rechtzeitig über diese Bestimmungen informiere, könne doppelte Steuerzahlungen oder Nachzahlungen vermeiden.

Steuerliche Aspekte: Bei der steuerrechtlichen Beurteilung müssen neben dem innerdeutschen Steuerrecht auch das Steuerrecht des ausländischen Staates sowie – soweit vorhanden – die Abkommen zwischen beiden Staaten beachtet werden, die sogenannten Doppelbesteuerungsabkommen.

Eine Grundregel des deutschen Einkommensteuergesetzes besagt, dass immer in dem Staat Steuern aufgrund einer unbeschränkten Steuerpflicht gezahlt werden müssen, wo der Steuerpflichtige ansässig ist, das heißt seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dort wird dann grundsätzlich das gesamte inländische und ausländische Einkommen versteuert. Das Ganze nennt sich Welteinkommensprinzip. Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lasse, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person ist dort, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Behält der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland bei, so ist er dort weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig. Wird der Arbeitnehmer von einem inländischen Arbeitgeber in das Ausland entsandt, so spricht man von einer sogenannten Outbound-Entsendung. Da die unbeschränkte Steuerpflicht des Arbeitnehmers aufgrund seines in Deutschland beibehaltenen Wohnsitzes auch weiterhin besteht, erstreckt sich der deutsche Besteuerungsanspruch auf das Welteinkommen und somit auch auf die im Ausland erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Dabei kommt es für den aus der unbeschränkten Steuerpflicht resultierenden Besteuerungsanspruch nicht darauf an, ob der Arbeitslohn weiterhin von dem inländischen Arbeitgeber gezahlt wird oder auf der Grundlage eines mit der ausländischen Tochtergesellschaft im Zuge der Entsendung abgeschlossenen Arbeitsvertrags von der ausländischen Tochtergesellschaft.

Liegt eine Outbound-Entsendung vor?

Gibt der Arbeitnehmer bei einer Tätigkeit im Ausland seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland vollständig auf, so erlischt damit seine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland. Daraus können sich erhebliche steuerliche Konsequenzen ergeben. Nach seinem Wegzug ist der Arbeitnehmer im Regelfall nur noch mit Einkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, deren Quellen auch in Deutschland liegen.

Wird das Gehalt durch einen inländischen Arbeitgeber gezahlt, so ist dieser zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer verpflichtet. Wird dagegen das Gehalt durch einen im Ausland ansässigen Arbeitgeber gezahlt, so erfolgt die Versteuerung durch eine Veranlagung zur Einkommensteuer.

Deutsche Staatsangehörige, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, jedoch zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, unterliegen der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht. Dies gilt auch für die zu ihrem Haushalt gehörenden Angehörigen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Hierunter fallen insbesondere ins Ausland entsandte deutsche Staatsangehörige als Mitglieder einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung.

Vermeidung einer möglichen Doppelbesteuerung: Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit liegt das Besteuerungsrecht regelmäßig beim Tätigkeitsstaat. Dies wird durch das jeweils abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. Aufgrund seiner vielfältigen internationalen Verflechtungen hat Deutschland mit über 100 Staaten, darunter Österreich, Frankreich, Kanada und Japan, Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, um eine doppelte steuerliche Erfassung der Einkünfte nach Möglichkeit zu vermeiden. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung orientiert sich Deutschland regelmäßig an dem OECD-Musterabkommen. Dies sieht bei einer aktiven Arbeitstätigkeit vor, dass das Besteuerungsrecht grundsätzlich der abkommensrechtlichen Ansässigkeit des Arbeitnehmers folgt, es sei denn, die Tätigkeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Ansässig ist der Arbeitnehmer dort, wo sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet, also zum Beispiel seine Familie lebt, sofern er in beiden Staaten über einen Wohnsitz verfügt. Einige wenige Doppelbesteuerungsabkommen enthalten darüber hinaus zusätzliche Besonderheiten für Grenzgänger.

Das OECD-Musterabkommen sieht auch vor, dass das Besteuerungsrecht nicht an den Tätigkeitsort wechselt, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nur für kurze Zeit, das heißt nicht länger als 183 Tage im Tätigkeitsstaat ausübt. Das Besteuerungsrecht verbleibt dann also bei Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat.

Hiervon gibt es eine Ausnahme, wenn der Arbeitnehmer von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber bezahlt wird oder die Vergütungen von einer Betriebsstätte getragen werden, die der deutsche Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat unterhält.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte:
Komplizierter ist jedoch die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitnehmerentsendungen. Im Rahmen der Sozialversicherung gilt grundsätzlich das sogenannte Territorialprinzip, das heißt ein Arbeitnehmer ist in dem Land versichert, in dem er auch seine Tätigkeit ausübt.

Da es allerdings im Rahmen einer Entsendung regelmäßig im Interesse der entsandten Arbeitnehmer liegt, nicht den Schutz der deutschen Sozialversicherung zu verlieren, lässt das deutsche Recht durch die sogenannte Ausstrahlung auch Ausnahmen zu. Danach gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht für ein in Deutschland bereits bestehendes Beschäftigungsverhältnis im Ausland weiter, wenn die Entsendung im Voraus befristet ist: Dies kann entweder durch die Eigenart der Beschäftigung, zum Beispiel der Bau einer bestimmten Anlage, oder aber durch eine vertragliche Vereinbarung, beispielsweise eine zweijährige Tätigkeit in einem bestimmten Land, erfolgen.

Unter diesen Umständen kann auch eine mehrere Jahre andauernde Tätigkeit noch eine Entsendung sein. Zu Einzelheiten bei nur vorübergehenden Entsendungen sowie Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip zur Vermeidung etwaiger Doppelbelastungen sollte ein Experte herangezogen werden. Weitere Besonderheiten gelten außerdem bei einer Entsendung in einen Mitgliedstaat der EU oder in einen Staat, mit dem Deutschland ein bilaterales Abkommen über die soziale Sicherheit abgeschlossen hat. (Hanna Wolf, BSTBK)

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