Die Sonne lacht über Reit im Winkl. Der Himmel strahlt in seinem schönsten Blau. Kein Wölckchen ist zu sehen. Unser Ziel: Der 1. Premium-Winterwanderweg Deutschlands im Hemmersuppenalmgebiet. Wir parken im Ortsteil Blindau und lassen uns von dort mit dem Allrad-Spezialshuttlebus die rund vier Kilometer zur ganzjährig geöffneten Hindenburghütte auf 1260 Metern chauffieren. Von hier machen wir uns mit unserer Führerin, Marlies Speicher, auf ins Premium-Winterwandergebiet. Direkt an der

Hindenburghütte beginnt und endet der Premium-Winterwanderweg über die Hemmersuppenalm.
Kurz, aber in gewisser Weise schon etwas steiler, geht es bergauf von der Hindenburghütte ins Hemmersuppenalmgebiet. „Das ist aber schon der schwierigste und anspruchvollste Teil des Wanderwegs“, beruhigt uns Marlies. Angekommen auf dem Hochplateau, eröffnet sich uns ein grandioser Ausblick auf das schneebedeckte Almgebiet und die umgebenden Berge wie Geigelstein, Kampenwand und Sonntaghorn.
Aber auch der Chiemsee ist von hier aus zu sehen. Wir genießen die Ruhe, besser gesagt, die Stille und bewundern die Schneekristalle, die in der Sonne funkeln wie Swarowski-Kristalle, aber eben von der Natur gemacht, nicht von Menschen- beziehungsweise Maschinenhand. Da es noch relativ früh am Tag und kalt ist, flirrt die Luft vor Eiskristallen.
Immer wieder lässt uns Marlies eine kurze Pause einlegen, um die Landschaft und tiefverschneite Umgebung mit ihren von Reif und schneebedeckten Bäumen auf uns wirken zu lassen, um so von der Hetze und dem Stress des Alltags runterzukommen. Es hat schon fast etwas Meditatives.
Wir wandern zwischen sanften Hügeln und Baumgruppen hindurch, sehen keine Straßen mehr, auch keine Tiere, nur deren Spuren im Schnee, es herrscht völlige Stille. Aus dem Tal dringt ebenfalls kein

Geräusch bis zu uns nach oben. Der Weg ist mal leicht ansteigend, mal kurz abfallend. Es ist ein sehr entspanntes Wandern. Schließlich erreichen wir die St. Anna-Kapelle, ein Bruchsteinbau mit

Scharschindeldach und Dachreiter, die 1906 Marlies’ Urgroßvater erbauen ließ. Der Panorama-Rundweg zur Anna-Kapelle und zum Chiemseeblick ist insgesamt sechs Kilometer lang.
Im Hemmersuppenalmgebiet kann man aber nicht nur genussvoll Wandern, hier gibt es ebenfalls ein bestens präpariertes Höhen-Langlaufparadies nicht nur für den klassischen Stil, sondern auch für Skating. Darüber hinaus ist die tiefverschneite Landschaft zur Zeit ein Geheimtipp für Schneeschuhwanderer, auf deren Abdrücke wir bei unserer Winterwanderung immer wieder stoßen.
Nach einer kurzen Einkehr in der Hindenburghütte mit Almschmankerln aus dem Holzofen sowie hausgemachten Kuchen und Strudel, schnappen wir uns einen Rodel und rasen bei einem Höhenunterschied von rund 500 Metern die vier Kilometer lange Naturrodelbahn hinunter zum Parkplatz in Blindau. Die Strecke hat es in sich, denn unter der Schneeauflage befindet sich pures Eis. Aber gerade deshalb ist es ein Höllenspass.
Biathlon und Eisschnelllauf
Noch eine kurze Anmerkung: Reit im Winkl ist für überdurchschnittlich viele winterliche Sonnentage bekannt. Dort fällt die kalte Luft morgens von den Bergen, die den Ort umgeben, und schiebt den Nebel aus dem Talkessel.
Ein Abenteuer der Extraklasse erwartet uns auf dem 1674 Meter hohen Hochfelln, eine Fahrt mit der Pisten-Windenraupe als Co-Pilot. Uns zu Füßen liegt das abendliche Lichtermeer des Chiemgaus. Zweieinhalb bis drei Stunden dauert die Fahrt in dieser Pistenraupe, wenn die Naturskihänge des

Hochfelln im Bereich des Südhangs bis unterhalb des Großen Treffers (schwarze Pisten) präpariert werden. Seit diesem Winter können erstmals Gäste auf dem Beifahrersitz Platz nehmen und dem Fahrer über die Schulter und in die Tiefe schauen beziehungsweise zumindest so eine Pisten abfahren, auf die man sich mit Skiern nicht traut. Eine zweite Mitfahrt mit der Pistenraupe besteht für den Bereich Bründling Alm bis ebenfalls unterhalb des Großen Treffers (blaue Pisten). Ein einmaliges Erlebnis.
Weltbekannt geworden ist Ruhpolding durch Biathlon. Jährlich kämpfen die weltbesten Biathleten hier

um Weltcup-Punkte. Das 1978 fertiggestellte Leistungszentrum, heute besser bekannt als „Chiemgau Arena“, war 1979, 1985, 1996 und 2012 Austragungsort für Biathlon-Weltmeisterschaften. Seit der Modernisierung zählt die „Arena“ zu den modernsten Wettkampfstätten der Welt.
Wir haben Glück, denn die ehemalige Weltklasse-Biathletin Martina Seidl (geb. Zellner), gibt uns Schießtraining. Sie erklärt, was man alles beachten muss und wie man mit dem Kleinkalibergewehr umgeht, vom Anlegen, Laden bis hin zum richtigen Anvisieren

und Abdrücken. Und dann geht’s los: Liegend, ab auf die Matte, das Gewehr im Anschlag und dann fünf Mal auf die kleinen schwarzen Scheiben in 50 Metern Entfernung. Es geht wie geschmiert, fünf Schuss, fünf Treffer. Wesentlich schwieriger ist dagegen das Stehend-Schießen. Fünf Schuss, ein Treffer, „aber immerhin“, tröstet mich Martina.
Was Ruhpolding fürs Biathlon, ist Inzell für den Eischnelllaufsport. Keimzelle dafür war der Frillensee, der so kalt ist und so zuverlässig sowie gründlich zufriert, dass dort bis 1963 die Deutschen Meisterschaften im Eisschnelllauf stattfanden. Heute ist die Max Aicher Arena Bundesleistungszentrum für Eisschnelllauf. Die Eislaufbahn zählt zu den schnellsten der Welt.
(Friedrich H. Hettler)
(Sonnenuntergang auf dem Hochfelln mit Blick auf die Tabor-Kapelle; die St. Anna-Kapelle und die originelle Herrentoilette in der Hindenburghütte; Martina Seidl erklärt den Umgang mit der Waffe; beim Schießtraining; Eisschnellläufer beim Training in der Inzeller Eissporthalle - Fotos: Friedrich H. Hettler)
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