Freizeit und Reise

Die Kirche Mariä Heimsuchung auf dem Mühlberg ist bekannt für ihre Votivbilder. (Foto: Hettler)

05.10.2012

Auf den Spuren von St. Rupert

Pilgern und gut essen im Rupertiwinkel

St. Rupert ist nicht nur Namensgeber der Kulturregion Rupertiwinkl – ja nicht Rupertigau sagen, sonst werden die Einheimischen ungehalten –, sondern auch Schutzpatron des Salz- und Salinenwesens sowie der Salzknappen. Dargestellt ist der Heilige immer mit einem Salzfass. Er lebte von 615 bis 718, wurde ursprünglich in Worm geboren, wirkte in Regensburg und dann schließlich in Salzburg und im Rupertiwinkl durch Klostergründungen und Christianisierung der ganzen Region.
Rupert wurde zum ersten Bischof von St. Peter zu Salzburg und somit des Erzbistums Salzburg, das sich über Piding, Teisendorf, Palling, Waging, Tittmoning und Laufen erstreckte. Ihm wurde bald auch das Recht zur Salzgewinnung in Bad Reichenhall zugesprochen. Erst 1816 wurde Salzburg endgültig an Österreich angeschlossen und der Rupertiwinkl fiel an Bayern. Noch heute wird im Salzburger Land jeweils am 24. September der „Rupertikirtag“ (übersetzt: Ruperti-Kirchweih) gefeiert.
Der neue St. Rupert Pilgerweg verbindet nicht nur religiöse Stätten wie Kirchen, Klöster und Denkmäler, sondern lädt auch ein zu einer Wander-Erlebnisreise durch die Regionsgeschichte, vorbei an herrlichen Seenlandschaften im malerischen Rupertiwinkel. Überall ist die wechselvolle, geistliche Geschichte des Rupertiwinkels spürbar.
Beginnend im Pilgerzentrum Altötting und führt der Pilgerweg dann in südlicher Richtung über Halsbach bis in die Stadt Tittmoning im Chiemgau. Tittmoning mit der stattlichen Burg, die heute das Heimathaus des Rupertiwinkels beheimatet, war einst eine salzburgische Stadt mit eigenem Pfleggericht gegen die bayerischen Städte Burghausen und Neuötting. In Tittmoning verbrachte auch der heutige Papst Benedikt XVI. seine Kindheit.
Am Stadtplatz kann der Pilger die „Inn-Salzach-Bauweise“ bestaunen, mit den kunstvollen, hohen Giebelwänden (Blendfassaden) die auch Schutz vor Feuer und Stadtbränden bieten sollten. Oberhalb der Burg befindet sich der Ponlachgraben mit der Kirche Maria Brunn (1715). Dort befindet sich ein Gnadenbild mit Statue des hl. Rupert. Dem Quellbach an der Kapelle, der aus zwei Brunnen fließt, wird Heilkraft zugeschrieben. Im Bach des Ponlach-Grabens können Pilger ihre müden Füße schließlich kühlen.
Der St. Rupertweg führt weiter Richtung Süden über Wiesmühl und Törring bis zur Nordspitze des Tachinger Sees, das durch die Wallfahrtskirche St. Colomann markiert wird. St. Coloman, dem im Rupertiwinkel einige, vor allem kleinere Kirchen und Kapellen geweiht sind, hatte im ländlichen Volksglauben eine tief verwurzelte Bedeutung als Viehpatron. Angerufen wird er aber auch gegen Krankheiten, bei Gewittern und bei übler Nachrede.

Wärmster See
Oberbayerns


Auf einem Gemälde an der südlichen Chorwand ist der Lebenslauf des Heiligen dargestellt. Von hier aus haben die Pilger einen spektakulären Blick über die Seen auf die Chiemgauer Berge. Die Mesnerin ist gern bereit, das eindrucksvolle Schloss der schweren Tür zu öffnen, damit man den spätgotischen Flügelaltar (1515) mit den geschnitzten Figuren des Hl. Maximilian und des irischen Jerusalempilgers Coloman bewundern kann, die Maria mit dem Jesuskind einrahmen.
Die Tour läuft weiter durch Tengling auf einem Panoramaweg westlich des Tachinger Sees über Taching bis nach Otting. Auf dem Weg weiter nach Waging streift der Weg das Schloss Gessenberg, das heute in Privatbesitz ist. Es stammt aus dem Jahr 1700 und war damals westliche Grenzbefestigung des Erzbistums Salzburg und damit auch Westgrenze des historischen Rupertiwinkels.
Waging am See ist heute das touristische Zentrum des nördlichen Rupertiwinkels und lädt ein zu einer Entdeckungstour durch den historischen Ortskern mit der Pfarrkirche St. Martin, dem Bajuwarenmuseum und dem Bajuwarenhaus im Kurpark. Nicht zu vergessen, dass der Waginger See der wärmste See Oberbayerns ist.
Im westlichen Waginger-Ortsteil Gaden befindet sich die St. Rupertkirche. Am Ort der heutigen Kirche soll laut einer alten Legende Rupert eine Hl. Messe gefeiert haben. Eine jüngere Überlieferung, die den ungewöhnlichen Grundriss der Kirche, den siebeneckigen Zentralbau mit dem nahezu quadratischen Chorraum, erklären will, spricht sogar davon, dass Rupert hier einen vorchristlichen Kultort zu einer christlichen Kirche gemacht habe.
Schon am Tor der Kirchhofmauer werden die Pilger von Rupert und Virgil als barockes Fresko empfangen. Der ursprünglich romanische Innenraum aus dem 12. Jahrhundert wurde Mitte des 15. Jahrhunderts durch ein steiles Sternrippengewölbe gotisiert. Im Zentrum des neugotischen Altars von 1881 steht die geschnitzte Darstellung der Taufe des Herzogs Theodo durch Rupert. Oberhalb von Gaden befindet sich die Wallfahrtskirche Maria Mühlberg mit herrlichem Blick über das gesamte Waginger Seengebiet.
Der Rupertweg führt weiter Richtung Süden durch die Gemeinde Wonneberg bis zur Wallfahrtskapelle Maria Tanne und dann weiter in die Salinenstadt Traunstein. Die Stadt war ein Zentrum des damaligen Salinenwesens, verdankte seinen Aufstieg und Reichtum dem Salzhandel und der Salzverarbeitung. Noch heute kann man die Salinenkapelle am Karl-Theodor-Platz besichtigen.
Der Rupertweg führt weiter über den Röthelbachweiher, durch den Bürgerwald und Pechschnait bis nach Vorauf und von dort der Roten Traun folgend bis nach Inzell. Damit schließt der Weg an den Salinenweg an, der den Verlauf der ältesten Pipeline der Welt markiert. Mit dieser Holzpipeline wurde damals das in Wasser gelöste Salz der Berchtesgadener Alpen bis nach Traunstein und später nach Rosenheim transportiert und in den dortigen Sudpfannen wieder verdampft beziehungsweise das Salz rückgewonnen.
Südlich von Inzell läuft der St. Rupertweg über Weißbach bis nach Bad Reichenhall und von dort aus weiter nach Salzburg. Eine Abzweigung von Waging aus schließt über Laufen, Oberndorf, Seekirchen, Fuschl an die seit 2007 bestehende Route St. Gilgen-Bischofshofen an.
Neben dem Pilgern steht im Chiemgau aber auch die Kulinarik ganz weit vorne. Seit zwei Jahren engagieren sich Chiemgauer Erzeuger und Gastwirte gemeinsam im EU-Projekt Alpen-Kulinarik, das von der Universität und Fachhochschule Salzburg, dem Chiemgau Tourismus und weiteren Partner getragen wird. Ziel ist es, die gemütliche bayerische Wirtshaustradition zu erhalten und den Gast mit regionalen und saisonalen Gerichten auf hohem Niveau zu verwöhnen. Einer der Gastwirte, der sich an dem Projekt beteiligt, ist Franz Tanner vom Landhaus Tanner in Waging am See, der mit regionalen Zutaten köstliche Schmankerl auf den Tisch zaubert.
Zu den regionalen Zutaten zählen beispielsweise das Rupertirind mit seiner herausragenden Fleischqualität, die Produkte der Privatkäserei Bergader, das Ur-Dinkel von Bio-Landwirt Franz Obermeyer aus Tengling oder der Ziegenfrischkäse von Attl’s Bio-Ziegenhof. Die früher im Rupertiwinkel heimischen Pinzgauer Rinder haben ein fein marmoriertes, saftiges und geschmackvolles Fleisch. In den letzten Jahren gewinnt diese robuste und wertvolle alte Rasse, mit ihrem friedlichen Charakter aufgrund der guten Eignung für die extensive Landwirtschaft und ihrer besonderen Fleischqualität wieder an Bedeutung.
Extensive Landwirtschaft mit Weidehaltung, das bedeutet vor allem nicht mehr Tiere, als der Boden und damit die Natur vertragen und ernähren können. Das heißt im Folgeschluss natürlich weniger Tiere pro Hektar Weidefläche. Durch den dauerhaften Aufenthalt auf den Wiesen wird eine Gülleansammlung, die dann eines Tages konzentriert ausgebracht werden muss, vermieden. Die anfallenden Kuhfladen verteilen sich gleichmäßig über die Zeit und werden vom Boden als natürlicher Dünger wieder vollständig aufgenommen und die Phosphatbelastung des Waginger Sees durch Ausschwemmung geht deutlich zurück.
Im Rahmen der Alpen-Kulinarik kann man auch eine Führung durch die Obstbrennerei Gramminger auf dem Sailerhof in Mauerham bei Taching am See mitmachen und wird dabei in die Geheimnisse des Schnapsbrennens eingeführt. Franz Gramminger betreibt bei der Führung auch Aufklärungsarbeit und weist seine Besucher darauf hin, dass es sich bei Spirituosen nicht um einen Oberbegriff für Hochprozentiges handelt, sondern dass Brände und „Wässer“ mit dieser Bezeichnung mit bis zu 20 Prozent Zucker versetzt sind. Bei ihm gibt es aber so etwas nur als leere Flaschen zur Veranschaulichung.
Der Familienbetrieb verwendet nur Obst aus den Streuobstgärten um den Tachinger und Waginger See; Plantagenobst wird nicht verarbeitet. Die Brände werden, wei bereits erwähnt, ohne Zuckerzusatz hergestellt, was sich insbesondere in Reinheit und Bekömmlichkeit bemerkbar macht.
(Friedrich H. Hettler) (Mit diesem Kennzeichen ist der St. Rupert Pilgerweg markiert; eine Kreuzweg-Station auf dem Pilgerweg in Richtung Traunstein; Fresko von St. Rupert an der Kirche in Gaden und Rupertirinder auf der Weide - Fotos: Hettler)

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