Freizeit und Reise

Blick in einen Hopfengarten. (Foto: Gabi Dräger)

14.08.2017

Das grüne Gold

Die Hallertau: Das weltweit größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet

Blauer Himmel, weiße Wolken, Hügel, Laubwälder, Hopfengärten und kleine Dörfer, die wie in die Landschaft eingewürfelt sind – das ist die Hallertau, auch „Bayerische Toskana“ genannt. Wer diese Region und ihre Produkte besser kennenlernen will, sollte einmal eine Hopfenführung mitmachen.
Unsere Hopfenführung in der Hallertau beginnt mit einem Bier, nein, weit gefehlt. Elisabeth Stiglmaier, die Hopfenbäuerin aus Attenhofen, serviert als erstes einen bitter schmeckenden Tee, der aus Hopfendolden gemacht ist und sehr gesund sein soll. Echter Hopfen wurde 2007 zur Arzneipflanze gekürt. Bevor der Hopfen beim Bierbrauen eingesetzt wurde, hat man schon seine heilende Wirkung genutzt. Die antiseptische Kraft der Pflanze wurde bereits 1153 von Hildegard von Bingen mit den Worten „seine Bitterkeit verhindert die Fäulnis“ beschrieben. Die Dolden besitzen die Lupulindrüsen, in denen Xanthohumol produziert wird. Das Xanthohumol hat eine hohe anti-krebserregende Wirkung. Hopfen hat zudem eine antibakterielle Wirkung, ist gut gegen Malaria und Osteoporose und wirkt außerdem sehr beruhigend. Die Hopfenbäuerin Elisabeth Stiglmaier hat sich als Hopfenbotschafterin ausbilden lassen, außerdem ist sie Bier-Sommelière. Ihr Motto: „Riechen, tasten, schmecken – den Hopfen und das daraus gebraute Bier mit allen Sinnen wahrnehmen.“ Die Stiglmaiers haben vier Kinder und bewirtschaften 20 Hektar Anbaufläche. Die Familie kann auf eine lange Erfahrung zurückblicken, denn sie baut schon in der sechsten Generation Hopfen an. Den Hopfen, auch grünes Gold genannt, brachten die Wenden, ein slawischer Volksstamm, in die Region, nachdem die Römer, die Wein angebaut hatten, der aber sauer war und nicht schmeckte, abgezogen waren. Hopfen braucht weniger Wärme als Wein, aber dafür viel Wasser, was durch den Regen in der Region normalerweise gegeben ist. Hopfengärten gibt es in der Hallertau bereits seit dem 8. Jahrhundert. Inzwischen ist die Hallertau das größte zusammenhängende Anbaugebiet der Welt.
Ein Hopfenbauer in der Hallertau hat heute eine durchschnittliche Größe von durchschnittlich 17 Hektar, erklärt Elisabeth. 30 bis 40 Hektar dagegen braucht ein Hopfenbauer, wenn er davon leben will.
Etwa 97 Prozent der Hopfen-ernte wird für die Bierherstellung verwendet. Er verleiht dem Bier seine typische Bitterkeit und macht es haltbar. Die Hopfeninhaltsstoffe wirken beruhigend, konservierend und schaumstabilisierend. Der Hopfen gehört zu der Familie der Hanfgewächse und ist eine Kletterpflanze, die im Uhrzeigersinn nach oben rankt, also rechtsrum, und sehr durstig ist. Sie braucht laut Elisabeth im Juni, Juli und August etwa 100 Liter Wasser pro Quadratmeter und Monat.Alle Hopfenarten kommen nur auf der nördlichen und südlichen Halbkugel zwischen dem 35. und 55. Breitengrad vor. Was viele nicht wissen: Beim Hopfen gibt es weibliche und männliche Pflanzen. Im Hopfengarten werden nur weibliche Pflanzen angebaut und die dürfen nicht vom männlichen Hopfen befruchtet werden, denn dann würde das Bier nicht mehr schäumen, erklärt Elisabeth Stiglmaier. In der Hallertau werden rund 30 verschiedene Hopfensorten angebaut, 60 Hopfensorten gibt es in Deutschland und etwa 200 sogar weltweit. Eine Hopfenpflanze kann 40 Jahre alt werden. Sie gehört zu den europaweit am schnellsten wachsenden Pflanzen. Sie kann am Tag zwischen zehn und 30 Zentimeter wachsen. Neue Hopfenpflanzen brauchen drei Jahre bis sie erwachen sind und genug Dolden produzieren.

Rechtsrum am Draht

Der erste Schritt des Hopfenanbaus beginnt schon Ende März bis Anfang April mit dem „Hopfenhaun“, dem Zurückschneiden der Hopfenpflanzen, die sehr zahlreich auswachsen. Meistens ist es noch kalt und der Boden gefroren. Die Wurzel wächst bis zu vier Meter tief in die Erde. Als nächstes werden die Drähte mit einer Frontladerkanzel oben am Drahtgerüstsystem des Hopfengartens befestigt und unten am Boden der Draht in den Boden mit einer Stechlanze manuell eingestochen. Jedes Jahr müssen die Drähte neu gespannt werden. Der Boden wird immer wieder aufgelockert, das Gras entfernt und Mineralstoffe werden zugeführt. Einer der nächsten Schritt ist das „Hopfenausputzen“ oder „Anleiten“, sodass nur noch sechs Triebe, natürlich die schönsten, stehen bleiben. Nach stürmischen Tagen müssen die Hopfenpflanzen zum Teil wieder an die Drähte zurückgedreht werden. Dann kommt das „Entlauben“, bis in eine Höhe von 80 Zentimetern werden die Blätter mit der Hand abgezupft. Hopfen wächst in der Regel sieben Meter am Aufleitdraht hoch. Im Juli blüht der Hopfen, die Blüten sind klein, haben eine weißgelbliche Farbe und die Form eines gefächerten Pinsels. Bis Johannis wächst die Pflanze in die Höhe und ab da in die Breite. Zwei bis drei Wochen nach der Blüte entstehen die Dolden und dann wird geerntet. Die Feinde des Hopfens sind Hagel und Schädlinge, wie Blattläuse, Mehltau und Pilzerkrankungen. Es ist Herbst, Erntezeit, wenn der würzig-aromatische Duft von Hopfen in der Luft liegt. Anfang September beginnt, je nach Sorte, das Hopfenzupfen. Heute werden die Hopfenpflanzen Reihe für Reihe mit einem Abreißgerät abgeschnitten und die Pflanzen mit dem Draht fallen auf den Wagen. Am Hof kommen die Ranken in die Hopfenzupfmaschine, die die Dolden von den Stielen und Blättern trennt. Anschließend wird die Ernte getrocknet und kommt als Naturhopfen in Säcken verpackt in den Verkauf – an Großhändler oder direkt an Brauereien. Aus dem Ertrag von zwei Hektar Hopfen kann laut Elisbeth Stiglmaier der ganze Bierverbrauch für das Oktoberfest beliefert werden. 30 Prozent des Hopfens werden in Deutschland verkauft, 70 Prozent gehen in den Export, unter anderem nach Russland, Südamerika und die USA. Durch den Trend des Craft-Biers ist der Hopfenbedarf gestiegen und der Preis deshalb auch. Braucht man heute für die Hopfenernte nur noch ein paar Saisonarbeiter waren früher etwa 30 Hopfenzupfer im Hopfengarten und zupften die Dolden per Hand. Das war eine schwere Arbeit, denn der Hopfen hat Widerhaken, wie Brombeeren. Das Essen während der etwa drei Wochen dauernden Erntezeit war einfach. Zur Belohnung nach erfolgreicher Ernte wurde von der Hopfenbauerin ein Hopfenmahl aufgetischt. Es gab zuerst eine deftige Nudelsuppe, dann Schweinebraten, Semmelknödel, Sauerkraut und Hopfenzupfersalat, das ist Kartoffelsalat mit Gurke. Was wurde dazu getrunken? Natürlich ein frisches Bier. Die Hopfenzupfer freuten sich über das Festmahl und wurden für ihre Arbeit ausbezahlt. (Gabi Dräger / Friedrich H. Hettler) (Hopfenblüten - Foto: Gabi Dräger) (http://www.bayern.by/traditionell-anders/hopfen-hautnah/)

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