Freizeit und Reise

Das im neugotischen Stil gebaute Schloss Lednice steht auf dem Areal einer mittelalterlichen Burg. (Foto: Sonja Vodicka)

26.04.2022

Die Toskana des Ostens

Natur und Kultur der südmährischen Region Lednice-Valtice

Von Wien ist es nur ein Stündchen nach Südmähren in Tschechien. Hier liegt die Kulturlandschaft Lednice-Valtice. Natur und Kultur erinnern an die Toskana.

Die Liechtensteiner waren bis in die 1940er-Jahre eines der mächtigsten Adelsgeschlechter Europas. Ihre Schlösser samt eleganter französischer und englischer Gärten kann man auch heute noch besichtigen. Die Region Lednice-Valtice ist seit 2015 Unesco Weltkultur- und Naturerbe. Eine fast toskanische Landschaft, geprägt von Seen, Flüsschen, Weingärten und den beeindruckenden Schlossanlagen der gleichnamigen Schlösser.

Dicht an der österreichischen Grenze liegt Lednice. Die erste urkundliche Erwähnung stammt bereits aus dem 13. Jahrhundert, als der Ort in den Besitz der Familie Liechtenstein gelangte. Erst 1945 kam er nach der Machtübernahme der Kommunisten in der Tschechoslowakei in staatlichen Besitz. In Lednice – zu Deutsch Eisgrub – haben sich die Liechtensteins einen Sommertraum erfüllt. Das Schloss, das auf dem Areal einer mittelalterlichen Burg steht, wurde 1845 bis 1858 im neugotischen Stil umgebaut. Unzählige Türmchen und verspielte Spitzbögen zieren die Fassade bis heute. Innen beeindrucken die wunderschönen Repräsentationssäle, die Privatzimmer des Fürsten, die Kinderzimmer und sogar eine Höhle mit Gespenstern. Alles ist auf ein fröhliches, leichtes Leben der Fürstenfamilie abgestimmt, nutzen die Liechtensteins doch die lichtdurchfluteten Räume als Sommerresidenz und Lustschloss.

Der englische neugotische Stil unterstützt die Verspieltheit und die Nähe zur Natur. Viele Räume haben direkte Zugänge zu Gärten, Höfen oder dem Palmenhaus, dem ältesten auf dem europäischen Festland, mit 250 Pflanzenarten, darunter einer 400 Jahre alten Palme. Die lichtdurchfluteten Räume präsentieren sich reich verziert, mit edlen Vertäfelungen, einer aus nur einem Baumstamm geschnitzten Wendeltreppe, floral bemalten chinesischen Tapeten und für damalige Verhältnisse bestens ausgestatteten Badezimmern. Die meisten Handwerker, die am Umbau beteiligt waren, wurden aus Wien gerufen – gehörte Lednice damals ja noch zur K.-u.-K.-Monarchie.
Der Landschaftsgarten des Schlosses Lednice ist ein besonders schönes Beispiel für herausragende Gartenarchitektur. Wie es für einen englischen Landschaftsgarten üblich ist, befindet sich auch eine romantische Burg darin. Diese wurde ganz im Stil der Neugotik bereits als Ruine errichtet. Die sogenannte Hansenburg (Jan(°u)v Hrad) liegt direkt an einem Kanal, welcher aus den Mooren des Flusses Cerna gespeist wird. Auch heute ist der Fluss noch ein beliebtes Anglerrevier vor allem für Welse. Aber auch Biber und südamerikanische Schildkröten leben hier ungestört im Landschaftsschutzgebiet.

Im großen Rittersaal der künstlichen Burgruine versammelten sich im 18. Jahrhundert die Jagdgesellschaften. 17 kleinere Bauten wie das Jagdschlösschen, einen Obelisken, ein Wasserkunstgebäude kann man im Schlosspark entdecken. Das höchste Bauwerk des Parks ist das Minarett (Moscheeturm), das im orientalischen Stil hoch über die Bäume ragt. Von über 60 Metern Höhe hat man einen wunderbaren Überblick über die in Achsen angelegte Parklandschaft, bis hinüber zur Residenz der Liechtensteiner dem Schloss Valtice. Erreichen kann man das Minarett heute entlang der gewundenen Spazierwege, mit der Pferdekutsche oder mit dem Boot, das Besucher*innen auf den vielen Kanälen und Seen des Areals befördert.

Nur acht Kilometer vom Schloss Lednice entfernt liegt das Dörfchen Valtice mit seinem mächtigen Barockschloss. Wo heute Schloss Valtice steht, lag früher eine mittelalterliche Anlage. Im 17. Jahrhundert wurde das Schloss von Fürst Karl I. von Liechtenstein umgebaut, ganz im Stil des damals modernen Barock. Bis zur Konfiszierung im Jahr 1945 residierten die Liechtensteins in Valtice, auch Feldsberg genannt.
Das Schloss im Zentrum des traditionellen Weinanbaugebiets bauten schrittweise 13 Fürsten aus, die durch Ausstattung, Sammlungen und Inventar mit dem Wiener Kaiserhof im 18. Jahrhundert konkurrierten. So fehlte hier auch ein gewisser moderner Luxus nicht – es gab sogar einen Aufzug und Wassertoiletten im Schloss. Außerdem schöne Räumlichkeiten mit wertvollen Tapeten, einem Speisesaal, der mit dem Schönbrunner Gegenstück mithalten kann, und sogar einem eigenen Schlosstheater. Im Herbst werden dort im Rahmen des Lednice-Valtice-Musikfestivals Konzerte und Opern aufgeführt.

Die Schlosskapelle ist ebenfalls reich verziert und ein Anziehungspunkt für Besucher*innen – besonders in der Vorweihnachtszeit, wenn auf dem Schlosshof ein romantischer Weihnachtsmarkt stattfindet. Im Gewölbe unter dem Schloss befindet sich ein weiterer Schatz, der riesige Weinkeller. Hier reifen seit dem 17. Jahrhundert alle Sorten der Weinregion Lednice-Valtice. Davon 99 mit der Goldmedaille prämierte Weine, vom lokalen Pálava bis zur neuen Rebsorte André. Kein Wunder, dass diese hervorragenden Weine nicht ins Ausland exportiert werden. Die Tschechen verkosten die guten Tropfen am liebsten selbst.

Nach einer Weinprobe lädt der Schlosspark von Valtice zu einem Spaziergang ein. Der Park erstreckt sich über ein abwechslungsreiches Terrain, das sich über zwei, von Menschenhand geformte Täler erstreckt. So gibt es hier einerseits eine barocke Allee, einen streng nach geometrischen Linien angelegten Barockgarten, und andererseits einen weitläufigen Park, der eher an einen naturnahen Wald als einen Schlosspark erinnert. In großen Bögen führen die Wege über Wiesen und Waldgruppen, entlang hoher Zypressenalleen durch die tschechische Toskana. (Sonja Vodicka)

 

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