ndlich lichtet sich der Nebel. Die Sonne durchbricht die letzten feuchten Schwaden und lässt das Herbstlaub golden leuchten. Die Schwarzwaldhochstraße zeigt sich, obwohl schon Anfang November, von ihrer schönsten Seite. Sie ist Deutschlands älteste Ferienstraße, führt über 60 Kilometer von Freudenstadt ins mondäne Baden-Baden und garantiert wunderbare Ausblicke auf den Schwarzwald, in die Rheinebene und bis zu den Vogesen.
Direkt an der Schwarzwaldhochstraße liegt der am 1. Januar 2014 gegründete Nationalpark Schwarzwald und auch das Nationalparkzentrum Ruhestein. Letzteres ist ein guter Ausgangspunkt, um

sich über Baden-Württembergs ersten Nationalpark zu informieren und ihn auf einem der vielen Wanderwege zu erkunden. Mit seinen rund 100 Quadratkilometern ist der Nationalpark das Herzstück im weitaus größeren Naturpark Schwarzwald.
Ausgedehnte Wälder aus Weißtannen und Fichten, einsame Täler und Berge sowie stille, dunkle Karseen kennzeichnen die Landschaft. Auch die lichten Berghöhen sind charakteristisch, die sogenannten Grinden – mit Latschenkiefern, Heidekraut und Pfeifengras bewachsene Bergheiden, die durch Schafe waldfrei gehalten werden. Sie scheinen dem Nationalparkgedanken zu widersprechen, wo ja eigentlich die Natur sich selbst überlassen sein soll. Doch Strukturreichtum sei wichtig für die Artenvielfalt, erklärt Ranger Arne Kolb, der auf Anfrage Besucher durch den Nationalpark führt und ansonsten auf die Einhaltung der Vorschriften achtet: Nicht vom Weg abgehen, Hunde an die Leine … So soll über die Jahrzehnte echte Wildnis und ein Refugium für viele Tierarten entstehen. Rot- und Auerwild, Dreizehenspecht und der kleine Sperlingskauz fühlen sich bereits jetzt hier wohl, Wildkatze, Luchs und Wolf werden in naher Zukunft erwartet, freut sich der Ranger.
Wandern macht hungrig. Zum Glück ist die Schwarzwälder Küche deftig und köstlich, lockt mit Wildgerichten oder einer Vesper – natürlich mit Schwarzwälder Schinken, der allgegenwärtigen Spezialität. Wer wissen will, wie der Schinken hergestellt wird, erfährt in der Räucherei Pfau im

Dörfchen Herzogsweiler, worauf es ankommt. Regionale Produkte, dazu „viele Gewürze, wenig Salz und viel Zeit“ sei das Geheimnis seiner mehrfach prämierten Schinkenspezialitäten, erklärt Firmengründer und Seniorchef Erich Pfau und öffnet stolz seine Räucherkammern.
Geräuchert wird der Schinken dort zwei Wochen lang über einer Mischung aus Sägemehl von Tannen- und Fichtenholz, Wacholderreisig und getrockneten Wacholderbeeren, die dem Rauchgut das schwarzwaldtypische Wacholderaroma verleiht. Insgesamt etwa drei Monate braucht der Schinken zum Pökeln, Räuchern und Reifen, bis er in dem schmucken Verkaufsladen nebenan landet. Dort hängt er dann appetitlich aufgereiht neben Wurstmännchen, Zapfenwurst mit Rum oder Salami mit Heidelbeerwein.
Inmitten des Nordschwarzwalds liegt die Große Kreisstadt Freudenstadt. Am Ortsrand befindet sich der Eingang zum historischen Silberbergwerk. Rund 200 Jahre lang wurde dort Silber abgebaut, bis man im 17. Jahrhundert das unrentable Bergwerk stilllegte und den Einstiegsschacht verschüttete. Erst vor einigen Jahren wurde es durch Zufall wiederentdeckt und dank ehrenamtlichem Engagement für Besucher zugänglich gemacht. Diese können nun, mit Umhang, Handschuhen und Helm geschützt, das vertikal angelegte Bergwerk erkunden.
Fröstelnd in 30 Metern Tiefe
In drei Stufen und über senkrecht angebrachte Leitern in schmalen Schächten geht es weit über 30 Meter nach unten in die dunkle Welt aus rötlichem Sandstein, durch dessen Spalten permanent das Wasser tropft. Nach zwei interessanten, aber frösteligen Stunden bei acht Grad Celsius ist man froh,

wieder ans Tageslicht zu kommen und fragt sich, wie das wohl früher war, als die Arbeiter mit ihrem einfachen Werkzeug im Rauch von Kienspanfackeln 13 Stunden am Tag in der feuchten Höhle schufteten.
Freudenstadt selbst, um 1600 gegründet, ist ein hübsches Städtchen mit rund 23 000 Einwohnern. Im Zentrum der quadratischen Stadtanlage in Form eines Mühlebrettspiels befindet sich der Marktplatz, der als größter Marktplatz Deutschlands gilt. Etwa einen Kilometer muss man laufen, will man ihn komplett umrunden. Unter seinen Arkaden reiht sich Geschäft an Geschäft, von der Boutique bis zum Gummibärchen-Laden. So viel Platz wird natürlich für Veranstaltungen aller Art genutzt, besonders gern aber für einen Kaffee und ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte im Freien.
Die Torte! Ein Traum! Gleich am Marktplatz befindet sich das Café Pause. Getreu dem Motto „Das Leben ist zu kurz, um schlechte Schwarzwälder Kirschtorte zu essen!“ hält dort Konditormeister Claus-Dieter Wetzel regelmäßig seine Kirschtortenseminare ab, erzählt munter Anekdoten von Freudenstadt und rührt, stapelt und belegt dabei mit erstaunlicher Geschwindigkeit seine Schwarzwälder Kirschtorte.

Dazu verrät er zahlreiche Kniffe, damit die Torte ein echtes Prachtstück wird (das man anschließend natürlich auch probieren darf). Zu den wichtigsten Zutaten gehört das Schwarzwälder Kirschwasser. Wie es hergestellt wird, ist eine Wissenschaft für sich, über die Markus Kalmbach, Hobbybrenner aus Leidenschaft, in seiner Brennerei im Nachbarstädtchen Baiersbronn gerne plaudert. Der experimentierfreudige Brenner setzt am liebsten auf regionale Zutaten wie Getreide sowie Obst und hat mittlerweile ein beachtliches Sortiment an Hochprozentigem vorzuweisen. Besucher sind (nach Voranmeldung) natürlich herzlich zur Verkostung eingeladen.
Der Nordschwarzwald hat sein einst leicht angestaubtes Image abgestreift und sich in eine moderne, abwechslungsreiche Urlaubsregion verwandelt. Ob Sommer oder Winter, Sonne oder Regen, zu zweit oder mit Kindern, es gibt genügend Freizeitangebote nach jedermanns Geschmack – und das gratis. Der Schlüssel zum Glück ist in diesem Fall die Schwarzwald Plus-Karte, die jeder Gast kostenlos erhält, der mindestens zwei Nächte in einer der derzeit etwa 50 Partnerunterkünfte des Marketingunternehmens Schwarzwald Plus verweilt. Dazu zählt zum Beispiel das zentral gelegene Hotel Adler in Freudenstadt, ein gepflegtes, familiär geführtes Drei-Sterne-Haus mit leckerer Küche, aber auch Gästehäuser oder Ferienwohnungen.
Das Kärtchen im Scheckkartenformat ist klein, aber oho. Egal, ob Gleitschirmfliegen, Bergbahnen, geführte Wanderungen, Erlebnisbäder oder eben Bergwerk, Kirschtortenseminar & Co.: Rund 80 Annehmlichkeiten der Region kann man damit nutzen unter dem Motto „freie Fahrt, freier Eintritt, freie Teilnahme“. Nicht immer den Geldbeutel aufmachen, nicht immer zahlen – man fühlt sich eingeladen im Nordschwarzwald, als willkommener Gast, dem die Türen offen stehen.
(Monika Judä)
(Whisky reift in den Fässern der Brennerei Kalmbach; zwei Wochen hängt der Schinken in der Räucherkammer; ein Wurstmännchen und die Schwarzwälder Kirschtorte - Fotos: Monika Judä)
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