Freizeit und Reise

Blick hinunter auf den Taubensee. (Foto: Wiegand)

10.08.2012

Schmuggler- und Saumpfad

Auf Schusters Rappen unterwegs von Schleching nach Reit im Winkl

Während die Athleten in London noch um Medaillen kämpfen, hat die Chiemgauer Gemeinde Schleching schon vor Olympia Silber gewonnen: Im Europäischen Dorferneuerungswettbewerb wurde sie zum Vizemeister unter 29 Teilnehmern gekürt. Auch dem historischen Schmugglerpfad kamen die Verbesserungen zugute. „Der wurde verbreitert und aufgekiest“, erklärt Fritz Irlacher, von 1990 bis 2008 Bürgermeister des Orts. Nun rutscht hier niemand mehr auf feuchten Stellen aus und selbst Rollstuhlfahrer können den Weg ein Stück nutzen. Familien sowieso.
Zur Rechten begleitet uns der 1808 Meter hohe Geigelstein. „Der ist unser Matterhorn und auch der Chiemgauer Blumenberg“, betont Irlacher. Dann ein rostiges Schild: „Republik Österreich, Grenzübergang, Übertrittszeit 6-21 h“. Wenig weiter ein Pendant in freundlichem Weiß, Blau und Rot. „Grenzenlos“ steht darauf. Der bayerische Löwe und der Tiroler Adler friedlich vereint. Kaum vorstellbar, dass während der Erbfolgekriege in dieser Gegend heftig gekämpft wurde. „Jetzt sind wir beste Freunde“, lacht Irlacher und meint damit die Tiroler Nachbargemeinde Kössen.
Bald wird der Pfad schmaler und steiniger, schon ist das Rauschen der Tiroler Ache zu hören, Kajaks flitzen, die Strömung nutzend, vorbei Richtung Entenlochklamm. Eine Hängebrücke führt über die Fluten zur Wallfahrtskirche Maria Klobenstein. Kloben bedeutet gespalten. Das bezieht sich auf zwei mächtige Felsbrocken, die nur ein schmaler Spalt voneinander trennt.
Nach einer frommen Legende wurde einst eine Frau vom Steinschlag überrascht. Angstvoll betete sie zur Gottesmutter. Daraufhin zerbarst der Riesenstein in zwei Teile, und die Frau überlebte in diesem Spalt. Später wurde an der Stelle eine Kirche errichtet, drinnen verehren Pilger eine schwarze Madonna.
Schwarz vom Alter sind auch die Gesichter des Jesuskinds und eines der Hl. Drei Könige in der Streichenkirche St. Servatius, 300 Meter über dem Talgrund. Streichen bedeutet wohl Strichen, das frühere Wort für Saumpfad, der dort schon in vorbajuwarischer Zeit begangen wurde. Wein aus Tirol gelangte so nach Norden, Holzkohle und Salz in den Süden.

Wertvolle Wandgemälde
in der Streichenkirche


In Serpentinen windet sich ein breiter Weg empor, muss dort droben doch der 1435 gegründete Berg-Gasthof Streichen, vormals das Messner-Haus, beliefert werden. Auf dem Hügel daneben erhebt sich das Kirchlein, erbaut um 1400. Wegen der wertvollen Wandgemälde gilt es als ein Juwel über Bayern hinaus. 1913 wurden die übertünchten Malereien entdeckt und freigelegt. Seit 1953 werden sie restauriert. Am meisten fällt der überlebensgroße Christophorus auf, doch weit bedeutsamer ist der klitzekleine Servatius von 1410. Der steht in seinem gotischen Kastenaltärchen und hält einen Riesenschlüssel in der Hand. Das kostbarste Kunstwerk der Kirche. Sogar ein kleiner Jesus im Rollställchen ist zu erkennen, eine Darstellung von 1523 unter dem rechten Seitenaltar. Links vom Knaben sitzt die Hl. Kaiserin Helena, rechts Mutter Anna, kündet der Schnell Kunstführer.
Echt zum Malen ist aber auch der 1138 Meter hoch gelegene, kristallklare Taubensee zu Füßen der Rauhen Nadel. Die Strecke von Schleching, die zuletzt über den Kroatensteig führt, braucht allerdings Zeit. Auch der Anstieg ab Reit im Winkl über die Hutzenalm, die Stoibenmöser und die Sauermöser Alm zieht sich. Die Wanderer, begleitet von Sepp Haßlberger, schauen schon von oben sehnsüchtig auf den See. Der Weg hinunter ist recht steil. Bequeme starten daher in Hinterwössen. Von dort lässt sich der Taubensee beinahe per Pkw erreichen. Oh nein, das kommt nicht infrage. Erst die Arbeit, dann das erfrischende Vergnügen und zu guter Letzt eine leckere Mahlzeit im Steinweiderhof in Schleching-Ettenhausen. Dort wird bestens mit regionalen Produkten gekocht und das hat sich herumgesprochen. Der Parkplatz ist fest in Münchner Hand. (Ursula Wiegand) (Die Wallfahrtskirche Maria Klobenstein - Foto: Wiegand)

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