Nebelschwaden liegen über den Feldern, die bereits abgeerntet und zum Teil gepflügt sind. Der Himmel ist an diesem Herbsttag grau in grau und es nieselt leicht. Wie durch einen feinen Schleier sind in der Ferne die Burg Hoheneck und die Ipsheimer Weinberge zu sehen. Mit dem Rad fährt man eine knappe halbe Stunde von Bad Windsheim nach Ipsheim, das erstmals 1189 urkundlich erwähnt ist.
Weinbau wird in der Ipsheimer Umgebung seit etwa 916 betrieben. Mineral- und nährstoffreiche Gipskeuperböden speichern Wasser, aber auch die Sonnenwärme und geben sie an die Reben weiter, erklärt Weinbergführerin Stefanie Weid. Die Höhenzüge des Steigerwalds und der Frankenhöhe sorgen außerdem für ein besonders mildes Klima am sonnigen Burgberg. Das harmonische Zusammenspiel von Boden und Klima ermöglicht den Anbau verschiedener Rebsorten.
Ein Weinstock trägt bis zu 100 Jahren Trauben. Allerdings werden die Stöcke im Schnitt alle 25 Jahre ausgetauscht, was mit wechselnden Wein-Vorlieben zusammenhängt, wie Weid erzählt. Um die Wende vom 19. aufs 20. Jahrhundert gab es in Franken rund 40 000 Hektar Rebfläche, die durch das Einschleppen der Reblaus aus Amerika aber vollkommen zerstört wurde. Heute gibt es in den fränkischen Weinanbaugebieten rund 6000 Hektar Rebfläche, so Weid. Und der Durchschnittswinzer in Franken besitzt eine Rebfläche von 0,3 Hektar.
Interessant ist, dass der Wurzelstock der Rebe aus Amerika kommt, da dieser gegen die Reblaus resistent ist. Auf diesen Rebstock wird dann laut Weid die fränkische Rebsorte aufgepfropft und die Pflanze bis zum Pfropf in den Boden eingegraben. Der Weinstock kann bis zu zehn Meter tief wurzeln, um so an ausreichend Wasser zu gelangen. Ausreichend Trauben trägt der Rebstock erst nach fünf Jahren. Aus einem ein Hektar großen Weingarten lassen sich bis zu 90 Hektoliter ( 9000 Liter) Wein gewinnen, erklärt Weid.
Die Ipsheimer Winzer haben sich dem naturnahen Weinbau verschrieben. Dazu gehört neben integriertem Pflanzenschutz und gezielter Nährstoffversorgung eine Funkwetterstation, die den Weinbauern hilft, witterungsbedingte Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und umweltbewusst zu behandeln. Das heißt laut Weid, dass nur gespritzt wird, wenn es anders gar nicht mehr geht, vor allem gegen Pilzbefall.
Ein einmaliges Badevergnügen
An warmen, sonnigen Sonn- und Feiertagen zwischen Mai und Oktober gibt es eine besondere Attraktion in den Ipsheimer Weinbergen: Abwechselnd halten die Ipsheimer Winzer in ihrem neuen Bewirtungshaus Weine, fränkische Brotzeiten, aber auch Kaffee und Kuchen für die Einheimischen und Gäste bereit.
Zurück nach Bad Windsheim an diesem nasskalten Herbsttag geht es mit dem Drahtesel, wie bereits auf der Hinfahrt, über den Aischtalradweg, und zwar schnurstracks in die Franken-Therme. Dort gibt es etwas ganz Besonderes, Deutschlands einzigen Salzsee. Der ganzjährig beheizte See hat eine Fläche von 750 Quadratmetern, ist 30 Grad Celsius warm und hat mit 26,9 Prozent eine Solekonzentration fast wie das Tote Meer. Schwimmen kann man darin eher weniger, vielmehr schwebt der Körper im wohltemperierten Salzwasser.
Bad Windsheim liegt auf einem dicken Salzstock, der in 200 Meter Tiefe unter der Stadt liegt. Das salzhaltige Thermalwasser sprudelt aus vier bis zu 1250 Meter tief reichenden Quellen. Um die knapp 27-prozentige Solekonzentration für den Salzsee zu erhalten, wird das Thermalwasser wieder nach unten gepumpt, um das Salz aus dem Gestein auszuwaschen, erklärt Hubert Seewald, Geschäftsführer der Touristik GmbH Bad Windsheim.
Das fränkische Tote Meer liegt zum Teil unter einer Kuppel und zum größeren Teil im Freien. Der Salzsee bietet ein einmaliges Badevergnügen, gepaart mit einzigartigen Heilerfolgen bei erkrankter Haut. Die Kombination mit einer Lichttherapie (Schmalspektrum-UVB ) verstärkt die Heilwirkung zusätzlich.
Für die Kombination Licht und Sole wurde die Franken-Therme heuer mit dem „Bayerischen Innovationspreis im Tourismus 2010“ ausgezeichnet. Als „Photo-Sole“-Arrangement richtet sich dieses Urlaubsangebot insbesondere an Menschen mit empfindlicher Haut und an Patienten, die an der chronischen Erkrankung Psoriasis (Schuppenflechte) leiden. Für seinen Salzsee hat Bad Windsheim bereits im Jahr 2007 den Deutschen Tourismuspreis erhalten.
Auf rund 20 000 Quadratmetern bietet die Franken-Therme neben dem Salzsee diverse Thermal-Badehallen mit unterschiedlich hoch dosierter Sole sowie eine großzügige Saunalandschaft, Aroma-Dampfbad und Kneippstation. Darüber hinaus werden auch Wellness- und Kosmetikanwendungen angeboten.
Die einst freie Reichsstadt Bad Windsheim ist heute geprägt von sehenswerten Bauten. Ein Bummel durch das historische Zentrum führt vorbei am barocken Rathaus, an alten Bürgerhäusern und an der acht Meter hohen Rolandstatue bis zum Archäologischen Fenster, das sich auf dem Marktplatz befindet. Bei der Sanierung und Neugestaltung des Platzes wurden bedeutende archäologische Funde entdeckt. Im Zuge dessen wurde 2000 bis 2001 die Marktplatzsanierung geändert und das „Archäologische Fenster zur Stadtgeschichte Bad Windsheim“ errichtet. Durch drei Glasfenster kann man bedeutende archäologische Ausgrabungen aus der Gründerzeit Bad Windsheims betrachten. Unterhalb des Marktplatzes, in historischen Gipskellern, kann die Stadtgeschichte vom 10. bis zum 14. Jahrhundert erlebt werden.
Im Freilandmuseum
wird auch gebraut
Ein Muss ist der Besuch beim Döbler, so sagen die Bad Windsheimer. Die traditionsreiche, urige Braugaststätte in der historischen Altstadt – direkt am Kornmarkt – hat schon seit über 250 Jahren die Schank- und Braugerechtsame inne. Sie wird noch, genau wie damals, von der Brauereiinhaberfamilie geführt. Das Brauhaus Döbler ist die letzte von einst 30 Bad Windsheimer Privatbrauereien. In der Braugaststätte sitzen Einheimische und Urlauber gerne zusammen und trinken Altstadt Hell oder Windsheimer Reichsstadtbier naturtrüb frisch vom Fass. Die dritte Sorte vom Fass wechselt saisonal zwischen Museums Löschauer dunkel, Döbler Hefeweizen und Döbler Doppelbock.
Nur sechs Tische stehen in der kleinen, etwas dunklen, holzgetäfelten Wirtsstube. Der Ofen ist in die Jahre gekommen, er erinnert an die 1950er Jahre. Kulinarisch reicht das Angebot vom Schmalzbrot bis zur reichlich belegten Braumeisterplatte für zwei Personen.
Wer mehr übers Bier erfahren will, der kann mit Wilhelm Döbler eine Führung machen, denn dem Brauereichef liegt es besonders am Herzen, sein Wissen rund ums Bier weiterzugeben und hier ist er kaum zu bremsen. In geselliger Runde und bei lockerer Atmosphäre wird den Interessierten all das vermittelt, was notwendig ist, um in Sachen Bier künftig „mehr als andere“ zu wissen. Bei der anschließenden Bierprobe lernt man dann die verschiedenen Biere aus den Döbler-Sudkesseln kennen.
Nicht entgehen lassen sollte man sich auch einen Besuch des Fränkischen Freilandmuseums des Bezirks Mittelfranken in Bad Winds-heim. Bei einem Spaziergang über das 45 Hektar große Gelände unternimmt man eine Zeitreise durch 700 Jahre Alltagsleben in Franken, sogar zurück bis in die Vor- und Frühgeschichte, denn im Archäologiemuseum des Freilandmuseums wird selbst die Steinzeit erfassbar. Anhand von rund 100 Gebäuden wird gezeigt, wie der Alltag der ländlichen Bevölkerung in Franken vom Spätmittelalter bis in die jüngste Vergangenheit aussah: Wohnen und Arbeiten, Haus- und Tierhaltung, Landwirtschaft, Handwerk und vieles mehr.
Im Westen des Museumsgeländes entstand die Baugruppe „Brauen in Franken“ mit drei Gebäuden. Das Kommunbrauhaus aus Schlüsselfeld im Landkreis Bamberg wurde um 1730 erbaut und ab 1844 immer wieder verändert. Einst im Gemeindebesitz und Braustätte für alle „Braurechtler“ im Ort, wurde es im Museum wieder in Betrieb genommen. Die Besucher können hier beim Brauvorgang zuschauen, der etwa so wie es um 1900 in kleineren Brauereien üblich war, abläuft.
Das Gasthaus aus Mühlhausen (Landkreis Erlangen-Höchstadt) wurde 1518 erbaut. An seinem alten Standort gehörte es zu einer eigenen Brauerei und diente als kleine Bierwirtschaft. Heute kann dort das im Museum gebraute Bier probiert werden. Das Hofbrauhaus aus Kraisdorf (Landkreis Haßberge) wurde 1699 erbaut, stammt von einem Bauernhof – deshalb auch Hofbrauhaus – mit Mühle und diente nur für den Eigenbedarf des Hofes. Es dokumentiert im Museum eine vorindustrielle Braustätte. Auch hier wird ab und zu noch Bier gebraut, mit den damals gebräuchlichen Gerätschaften aus Holz.
Wer mehr als nur schauen möchte, kann sich beim Wäsche waschen mit dem Waschbrett oder beim Brot backen im Holzofen versuchen – die Handwerker wechseln sich täglich ab.
(Friedrich H. Hettler)
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