Freizeit und Reise

Ein paar knackige Anstiege gab es auch in diesem Jahr beim Frankenwald Wandermarathon. (Foto: Friedrich H. Hettler)

31.05.2023

Wanderstiefel und Dampfross

Der 11. Frankenwald Wandermarathon fand in diesem Jahr rund um Stadtsteinach statt

Bei optimalen äußeren Bedingungen fand vor Kurzem der 11. Frankenwald Wandermarathon statt. Die erlebnisreichen 42,7 Kilometer mit 865 Höhenmetern führten im Kulmbacher Land von Stadtsteinach nach Untersteinach Richtung Neuenmarkt über Wirsberg und Kupferberg bis nach Guttenberg. Nach dem Hainberg „torkelten“ die Wanderfreunde auf den höchsten Punkt der Strecke und anschließend wieder zurück Richtung Stadtsteinach. Start und Ziel der Tour war die Steinachtalhalle.

Das rund 3200 Einwohner zählende Stadtsteinach wurde am 8. Juli 1151 erstmals als „Steinaha“ urkundlich erwähnt. Benannt wurde der Ort nach dem Fluss Steinach, später mit dem Zusatz „Ober-“ beziehungsweise „Stadt-“ zur Unterscheidung von anderen Orten gleichen Namens. Mit der Burg Nordeck ging der Ort von den Grafen von Henneberg in den Besitz des Fürstbistums Bamberg unter Eberhard II. von Otelingen über. Stadtsteinach gehörte seit dieser Zeit für über 650 Jahre zum Hochstift Bamberg, das ab 1500 im Fränkischen Reichskreis lag, und war ab 1525 nach Zerstörung der Burg Verwaltungssitz.

In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde Steinach zur Stadt erhoben. Mehrfach hatte die Stadt unter Verwüstungen im Krieg zu leiden, darunter im Hussitenkrieg, in den Markgrafenkriegen und im Dreißigjährigen Krieg. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestand Stadtsteinach aus 190 Anwesen. Das Hochgericht übte das bambergische Centamt Stadtsteinach aus. Die Dorf- und Gemeindeherrschaft hatte das Amt Stadtsteinach.

Seit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1802 gehört der Ort zu Bayern. Ab 1862 gehörte Stadtsteinach zum Bezirksamt Stadtsteinach (1939 in Landkreis Stadtsteinach umbenannt). 1913 wurde die Stadt an den Bahnverkehr angeschlossen. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt unzerstört und wurde 1945 friedlich den einrückenden Amerikanern übergeben. Zu Beginn der Bundesrepublik war sie für einige Jahrzehnte Garnisonsstadt, erst mit dem Bundesgrenzschutz, später mit der Bundeswehr. Am 1. Juli 1972 wurde anlässlich der Kreisgebietsreform der Landkreis Stadtsteinach aufgelöst.

Punkt sieben Uhr in der Früh am 20 Mai fiel der Startschuss zum 11. Frankenwald Wandermarathon, der sich mittlerweile schon zu einem Kultevent gemausert hat. Vorbei am Freibad bewegte sich der Tross von offiziell 600 Wanderbegeisterten – inoffiziell waren es einige mehr – erstmal die Straße entlang. Nach einem Kilometer wurde die ehemalige Bundesstraße gequert, um auf den FrankenwaldSteig zu gelangen. Diesem folgten die Teilnehmer*innen bis Hummendorf, bogen dort rechts ab, um etwas abseits des Wegs weiter Richtung Untersteinach zu gelangen.

Von hier führte die Route stetig bergauf Richtung der Ortschaft See. Weiter über Unterlangenroth ging es dann wieder auf dem FrankenwaldSteig nach Neuenmarkt. Bei einem Abstecher ins Deutsche Dampflokomotiv Museum gab es dann eine Brotzeit und wer Interesse hatte, konnte sich über das Museum und die Ausstellung informieren.

Salonspeisewagen mit wechselhafter Historie

Auf rund 100 000 Quadratmetern werden mehr als 30 Dampflokomotiven erhalten. Die Fahrzeuge präsentieren sich im 15-ständigen Ringlokschuppen mit der dazugehörigen funktionsfähigen Segmentdrehscheibe sowie dem rekonstruierten Kohlenhof in einer historisch gewachsenen und lebendigen Eisenbahnlandschaft. In einer didaktisch und technisch modernen Ausstellung vermitteln interaktive Medienstationen und Inszenierungen Wissen und Faszination rund um die Dampflok und die Arbeit im Bahnbetriebswerk.

Ein besonderes Prunkstück ist der Salonspeisewagen 10 242. 1937 stellte die Deutsche Reichsbahn den Salonspeisewagen, Gattung „Salon R4ü-37“, mit der Nummer „10 242 Berlin“ in Dienst. Bis 1941 diente der Salonwagen der Begleitmanschaft von Adolf Hitler als Speisewagen. Nach Ende des Krieges fuhr der 10 242 für den Hochkommissar der Britischen Besatzungszone und erhielt 1946 eine geänderte Inneneinrichtung mit Schlafabteil und Badezimmer.

Am Hainberg warteten
die Frankenwald Weiber

1953 gaben die Alliierten den Salonwagen an die Deutsche Bundesbahn ab. In den folgenden Jahren diente er der Bundesregierung, vorrangig für die Reisen der Bundeskanzler. So agierte der 10 242 im Jahre 1957 als Wahlkampfzug Konrad Adenauers und beförderte – extra umlackiert – Queen Elizabeth II. bei ihrem Deutschlandbesuch 1965. Unvergessen auch ist die Reise von Willi Brandt am 19. März 1970 in die damalige DDR nach Erfurt. Am 29. Januar 1988 wurde der Salonwagen 10 242 ausgemustert. Nach über 50 Jahren im Einsatz erinnert er an bedeutende Ereignisse der deutschen Geschichte.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Geschichte der „Schiefen Ebene“. Zwischen den Bahnhöfen Neuenmarkt-Wirsberg und Marktschorgast verläuft einer der berühmtesten Streckenabschnitte Deutschlands: die „Schiefe Ebene“. Es handelt sich hier um die erste Strecke in Europa, die einen bedeutenden Höhenunterschied von 158 Metern überwinden musste und dabei ohne zusätzliche technische Hilfsmittel befahren werden konnte. Wegen ihrer zahlreichen Stützmauern, Einschnitte und Steinwälle gilt die Strecke als technische Meisterleistung ihrer Zeit.

Aber nach diesem kurzen Exkurs zu Dampfloks und „Schiefer Ebene“ zurück zur Strecke des Wandermarathons. Von Wirsberg ging es auf Schusters Rappen dann richtig hoch zum Kaiserdenkmal und weiter zur Ruine Heilingskirche. Nach Neufang gab es am Aussichtspunkt einen tollen Panoramablick. Von hier ging es Richtung Kupferberg, wo die Mittagssuppe auf die Ausgehungerten wartete.

Nach der Mittagsrast führte der Wandermarathon weiter nach Guttenberg und Vogtendorf hinauf zum Hainberg, dem absoluten Höhepunkt des Marathons. Denn hier war nun Vorsicht angesagt. Die berühmt berüchtigten Frankenwald Weiber lauerten hier nämlich am Wegesrand auf die Wanderer. Empfangen mit ein paar sanften Schlägen mit dem Teppichklopfer, um die Müdigkeit aus den Knochen zu vertreiben und einen Ansporn für die letzten Meter zu geben, erhielt man aber umgehend von ihnen Bier, Schnaps, Wärscht und Brot zur Stärkung. Außerdem bot sich den Teilnehmern bei strahlendem Sonnenschein von hier ein herrlicher Ausblick auf Stadtsteinach.

Immer wieder gab es
einige kernige Anstiege

Frisch gestärkt ging es weiter zum höchsten Punkt der Strecke – dem „Torkel Mountain“. Über den Forstmeistersprung und die Burgruine Nordeck wurde kurz das Steinachtal gestreift, ehe es durch Stadtsteinach zurück zum Ausgangspunkt, der Steinachtalhalle, ging. der höchste Punkt lag bei 621 Metern, der tiefste bei 316 Metern. Nach jedem kernigen Anstieg gab es eine kleine Verpflegungs- oder Erlebnisstation. 

Wer nicht den kompletten Marathon zu Fuß zurücklegen wollte, für den gab es, wie jedes Jahr, einen Shuttle-Service. An ausgewiesenen Stationen warteten innerhalb eines bestimmten Zeitfensters Kleinbusse, um die Wanderer entweder eine oder mehrere Stationen weiter beziehungsweise direkt zum Ziel zu bringen.

Wie bereits kurz erwähnt, der Frankenwald Wandermarathon hat sich zu einem absoluten Kultereignis mit Suchtpotenzial für passionierte Wanderfreaks entwickelt. Wer einmal dabei war, den lässt der Reiz dieser äußert professionell durchgeführten Veranstaltung nicht mehr los. Also los, nicht lange überlegen und die Wanderstiefel fürs nächste Jahr schnüren.
(Friedrich H. Hettler)

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