Kommunales

Schmuckstücke der Sammlung: Museumsleiter Wolfgang David vor den historischen Römerschiffen. (Foto: Paul)

25.02.2011

Ansturm aufs Oppidum

Das Kelten Römer Museum Manching ist eines der erfolgreichsten kommunalen Wissenschaftsprojekte in Bayern

Historische Ausstellungen in Deutschland werden derzeit gern nach dem Prinzip des „Vorspiels auf dem Theater“ aus Goethes Faust konzipiert: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“: Machtpolitik, Herrscherdynastien, Alltagskultur, Militärisches, Wirtschafts- und Sozialstruktur – möglichst kein Aspekt darf unberücksichtigt bleiben, die Zahl der dargestellten Objekte und nicht zuletzt die Opulenz soll wohl als Gradmesser der Qualität gelten. Zurück bleiben Zuschauer, die zunächst zweifellos beeindruckt sind, nach einem oft mehrstündigen Besuch jedoch in ihrer Aufnahmefähigkeit schlicht kapitulieren. Und das Rezipieren des Gesehenen dürfte sich in Grenzen halten.
Es geht aber auch anders – wie das im Jahr 2006 eröffnete und nun fünfjähriges Jubiläum feiernde Kelten Römer Museum Manching beweist. Mit jährlich zwischen 20 000 und 25 000 Besuchern ist es eine der erfolgreichsten Museumsneugründungen im Freistaat. Laut einer Studie der Katholischen Universität Eichstätt stammen fast die Hälfte davon, 48 Prozent, nicht aus der Region – für ein eher kleines Museum absolut ungewöhnlich. Hilfreich dürfte dabei freilich auch die topografische Lage sein mit einer eigenen Autobahnabfahrt an der A 9 und nicht allzu weit entfernt von der A 93.


Drehort für ZDF-Krimiserie


Die Entstehung des Hauses ist ein gelungenes Beispiel, wie aus Heimatverbundenheit und kommunalen Ambitionen ein anspruchsvolles wissenschaftliches Projekt entstehen kann. Bereits 1987 fanden sich an ihrer regionalen Vergangenheit interessierte Bürger Manchings im Keltisch-Römischen Freundeskreis zusammen. Hintergrund: Die 11 000 Einwohner zählende Marktgemeinde südlich von Ingolstadt ist auf den Resten einer der wichtigsten stadtähnlichen Siedlungen der Kelten in Mitteleuropa errichtet, in der letzten Blütezeit dieser Kultur auf dem europäischen Festland. Die Region bildete vor rund 2000 Jahren einen geografischen Brennpunkt, begünstigt durch die Donau als Verkehrsachse und Grenze.
Der Freundeskreis konzipierte zunächst ein kleines Heimatmuseum, wie es sie zu Hunderten in Bayern gibt. Einen innovativen Schub gab es, nachdem im Örtchen Oberstimm mehrere Römerschiffe gefunden wurden – eine archäologische Sensation, die es zuvor nördlich der Alpen noch nicht gegeben hatte. Auch in Ingolstadt hatte man jetzt das touristische Potenzial dieser Artefakte erkannt, die Großstadt erhob Anspruch auf die Funde.
Die Gemeinde, der Landkreis Pfaffenhofen und der Bezirk Oberbayern entwickelten ein gemeinsames Konzept für die angemessene Präsentation der Römerschiffe. Das war so überzeugend, dass das bayerische Wissenschaftsministerium Manching nicht nur den Zuschlag vor der Metropole gab, sondern die neue Einrichtung auch gleich als Zweigmuseum den Archäologischen Staatssammlungen eingliederte. Im Jahr 2006 eröffnete das Haus, in dem heute etwa 20 Mitarbeiter beschäftigt sind: ein architektonisch kühler Zweckbau. Er ist in zwei große Teile gegliedert: Der Keltensaal bringt eine umfassende Rekonstruktion des Lebens im Manchinger Oppidum, die römische Abteilung mit ihrer zentralen Schiffshalle stellt den Bezug zur römischen Besatzungszeit Bayerns dar.
Weniger ist mehr, lautet hier das Motto, dem man sich konsequent verschrieben hat. „Der theoretische Teil, die Texte und Erläuterungen, sind stark nachgefragt – entgegen den Äußerungen von Befürwortern der Popularisierung und Kommerzialisierung“, zeigt sich Museumschef Wolfgang David zufrieden. Das würde auch und besonders für die kleinen Besucher gelten, denen das Museum seine besondere Aufmerksamkeit widmet, unter anderem mit einer eigenen pädagogischen Werkstatt und einem Freigelände.
„Wir wollen die Leute abholen, die Filme wie Gladiator gesehen haben, sich für jene Epoche begeistern und sich nun für das wahre Leben der Menschen interessieren“, erläutert David sein Konzept. Wichtig sei ein „Erkenntnisgewinn“ nach dem Besuch. Dafür greife man eine Fragestellung auf, die nicht zu allgemein gehalten ist und dennoch Raum für unterschiedliche Zugangswege bietet, beispielsweise mit Titeln wie „Alltag der keltischen Frauen“. Den besonderen Reiz des Kelten Römer Museums haben auch die Filmemacher erkannt. So drehte hier unter anderem das ZDF für seine Krimiserie Rosenheim Cops. (André Paul)

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