Kommunales

Markus Pannermayr ist noch nicht sicher, ob die neue Bundesregierung ein offeneres Ohr für die Belange der Kommunen hat. (Foto: ST)

26.07.2025

„Beim Wohnungsbau warte ich noch auf Signale“

Markus Pannermayr (CSU), Oberbürgermeister von Straubing und bayerischer Städtetagschef, über Finanznöte der Kommunen, Migration und Bürokratieabbau

Der gelernte Gymnasiallehrer Markus Pannermayr (54) fungiert seit 2008 als Oberbürgermeister von Straubing. Seit 2020 amtiert er zudem als Vorsitzender des Bayerischen Städtetags. Ein Gespräch über aktuelle Nöte und Probleme in den Städten des Freistaats.

BSZ: Herr Pannermayr, mit dem Infrastrukturfonds des Bundes kündigt sich ein Geldsegen an. Wie viel aus dem bayerischen Anteil sollte an die Kommunen fließen?
Markus Pannermayr: Wir sehen das Sonderinvestitionsprogramm als echte Chance, dem Investitionsstau in den Kommunen zu begegnen. Aus kommunaler Sicht sind zwei Dinge wichtig: Wir brauchen einen unkomplizierten Mechanismus und wir erwarten einen Anteil von 70 Prozent, weil das der Investitionsverteilung zwischen Ländern und Kommunen entspricht.

BSZ: Wie groß ist denn der Investitionsstau in den Kommunen?
Pannermayr: a steht mir keine valide Zahl zur Verfügung. Aber aus vielen Gesprächen weiß ich, dass praktisch alle Kommunen in ihren mittelfristigen Planungen gewaltigen Investitionsbedarf sehen. Da sind dringend erforderliche Sanierungen an Schulbauten und Investitionen, die mit dem Ganztagsanspruch, der Mobilitätswende, dem Klimaschutz und der Klimaanpassung zu tun haben. Die Fülle der Aufgaben in unserer Gesellschaft ist riesig, und der Großteil davon landet vor den Türen der Rathäuser.

BSZ: Wie sollte denn das Geld aus dem Investitionsfonds zu den Kommunen kommen? Über den Finanzausgleich, als Projektförderung oder zur freien Verfügung?
Pannermayr: Wir sind uns einig, dass das Geld unabhängig von anderen Finanzbeziehungen zugeleitet werden sollte. Wir würden uns durchaus pauschale Mechanismen wünschen, die uns möglichst viel Handlungsspielraum lassen. Der Grundsatz sollte lauten: Habt Vertrauen in die Kommunen! Das reduziert Komplexität und Bürokratie.

BSZ: Spüren Sie schon etwas vom Rückgang der Zugänge von Asylbewerbern und Flüchtlingen?
Pannermayr: Der Druck in der Erstaufnahme hat abgenommen. Da wirken aus meiner Sicht die von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen. Aber das, was vor Ort an Integrationsleistung gefordert ist, wird in den kommenden Jahren trotzdem enorm bleiben. 

BSZ:  Ein großer Brocken in den Kommunalhaushalten ist der Defizitausgleich für die Krankenhäuser. Haben Sie da schon Signale, dass sich etwas ändert?
Pannermayr: Für 2026 sind bundesweit 4 Milliarden Euro zugesagt, das wird uns im kommenden Jahr helfen. Damit sind aber noch keine strukturellen Verbesserungen verbunden. Deshalb muss es darum gehen, dass die in den Krankenhäusern erbrachten Leistungen kostendeckend refinanziert werden. Und wir werden nicht umhinkommen, strukturelle Veränderungen in der Kliniklandschaft vorzunehmen.

BSZ: Wünschen Sie sich für die Krankenhausplanung mehr Aktivität vom Freistaat?
Pannermayr: Ja, da sind wir schon seit Längerem im Gespräch. Am Ende wird der für die Planung zuständige Freistaat Entscheidungen treffen müssen. Es wird nicht funktionieren, wenn Bürgermeister und Landräte unter sich ausmachen sollen, welcher Standort mit welchen Aufgaben erhalten werden soll und welcher nicht. Die Gesundheitsministerin hat solche Entscheidungen zugesagt.

Das Verhältnis von Kommunen zur Staatsregierung? "Unser Beziehungsstatus variiert"

BSZ: Blicken wir nach Berlin: Spüren Sie, dass die neue Bundesregierung ein offeneres Ohr für die Belange der Kommunen hat als die alte?
Pannermayr: Da bin ich bei der Bewertung noch etwas vorsichtig. Immerhin spricht der Koalitionsvertrag eine klare Sprache, was die stärkere Wertschätzung der kommunalen Ebene betrifft. Aber es ist das eine, so etwas niederzuschreiben, und das andere, das im Alltag mit Leben zu füllen. Positiv ist, dass die mit dem Investitionsbooster verbundenen Einnahmeausfälle für die Kommunen vom Bund kompensiert werden. Beim Wohnungsbau zum Beispiel warte ich aber noch auf klare Signale.

BSZ: Wie steht es aktuell um das Verhältnis von Kommunen zur Staatsregierung in Bayern? Da gab es zuletzt ja einige Konflikte beim Bürokratieabbau oder dem kostenlosen Parken für E-Autos.
Pannermayr: Unser Beziehungsstatus variiert. Im Grunde laufen die Absprachen gut, auch jetzt wieder bei der Vorbereitung des Finanzausgleichs für 2026. Aber es gibt tatsächlich Fälle, wo wir uns übergangen oder überrollt fühlen. Ich denke an das E-Auto-Parken, die Verbote für die Übernachtungs- und die Verpackungssteuer und auch an die Modernisierungsgesetze. Ich verstehe, dass Deregulierung disruptiv sein und nicht alle Interessen berücksichtigen kann. Aber wenn es in Teilen dazu führt, dass es zu Mehraufwand bei der kommunalen Ebene kommt, dann passt etwas nicht. Da hätte bestimmt manches vermieden werden können, wenn man uns rechtzeitig gefragt hätte.

BSZ: Wo sollte aus Ihrer Sicht beim Bürokratieabbau angesetzt werden?
Pannermayr: Die Rahmenbedingungen für Förderungen und Finanzströme müssten deutlich vereinfacht werden. Da gibt es zu viele Nachweispflichten und Kontrollmechanismen. Es braucht mehr Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung und in die tägliche Kontrolle durch die Bürgerschaft. Der Grundsatz sollte in Zukunft lauten: Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser! (Interview: Jürgen Umlauft)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll Bayern weiter am späten Sommerferienstart festhalten?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.