Kommunales

In der historischen Glashütte Lamberts in Waldsassen fand die Fachtagung statt. (Foto: Höcherl)

02.08.2018

Chance für effektiven Schutz von Kulturdenkmälern

Tagung von Bayerischem Landesamt für Denkmalpflege und Glashütte Lamberts in Waldsassen zeigte, was mit „Historischem Glas und UV-Schutzglas“ alles möglich ist

ochkarätig besetzt mit rund 80 Fachleuten aus ganz Deutschland, Großbritannien, der Schweiz und Österreich war das Symposium, das in der Aula des Zisterzienserinnen-Klosters Waldsassen (Landkreis Tirschenreuth) mit zahlreichen Referaten begann, am Abend und dem Tag darauf in der historischen Glashütte Lamberts seinen Abschluss inmitten der Praxis des Glasmachens fand. Im Mittelpunkt der Tagung stand der Einsatz des mundgeblasenen Flachglases der Glashütte Lamberts, der einzigen in Deutschland, wo diese jahrhundertealte Technik noch lebt, aus der das Glas kommt, welches für die Denkmalpflege unverzichtbar ist, so bei der Restaurierung historischer Fenster oder bei Glaskunstwerken. Ein vergleichbar junges Produkt von Lamberts ist das mundgeblasene UV-Schutzglas. Es kommt dort zum Einsatz, wo hochwertige Kunstgüter vor UV-Strahlung – und demnächst kombiniert auch Infra-Rot-Strahlung – geschützt werden müssen.

Mundgeblasenes Flachglas im Einsatz


Dafür, dass ein weit über 100 Jahre altes Unternehmen heute in der Lage ist, hoch innovative und für den Denkmalschutz unverzichtbare Produkte zu entwickeln und zu produzieren, ist Lamberts, selbst im Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes, ein herausragendes Beispiel (Staatszeitung berichtete). Die Anzahl der Kirchen, Schlösser und anderer historischer, aber auch neuerer, profaner Bauten, in und an denen mundgeblasenes Flachglas aus Waldsassen verwendet wurde, ist groß und wächst weltweit.

Die Variationsmöglichkeiten in Farbe und Dichte, auf die sich Restauratoren, Architekten und vor allem auch Künstler einlassen können, ist schier unerschöpflich. In den letzten Jahren wurde im Rahmen der „Restauro“-Serie auch „Restauro-UV“ – bald kombiniert auch mit Infrarot-Schutz – ein Flachglas entwickelt, das Schutz vor UV-Strahlung bietet. Vor allem dieses UV-Schutzglas stand im Mittelpunkt der Tagung.

Neben dem fachkundigen Publikum und den Referenten hießen der Generalkonservator, Professor Mathias Pfeil, und der geschäftsführende Eigentümer von Lamberts, Hans Reiner Meindl, auch Thomas Goppel, den Vorsitzenden des Landesdenkmalrates, willkommen. Grußworte sprachen Tobias Reiß und Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer (CSU). Susanne Fischer, Abteilungsleiterin im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, hatte die Organisation der Veranstaltung und führte auch durch diese. Die zentralen Feststellungen der Vortragenden betrafen zunächst die Auswirkungen, welche die Natur für die von Menschen vor Jahrhunderten geschaffenen Werke und Kunstwerke bereit hält, Gefahren für Außenmauern und bleigefasste Fenster, für Innenräume mit Gemälden auf Stein, Stuck, Stoff und Holz und andere Materialien: Wind und Regen, Hitze und Kälte, das Sonnenlicht und seine verborgene Wirkung, die erst nach langen Jahren sich in Schäden ungeahnten Ausmaßes offenbart. Die Fragestellungen: Was können die derzeit zur Verfügung stehenden Sonnenschutzgläser leisten? Welche Entlastungseffekte durch Reduzierung energiereicher Strahlung und der klimatischen Wechselbeanspruchung sind für ein konkretes Ausstattungsobjekt zu erwarten? Rechtfertigt dies den Eingriff in die Substanz, das Raumklima und die optische Wirkung sowie den finanziellen Aufwand?

So berichtete etwa Sarah Brown, Direktorin des „York Glaziers Trust“ darüber, wie die Fenster des Münsters von York, mittelalterliche Bauwerke aus Glas, vor Umwelteinflüssen geschützt werden. Restauratorin Martha Hör erläuterte, wie in St. Lorenz in Nürnberg UV-Schutzglas zum Einsatz kommt. Katharina von Miller, Restauratorin am Landesamt, ging in ihrem Referat auf Licht und seine Wirkung auf historische Raumausstattungen ein. Dem gleichen Thema der Lichtverhältnisse widmete sich bei den als Pilotprojekt vorgestellten Aktivitäten in der Klosterkirche St. Michael in Metten Diplom-Ingenieurin Ulrike Samberger aus Deggendorf mit dem Ergebnis, dass keine Bedenken gegen die Verwendung des UV-Schutzglases bestünden. Zum Thema „Kunstgutschutz und UV-Schutz“ trug Bernd Euler-Rolle, Fachdirektor des BDA Wien, die in Österreich, speziell im Stift Melk, gemachten Erfahrungen vor. Über „UV-Schutz und IR-Schutz mit mundgeblasenem Antikglas im Ostfenster des Neumünsters zu Würzburg“ referierte Mathias Rothkegel.

In der ebenfalls denkmalgeschützten riesigen Holzhalle der Glashütte Lamberts, in der die schweißtreibende und harte Arbeit nach alter Tradition geleistet wird, fand der Abend seine Fortsetzung im Gespräch und anschließend dem Erleben der Glasherstellung ganz nah am faszinierenden Geschehen. Am Vormittag des folgenden Tages ging dann Firmenchef Hans Reiner Meindl ausführlich auf die Herstellung von Flachglas und die Entwicklung des UV-Schutzglases sowie weitergehende Vorhaben auf diesem Gebiet ein. Der Einsatz des neuen UV-Schutzglases, so Abteilungsleiterin Susanne Fischer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege resümierend, wird – ein Beispiel hierfür sei die aktuelle Veranstaltung – vor allem durch die Arbeit des Fachbereichs „Glas“ im Landesamt unterstützt.

Fachliche Empfehlungspraxis


Die Gebietsreferentinnen und Gebietsreferenten, aber auch externe Partner wie Denkmaleigentümer, Planer und andere Behörden werden entsprechend beraten. Mit dem Kloster Metten wurde (fast zeitgleich mit dem englischen York) eines der ersten Pilotprojekte realisiert. Die fachliche Empfehlungspraxis in den Genehmigungsbehörden baue, so Susanne Fischer, auf dem Fachwissen des Landesamts auf, dessen denkmalfachliche Stellungnahmen fachliche Grundlage der Erlaubnisbescheide oder Baugenehmigungen seien.

Technisch ausgereift sei das UV-Schutzglas sicher, doch würden auch langfristig Erfahrungen zur Nachhaltigkeit der Schutzfunktion gesammelt. In Ausschreibungen stelle sich die Frage „billigstes oder bestes Produkt“ nicht, da das mundgeblasene UV-Schutzglas einzigartig und urheberrechtlich geschützt sei. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege bemühe sich aber in jedem Einzelfall, denkmalbedingte Mehrkosten durch entsprechende Förderung der Eigentümer/Bauherren zumindest teilweise aufzufangen. Kirchliche und staatliche Behörden (Bauämter) würden in jedem Falle von zusätzlichen Fortbildungsmaßnahmen in diesem Bereich profitieren.
(Hermann Höcherl)

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