Kommunales

Es könnte mehr los sein: Der Brombachsee dümpelt touristisch vor sich hin. Foto: Leuthel

29.04.2011

Das Fränkische Seenland säuft ab

Die Tourismusregion feiert 25. Geburtstag – und kämpft gegen ökologische Probleme, ein schlechtes Image und die Bürokratie vor Ort

Ein Blaualgenteppich auf dem Altmühlsee, ständig sinkende Besucherzahlen: Das Fränkische Seenland büßt derzeit sehr an Attraktivität ein. Die Staatsregierung reagiert zwar, Minister besuchen die Region, versprechen neue Hilfsprogramme. Doch die Probleme sind auch strukturellen Defiziten vor Ort geschuldet.
Die Minister geben sich die Klinke in die Hand. Fast schon im Wochenrhythmus machen bayerische Kabinettsmitglieder dem Altmühl- oder Brombachsee ihre Aufwartung. Die Ferienregion im Süden Mittelfrankens hat solche Unterstützung dringend nötig. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Region nur noch 829 000 Übernachtungen – 5,6 Prozent weniger als 2009. Die einstige Boom-Region ist zum Sorgenkind des fränkischen Tourismus geworden.
Den Blaualgen haben Umweltminister Markus Söder (CSU) und die Tourismusmacher der Region inzwischen den Kampf angesagt. Mit einem ganzen Maßnahmenbündel soll künftig das Einschwemmen von Düngemitteln in Altmühl und Altmühlsee verhindert werden – etwa mit der Ausweisung von Schutzstreifen beiderseits des Gewässers.
Bis dies wirkt und der Altmühlsee im Sommer wieder algenfrei ist, können nach Ansicht von Hans-Dieter Niederprüm, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Fränkisches Seenland, aber „durchaus noch ein paar Jahre“ vergehen.
Niederprüm und anderen Tourismus-Machern ist aber auch klar: Das Algenproblem hat die Krise des Fränkischen Seenlandes zwar sichtbar gemacht, die eigentlichen Probleme der Urlaubsregion liegen aber tiefer: Das Seenland ist touristisch in die Jahre gekommen. Angegraute Ferienwohnungs-Fassaden, öde Café-Terrassen und verwitterte Hinweisschilder in den Orten am See – eine einladende Urlaubsregion sieht anders aus.
Auch suchten sich nach einem gewissen Neuigkeitseffekt viele Gäste andere Ziele aus und die Erschließung neuer Gästegruppen unterblieb. Das Seenland, das sich mit rund 150 Millionen Euro Einnahmen und rund 3000 Arbeitsplätzen wirtschaftlich ganz gut entwickelt hatte, ruhte sich zu lange auf den Lorbeeren aus. Da konnte auch die Anbindung des Rothsees an die Autobahn A 9 nicht mehr viel kompensieren.
Den Wettlauf um die besten Ideen und einen handfesten Streit hatte im Februar der Landtagsabgeordnete Gerhard Wägemann (CSU) ausgelöst, der dem von der FDP verantworteten bayerischen Wirtschaftsministerium mangelndes Engagement zur Lösung der Seenlandprobleme vorwarf – was natürlich von Ressortchef Martin Zeil umgehend zurückgewiesen wurde.


Kaum Wellness-Angebote


Den Modernisierungsstau hat auch der aus Mittelfranken stammende Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erkannt: „Mit einem Angebot wie vor 25 Jahren werden wir den touristischen Ansprüchen von heute nicht gerecht“, sagte er.
Das sehen auch Hoteliers so. Nach Einschätzung von Andrea Mogl, Betreiberin der Pension Zottmann am Ortsrand von Ramsberg, ist bei manchem Gastronom im Seeland die Begeisterung der Anfangszeit verflogen. Nur wenige sähen noch im Tourismus eine Zukunft für sich und ihre Kinder. „Hier in Ramsberg gibt es keinen, der seine Kinder zum Koch ausbilden lässt oder auf eine Hotelfachschule schickt. Die Kinder machen alle was anderes.“
Auch sei kaum ein Gastronom zu größeren Investitionen bereit, obwohl manche es sich leisten könnten. Die ersten hätten ihre Betriebe schon wieder zugemacht. Mogl selbst hat vor vier Jahren ihren Cafébetrieb eingestellt – es hatte sich nicht mehr gelohnt. Dass einige Anbieter ihren Ferienwohnungsbetrieb einstellen, weiß auch Niederprüm. Der Tourismusmann sieht aber auch eine gegenläufige Entwicklung: „Es gibt einige, die geben auf. Es gibt aber auch junge Leute, die bauen den Betrieb richtig groß aus – mit einem Trend zur Professionalisierung.“
Was die Region aber noch dringender bräuchte, seien mehrere Vier-Sterne-Hotels, am besten mit Wellness-Angeboten in einer Dimension, dass dort auch Busgruppen Platz fänden. Für diesen wachsenden Markt habe das Seenland bisher einfach nichts zu bieten. „Das Problem ist auch, dass das Seenland im Reisebüro überhaupt nicht buchbar ist“, meint Niederprüm.
Eine neues Leitbild soll klarstellen, dass das Fränkische Seenland nicht nur Bade- und Wassersportrevier ist. Einen neuen Rundwanderweg, den „Seenländer“, soll Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bei der Jubiläumsfeier Ende Juli einweihen. Zudem will die Region mit ihren reizvollen Dörfern, ihrer Kultur und ihrer regionalen Küche werben. „Unser Ziel ist es, die Saison auszuweiten – vom Frühjahr bis zum Spätherbst“, erläutert der Geschäftsführer. Der Tourismusverband hat auch logistisch reagiert und eine neue Homepage (www.fraenkisches-seenland.de) gestaltet.


Behördenwirrwarr


Für einige Kommunalpolitiker tragen allerdings, wen wunderts, auch die Medien eine Mitschuld am Desaster. Zum „gravierend schlechten Image“ haben nach Meinung des Rother Landrates Herbert Eckstein (SPD) die Schlagzeilen über die Algenprobleme in den Seen beigetragen. Eckstein ärgert sich, weil ja nur „ein geringer Teil von 18 Prozent der Seenlandschaft überhaupt betroffen ist und der Rothsee beispielsweise gänzlich algenfrei“ sei. Auch müssten die beteiligten Behörden, Verbände und Ämter verstärkt an einem Strang ziehen. Tatsächlich wirkt das für das Seenland zuständige Behördenspektrum unübersichtlich. Da gibt es allein drei Zweckverbände, das zuständige Wasserwirtschaftsamt in Ansbach, das Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Umweltministerium in München und den Tourismusverband Fränkisches Seenland.
Gegen die ökologischen Probleme wurde übrigens inzwischen etwas unternommen: Allein in die Beseitigung der Algenproblematik fliesen in diesem Jahr durch das Umweltministerium Sondermittel in Höhe von 500 000 Euro. Durch ein Sondermessprogramm soll zudem in den kommenden drei Jahren regelmäßig die Wassergüte im besonders betroffenen Altmühlsee überprüft werden. (Klaus Tscharnke (DPA), Manfred Leuthel)

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