Kommunales

In den alten, vergleichsweise engen Gondeln saßen die Passagiere in ungewohnter Weise um 90 Grad versetzt. (Foto: dpa)

12.05.2017

Das zweite Leben der alten Gondeln

Bis Ende des Jahres bekommt die Zugspitze eine neue Seilbahn – die Vorgängermodelle sind derweil der Renner bei Nostalgikern

Nostalgie ist nicht nur bei Autos gefragt. Die ausrangierten Kabinen der Jennerbahn treffen auf reißende Nachfrage. Für die Betreiber sind sie ein willkommener Zusatzertrag, für die Käufer beliebte Souvenirs. Mit so viel Nachfrage hat keiner gerechnet. Als zum Ende der Wintersaison die Jennerbahn am Königssee eingestellt worden ist, wurden die mehr als 60 Jahre alten Kabinen zu begehrten Objekten. Von den 150 Kabinen der Anfang der 1950er Jahre erbauten Seilbahn wollte man nur drei selbst zu behalten, entschied die der Gemeinde Schönau und dem Landkreis Berchtesgadener Land gehörende Jennerbahn. Der Rest sollte verkauft werden – zum Stückpreis von 500 Euro. „Die Nachfrage war überraschend groß, dass wir per Los entscheiden mussten, wer die Kabinen bekommt,“ erklärt Heike Sieger, die bei der Jennerbahn für das Marketing zuständig ist. Hintergrund: Die nostalgischen Kabinen werden ab Frühjahr 2018 von modernen Zehnerkabinen abgelöst werden, mit denen die Stundenkapazität von rund 500 Personen verdreifacht wird.

Passagiere sitzen um 90 Grad versetzt


„Die alten Geräte, in denen die Passagiere in ungewohnter Weise um 90 Grad versetzt sitzen, fanden Abnehmen unter den Einheimischen genauso wie unter langjährigen Urlaubsgäste“, ergänzt Heike Sieger. Ein Pensionist aus dem Berchtesgadener Land etwa will seine Kabine neu bepolstern und als „Gebirgsstrandkorb“ zuhause aufstellen. Eine Familie aus Hamburg – Stammgäste in Schönau – ergatterten eine Kabine für den heimischen Garten.

Aber auch in der Gastronomie war das Interesse deutlich. Das Berchtesgadener Vier-Serne-Hotel Edelweiss ersteigerte zwei Kabinen, die künftig bei Messen und als Prospektbehälter eingesetzt werden sollen. Ein lokales Outdoor-Onlineportal will die Kabine als nostalgische Dekoration für Fotoshootings verwenden.

Ähnliche Erfahrungen mit der Sehnsucht nach altem Blech machten auch die Zermatter Bergbahnen, wo die Seilbahn Gant-Blauherd erneuert wird und 50 alte Kabinen zur Disposition standen. Innerhalb von fünf Tagen waren die mehr als 40 Jahre alten Kabinen verkauft. 499 Schweizer Franken kostete eine der Kabinen, deren holzgetäfelten Bänke Platz für vier Personen bieten. Abnehmer waren vor allem private Kunden, ein Drittel davon aus dem Ausland. Künftig werden sie vor allem als Gartenhäuschen oder Spielplatz für Kinder eingesetzt werden. Ein Unternehmen nutzt sie als Miniatur-Sitzungszimmer.


In einigen bayerischen Wintersportorten sieht man den nostalgischen Wert alter Seilbahnkabinen etwas anders. In der Bergstation der Brauneckbahn empfängt eine historische Kabine die Besucher. 1957 wurde die Seilbahn mit Viererkabinen eröffnet, die im Jahr 2000 erneuert wurden. Das Exponat in der Bergstation gehört noch zum alten Eisen. In Aschau im Chiemgau begrüßt eine Kabine der Kampenwandbahn die Gäste am Ortseingang. Hier fährt die 60 Jahre alte Seilbahn allerdings immer noch mit den alten Garnituren.

Neue Bahn bis Dezember 2017


Das derzeit spektakulärste Seilbahnprojekt in den bayerischen Alpen ist die neue Eibsee-Seilbahn an der Zugspitze. Dezember 2017 soll die neue Bahn mit knapp 2000 Meter Höhenunterschied und mit einer 130 Meter hohen Stütze, der höchsten ihrer Art in ganz Europa, in Betrieb genommen werden. Die beiden alten Kabinen, die Platz für 44 Passagiere haben, sollen nicht verkauft sondern intern genutzt werden, heißt es bei der Bayerischen-Zugspitzbahn Bergbahn AG, die zu den Gemeindewerken Garmisch-Partenkirchen gehören.

Bis Dezember 2017 soll Deutschlands höchster Berg eine neue Seilbahn bekommen. Ein Unterfangen, dessen Planungsphase allein drei Jahre beanspruchte. Zu den größten Herausforderungen zählen nicht nur die Höhenlage und die Wetterbedingungen auf knapp 3000 Metern über dem Meeresspiegel, sondern auch die exponierte Lage der Baustelle am Berg sowie das Thema Logistik. Denn im Gegensatz zu Baustellen im Tal muss auf der Zugspitze vom Beton bis zum Stahlträger alles just-in-time angeliefert werden, da die Lagermöglichkeiten am Berg nur sehr begrenzt sind.

Dass man auch mit alten Bahngarnituren Geschäft machen kann, das beweist die Wendelsteinbahn in Brannenburg im Inntal seit etlichen Jahren. Die 1912 in Betrieb genommene Zahnradbahn wurde 1991 renoviert. Die alten Zuggarnituren mit ihrer nostalgischen Ausstattung sind immer noch täglich im Einsatz für Sonderfahrten. Die Mondscheinfahrten sind ein absoluter Renner und stets ausgebucht, heißt es bei der Wendelsteinbahn. Dass der alte Zug fast doppelt so lange braucht, spielt bei den Nostalgieausflügen keine Rolle. (Georg Weindl)

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