Kommunales

Roland Sebald (rechts), Kommandant der freiwilligen Feuerwehr in Engelhardsberg, und Vorstand Karl-Heinz Lienhardt vor ihrem mehr als 40 Jahre alten „Blitz“. Mangels neueren Geräts kommt der Oldtimer aber immer noch zum Einsatz. (Foto: Nikolas Pelke)

27.02.2021

Im Museumsauto zum Einsatz

Viele ländliche Feuerwehren besitzen nur noch überalterte Technik

Viele Feuerwehrautos auf den Dörfern kommen in die Jahre. Doch neue Löschfahrzeuge werden immer teurer. Durch die Corona-Krise könnte vielen Gemeinden das Geld für eine zeitgemäße Ausstattung ausgehen. Fachleute aus Politik und Verwaltung warnen vor einem drohenden Investitionsstau und fordern mehr Geld vom Freistaat.

Die Niedermirsberger haben schon eins. Die Engelhardsberger warten noch länger drauf. Und in Schlaifhausen ist es fast schon so weit – so unterschiedlich zeigt sich die Situation in den drei im Landkreis Forchheim gelegenen Kommunen. „Bestellt ist es schon“, freut sich Ernst Messingschlager von der freiwilligen Feuerwehr Schlaifhausen und erzählt, dass das neue Feuerwehrauto sehnsüchtig erwartet wird. „Nach 35 Jahren ist es jetzt langsam auch Zeit geworden“, sagt Messingschlager und lacht.

Noch länger werden die Engelhardsberger warten, deren Löschfahrzeug noch fast fünf Jahre mehr auf dem roten Buckel hat. „Unser Fahrzeug hat mich durch meine gesamte Feuerwehrdienstzeit begleitet“, sagt Roland Sebald, der im Jahr 1983 in die kleine Feuerwehr im beschaulichen Engelhardsberg eingetreten ist. Neulich habe er so etwas wie die Höchststrafe erlebt: Eine Polizistin hätte den alten Ford nach einem Einsatz als „süß“ bezeichnet. Schlimmer geht es wohl wirklich fast nicht mehr.

Kostspielige Sachverständige verdienen sich eine goldene Nase

Alte Liebe rostet nicht? So gut gepflegt die mobilen Schätzchen auch aussehen mögen: Ein Grund zur Freude sind die Oldtimer für die Feuerwehren bei aller Verbundenheit meistens eher nicht. „Unter der Haube steckt veraltete Technik“, sagt Roland Brütting, der sich seit 30 Jahren um die Einsatzfähigkeit und Materialbeschaffung der Feuerwehr bei der Stadt Forchheim kümmert. Aus der Praxis als Kreisbrandmeister kennt Brütting die Diskrepanz zwischen schönen Sonntagsreden und traurigem Ausrüstungszustand besonders auf dem flachen Land, wo viele Wehren mit Museumsfahrzeugen unterwegs seien. Im Notfall müssen auch die kleinsten Wehren im unzeitgemäßesten Fahrzeug dem Bürger schnell und kompetent Hilfe leisten.

Der abwehrende Brandschutz sowie der technische Hilfsdienst durch die gemeindlichen Feuerwehren sind Pflichtaufgaben der Kommunen in Bayern. Doch Investitionen in die Ausrüstung der freiwilligen Feuerwehren sind besonders für kleine Gemeinden mit ihren winzigen Feuerwehren ein Balanceakt zwischen solidem Haushalt und solider Sicherheit. Für die Gemeinden sind die Investitionen kein Pappenstiel. Und werden deshalb offensichtlich möglichst lange hinausgezögert. Allein das neue Löschfahrzeug in Schlaifhausen soll beachtliche 420 000 Euro inklusive Nebenkosten teuer werden.

Damit die Vergaben rechtssicher durchgeführt werden können, müssen oft komplizierte Bedarfspläne aufgestellt und kostspielige Sachverständige hinzugezogen werden. Diese Nebenkosten machen die Fahrzeugbeschaffung noch teurer. „Wir haben 5000 Euro für den Bedarfsplan und 5000 Euro für einen Sachverständigen ausgegeben“, berichtet der auch für Schlaifhausen zuständige Bürgermeister der Marktgemeinde Wiesenthau, Bernd Drummer (Bürgergemeinschaft). Um an den staatlichen Zuschuss in Höhe von etwas über 70 000 Euro zu gelangen, habe Drummer die Nebenkosten „gerne“ bezahlt.

Jahrelange Nullrunden

Drummer ist selber bei der Feuerwehr. Motto: einmal Feuerwehr, immer Feuerwehr. Er weiß, wie wichtig ein neues Fahrzeug nicht nur für den Notfall, sondern auch für die Motivation der ehrenamtlichen Mannschaft ist. Allein in Oberfranken leisten derzeit rund 37 600 Brandbekämpfer in knapp 1200 freiwilligen Feuerwehren ehrenamtlich einen Beitrag für die öffentliche Sicherheit. Über mehr Wertschätzung würden sie sich freuen – um für den Ernstfall gerüstet zu sein, aber auch, um die Aktiven bei Laune zu halten.

„Durch Corona und die einbrechenden Gewerbesteuereinnahmen gerät der bereits bestehende Investitionsstau im Feuerwehrwesen für die kommunalen Sachaufwandsträger zu einer echten Belastungsprobe“, warnt der oberfränkische FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber aus Forchheim und kritisiert generell die Feuerwehr-Finanzierung im Freistaat. In Bayern würde diese nahezu ausschließlich durch den entsprechenden Anteil an der bundesweit erhobenen Feuerschutzsteuer finanziert werden.

Von diesem Geld – im Jahr 2019 seien es rund 90 Millionen Euro gewesen – würden in den einzelnen Gemeinden meist nur „Fördermittel in sehr geringer Höhe ankommen“, moniert Körber und verweist als konkretes Beispiel auf seinen Heimatlandkreis. In Forchheim müssten sich 122 freiwillige Feuerwehren mit insgesamt 4642 Aktiven und rund 200 Feuerwehrfahrzeugen eine Fahrzeug- und Gerätehausförderung in Höhe von „relativ mickrigen“ 300 000 Euro teilen. Im Klartext müssten viele Gemeinden und ihre Feuerwehren jahrelange Nullrunden hinnehmen. „Es reicht nicht mehr aus, nur das Nötigste zu erledigen und mit dem Finger auf die Kommunen zu zeigen. Der Freistaat muss mehr tun und dadurch den vielen Ehrenamtlichen der freiwilligen Feuerwehren ihren verdienten Stellenwert einräumen“, fordert Körber.

Aufwendige Vergaben verteuern zusätzlich

Auch wenn die Oldtimer toll aussehen: Feuerwehrautos sind eben kein Spielzeug, sondern Arbeitsgeräte für Notfälle für die Wehren. Und darauf wollen sie vorbereitet sein. „Wir haben in Schlaifhausen ein Hotel. Da ist es einfach besser, ein Löschfahrzeug mit eigenem Wassertank zu haben“, verteidigt Bürgermeister Drummer die kostspielige Investition in die neue Ausrüstung.

Um Kosten zu sparen, plädiert der Forchheimer FDP-Abgeordnete Körber für interkommunale Sammelbeschaffungen von Fahrzeugen. „Die dadurch eingesparten Mittel können wiederum an anderer Stelle sinnvoll investiert werden“ , findet der Liberale und fordert den Freistaat auf, die Kommunen bei der Finanzierung – „gerade wegen der finanziellen Folgen von Corona für die sowieso schon klammen Kommunen“ – besser zu unterstützen. Trotz der Kraftakte der Kommunen würden Fahrzeuge, Gerätehäuser und Schutzausstattungen vielerorts nicht mehr den Ansprüchen der Zeit genügen, moniert Körber und fürchtet durch die Pandemie eine Verschärfung der Ausstattungsmisere für die Feuerwehren.

Bürgermeister Drummer ist skeptisch, ob mehr „Planwirtschaft“ die Bestellung vereinfachen und die Kommunen finanziell entlasten würde. „Zum Glück geht es uns wirtschaftlich gut genug“, freut sich der Bürgermeister. Neidisch sind die Engelhardsberger deswegen nicht – auch wenn sie weiter warten müssen. „Andere Wehren sind bei der Neubeschaffung einfach noch vor uns dran“, macht sich Roland Sebald, Kommandant der freiwilligen Feuerwehr in Engelhardsberg, keine Illusionen und verweist auf die Historie. „Das kommt einfach aus der Vergangenheit, dass wir hier mit unseren vielen Ortsteilen so viele kleine Feuerwehren und so viele alte Feuerwehrautos haben.“ Roland Sebald und seine Kameraden werden den roten Ford also noch weiter hegen und pflegen müssen. Ehrlich gesagt sind sie zu Recht sogar ein bisschen stolz darauf, dass sie den roten alten „Blitz“ in all den Jahren so gut in Schuss gehalten haben. (Nikolas Pelke)

 

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