Flüchtlingsaktivisten versuchen, die Bezahlkarte mit Umtauschaktionen zu umgehen. Ex-Justizminister Winfried Bausback (CSU) fordert, diese Praxis unter Strafe zu stellen. Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistags, sagt derweil der BSZ: „Sollten sich Fälle häufen, in denen das Bezahlkartensystem bewusst umgangen wird, muss man hier gezielt und schnell nachjustieren, um die bisherige Erfolgsgeschichte der Bezahlkarte fortzuschreiben."
Seit Juni gibt es die Bezahlkarte für Asylbewerber*innen in sämtlichen 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten. Bereits Ende März war eine Pilotphase in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Günzburg und Traunstein sowie der kreisfreien Stadt Straubing gestartet. Der Bayerische Landkreistag zieht nun auf Anfrage der Staatszeitung eine positive Zwischenbilanz. „Wir sind vom bayerischen Bezahlkartensystem für alle Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz überzeugt“, sagt Matthias Rischpler, Direktor des Landkreistags, der Staatszeitung. Bislang seien rund 50 000 Bezahlkarten ausgestellt worden.
Mit der Bezahlkarte können Asylbewerber*innen für den ihnen gesetzlich zustehenden Betrag, der früher bar ausgezahlt wurde, in allen Geschäften, die Mastercard akzeptieren, einkaufen. Bis zu 50 Euro pro Person und Monat können bar abgehoben werden. Mit der Karte soll der Missbrauch von Leistungen und in der Konsequenz auch die Zuwanderung begrenzt werden.
Der Trick mit den Gutscheinen
Bei der weit überwiegenden Zahl der Karten gebe es „keine Auffälligkeiten“, so Rischpler. Er fügt jedoch hinzu: „Vereinzelt werden Versuche unternommen, das System zu umgehen.“ So will etwa eine Münchner Initiative das Bargeldlimit bei der Bezahlkarte umgehen. Und das funktioniert so: Flüchtlinge kaufen mit ihrer Karte in Lebensmittelgeschäften Gutscheine für maximal 50 Euro. Diese Gutscheine können sie dann in mehreren sogenannten Wechselstuben in der Landeshauptstadt in Bargeld umtauschen. Damit haben sie mehr Bargeld zur Verfügung. Die Aktivisten und Unterstützer der Aktion wiederum kaufen dann die Gutscheine und lösen sie im Geschäft ein.
Auch in Nürnberg hat sich eine solche Initiative gebildet. Daran beteiligt sind unter anderem der Bayerische Flüchtlingsrat und antifaschistischen Gruppen aus der Frankenmetropole. „Wir sind solidarisch mit geflüchteten Menschen und stellen uns gegen eine zunehmend autoritäre politische und gesellschaftliche Atmosphäre, die Asylbewerber*innen kriminalisiert und ausgrenzt“, teilt der Bayerische Flüchtlingsrat mit.
Beim Landkreistag hält man von solchen Initiativen wenig. „Die bayerische Bezahlkarte ist ein modernes Zahlungsmittel“, so Rischpler. Sehr viele Geschäfte würden die Karte akzeptieren. Daher reiche auch die Bargeldabhebung von monatlich 50 Euro pro Person im Regelfall aus. Rischpler: „Wo dies aufgrund einzelfallbezogener Sonderumstände nicht der Fall ist, wird eine angemessene Lösung vor Ort gefunden.“ Letztlich diene die Bezahlkarte „ganz klar dem Zweck, nur dem einzelnen Asylbewerber existenzsichernde Leistungen zu gewähren.“ Die Bezahlung von Schleppern oder die Unterstützung von im Ausland lebenden Personen sollten unterbunden werden.
Umtauschaktionen sollten bestraft werden
Teile der CSU schäumen angesichts der Initiativen der Flüchtlinsgaktivisten. Der Arbeitskreis Juristen in der CSU (AKJ) will deren Aktionen verbieten. „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn einzelne Gruppen versuchen, die von Bayern schon flächendeckend eingeführte Bezahlkarte durch Umtauschplattformen und andere Instrumente systematisch zu unterlaufen“, sagt der AKJ-Vorsitzende und frühere bayerische Justizminister Winfried Bausback. Umtauschaktionen müssten unter Strafe gestellt werden. „Dass demokratisch legitimierte und von der Mehrheit getragene Entscheidungen unterlaufen werden, ist nicht akzeptabel“, so Bausback.
Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistags, sagt der BSZ: „Sollten sich Fälle häufen, in denen das Bezahlkartensystem bewusst umgangen wird, muss man hier gezielt und schnell nachjustieren, um die bisherige Erfolgsgeschichte der Bezahlkarte fortzuschreiben.“ Schließlich seien Bezahlkarten „ein wesentlicher Baustein, um Anreize für einen illegalen Zuzug aus dem Ausland zu reduzieren“, findet der Fürstenfeldbrucker Landrat. (Tobias Lill)
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