Coronabedingt fand heuer auch die Verbandstagung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) erstmals rein digital statt. Das Motto des Treffens von Stadtwerke-Chefs, Bürgermeister*innen und Landrät*innen aus ganz Deutschland lautete „Smart, digital und kommunal halten wir Deutschland am Laufen!“. Für Überraschung sorgte eine Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Breitbandausbau betreffend.
In kaum einem Land der Europäischen Union verläuft der Internetausbau so schleppend wie in Deutschland. Eine der Ursachen: Anders als viele andere Mitglieder der EU behandelte die Bundesregierung diesen Bereich bisher nie als Teil der Daseinsvorsorge, sondern überließ ihn rein kommerziellen Anbietern wie Telekom und Vodafone. Anderswo in Europa dagegen verlegt der Staat Glasfaserkabel so wie hierzulande Wasserrohre - egal ob es sich wirtschaftlich rechnet oder nicht. Für die kommerziellen Anbieter dagegen sind viele ländliche, dünn besiedelte Regionen oft nicht lukrativ genug, um auch die dort lebenden Menschen mit schnellem Internet zu versorgen.
Altmaier: "Lege noch eine Schippe drauf"
Doch das könnte sich nun ändern - wenn man dem Grußwort der Kanzlerin an die VKU-Vertreter glauben darf. Zwar äußerste sich die Regierungschefin, wie häufig, eher verschwurbelt und umständlich. Aber die Botschaft versprach, dass künftig eben auch die Kommunen auf eigene Faust Glasfaserkabel verlegen können und der Bund ihnen bei fehlender Wirtschaftlichkeit die Unkosten kompensiert. Laut einer eigenen Umfrage der Stadtwerke hat der Glasfaserausbau für mehr als die Hälfte der Deutschen höchste priorität - was wohl auch den Erfahrunge im Home Office der vergangenen Monate geschuldet sein dürfte.
Das würde auch eine Debatte darüber anfachen, was eigentlich als "schnelles Internet" zu verstehen ist. Für Bayerns Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) sind es bereits 30 MBit/s, sein Kabinettskollege, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), versteht immerhin schon 50 MBit/s darunter - doch Wirtschaftsvertreter meinen, um wirklich vernünftig arbeiten zu können, brauche es 100 MBit/s. Beim VKU findet man: Schnelles Internet auch auf den Land ist unverzichtbar für gleichwertige Lebensverhältnisse - die sich die Staatsregierung ja auf die Fahnen geschrieben hat.
Auch die positiven Signale der Kanzlerin in Richtung Wasserstoff als Energielieferant waren bemerkenswert. Eine "Zukunftstechnologie" sei das. Bisher fokussiert sich die Politik in Deutschland ja vor allem auf den Elektroantrieb. Allerdings setzen bereits mehrere ÖPNV-Betriebe im Freistaat - unter anderem im unterfränkischen Aschaffenburg - auf Wasserstoff als Alternative zu dem teuren, bei niedrigen Außentemperaturen unzuverlässigen und bei genauerer Betrachtung der Herstellungsbedingungen auch nicht unbedingt ökologischen Elektroantrieb.
Zahlreiche Spitzenpolitiker werben im Vorfeld der Bundestagswahl
Gas dagegen bezeichnete die Kanzlerin in ihrem Statement nur als "Brücke" - wohl auch eine Stellungnahme im Zusammenhang mit Nord Stream 2; die daraus resultierende energiepolitische Abhängkeit Deutschlands von Russland wird ja vielerorts beanstandet. Wichtig war es Kanzlerin Merkel in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass Deutschland zwar aktuell 46 Prozent - also nicht so viel unter den angepeilten 50 Prozent - seines Energiebedarfs mit regenerativen Mitteln decke. Aber bei der Versorgung der privaten Haushalte läge die Quote aus fossilen Brennstoffen immer noch bei 80 Prozent.
Dass die Kommunen bei der Energieversorgung künftig mit einer stärkeren finanziellen Unterstützung des Bunds rechnen können, sagte der ebenfalls beim VKU zugeschaltete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu: "Ich würde da noch eine ganze Schippe drauf legen". Wichtig für den Ressortchef: Die EEG-Umlage darf nicht weiter steigen, "die Umlage soll auch auslaufen". Der Unmut darüber, dass sich einge Wenige hierzulande auf dem Rücken von Millionen Stromkunden eine goldene Nase verdienen, scheint wohl angekommen zu sein.
Neben Merkel und Altmaier waren bei der Verbandsversammlung des VKU noch zahlreiche weitere Spitzenpolitiker digital zugegen - unter anderem Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD), seine Parteifreundin, Bundesumweltministerin Svenja Schulze, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet sowie dessen Kolleg*innen Annalena Baerbock (Grüne), Norbert Walter-Borjans (SPD) und Christian Lindner (FDP). Grund ist die Bundestagswahl im Herbst diesen Jahres, bei der auch die durch die Pandemie gerissenen Löcher in den kommunalen Haushalten eine Rolle spielen werden. Die Parteien setzen dabei auf unterschiedliche Konzepte zur Kompensation, die von einem höheren Anteil der Kommunen an der Einkommenssteuer über stärkere Förderungen bis zu Sonderabgaben für sogenannte Besserverdiener reichen. (André Paul)
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