Kommunales

Idyllische Tourismusregion Berchtesgadener Land: Doch hinter den Kulissen der Vermarktungsverbände toben Eifersüchteleien und Ränke. (Foto: dpa/Lino Mirgeler)

19.02.2021

Streit und Trennungen bei den Tourismusverbänden

Im südöstlichen Oberbayern findet man bei der Vermarktung keinen gemeinsamen Nenner

Es war eine ungewöhnliche Entscheidung, und sie sorgte für Diskussionen. Während Fusionen von touristischen Organisationen im Alpenraum zum Standard geworden sind, ging man im Berchtesgadener Land 2018 den umgekehrten Weg. Aus der 2004 gegründeten Berchtesgadener Land Tourismus GmbH (BGLT) – die bis dahin für die gesamte touristische Vermarktung zuständig war –, wurde eine Dachorganisation mit zwei eigenständigen Marken und Destinationen. Während Bad Reichenhall schwerpunktmäßig auf Gesundheitstourismus und Badekultur setzte, stand fortan in Berchtesgaden das Bergerlebnis im Mittelpunkt. Dafür wurden auch zwei eigenständige Geschäftsführer bestellt.

Quasi nebenan hatte man kurz zuvor vergeblich versucht, aus den beiden Tourismusorganisationen im Rosenheimer und Traunsteiner Landkreis eine schlagkräftige Organisation zu schaffen, was vor allem an politischen Befindlichkeiten scheiterte.

Aber auch im Berchtesgadener Land hielt die Harmonie nicht lange. Ende 2019 verließ mit Peter Nagel einer der beiden Geschäftsführer die BGLT, es übernahm die verbliebene Geschäftsführerin Brigitte Schlögl dessen Aufgaben mit.

Knapp ein Jahr später kam es zum nächsten Trennungsschritt. Im September 2020 erklärte die Tourismusregion Berchtesgaden-Königssee TRBK den Ausstieg aus der BGLT – ein ebenso überraschender wie schwerwiegender Vorgang. Immerhin hielt die TRBK 57,5 Prozent an der BGLT. Hintergrund war offensichtlich, dass sich die Gemeinden im Süden des Landkreises nicht ausreichend repräsentiert fanden.

Heterogene Struktur des Angebots erschwert zusätzlich

Erschwerend wirkte hier vor allem die heterogene Struktur des touristischen Angebots im Landkreis. Während die Gemeinden Berchtesgaden, Schönau und Ramsau ganz auf den klassischen alpinen Tourismus setzten, hat Bad Reichenhall als Kurstadt den Gesundheitstourismus im Fokus und die Gemeinden im Norden wie Anger, Piding, Laufen, Freilassing oder Teisendorf weder das eine noch das andere.

Für den frisch gewählten TRBK-Vorsitzenden Bartl Wimmer hat sich die Zwei-Marken-Strategie unter dem Dach der BGLT nicht bewährt. „Es war ein schwieriges Modell – vor allem, weil es nicht einfach ist, kommunalpolitische und touristische Belange getrennt zu behandeln.“ Die Trennung wurde in den Wochen vor Weihnachten rasch vollzogen, am 23. Dezember 2020 kam es zum Notartermin. Die TRBK verkaufte ihre Anteile an der BGLT an die Stadt Bad Reichenhall.

Dass der bisherige Name bleibt, ist unwahrscheinlich

„Die TRBK bleibt ein kommunaler Zweckverband mit den fünf Gemeinden Berchtesgaden, Bischofswiesen, Markt Schellenberg, Schönau und Ramsau. Zu ihrem Aufgabenbereich gehören die Watzmann Therme, AlpenKongress Berchtesgaden, die Kehlsteinbetriebe sowie die Betriebsführung des Dokumentationszentrums Obersalzberg“, heißt es nun amtlich.

 Die verbliebene BGLT vermarktet nun nur noch Bad Reichenhall und die Nachbargemeinde Bayerisch Gmain. Dass es bei dem Namen BGLT bleibt, ist ziemlich unwahrscheinlich. Fest steht für Geschäftsführerin Brigitte Schlögl, dass das Arbeiten künftig einfacher werden wird. „Jetzt haben wir nur eine touristische Marke zu betreuen, haben eine schlankere Organisation, einfachere Abstimmungsprozesse und tun uns leichter bei der Planung und Abstimmung.“

In tourismuspolitischer Hinsicht ist es für sie aber ein Rückschritt. Die Corona-Pandemie hat diesen Umstrukturierungsprozess nicht leichter gemacht. Bei den Gastbetrieben saß der Schock über den plötzlichen vorgezogenen Lockdown noch tief. Gerade als die späte Sommersaison viele Gäste und volle Häuser bescherte, mussten die Urlauber im Oktober von heute auf morgen heimgeschickt werden.

Die Gastgeber blieben auf hohem Personalstand und vollen Lagern sitzen. „Für die Betriebe war das eine wirtschaftliche Katastrophe“, kritisiert Bartl Wimmer, „man hätte ihnen mehr Zeit geben müssen. Außerdem war es falsch, ungetestete Personen in verschiedenste Regionen abreisen zu lassen.“

Lockdown gibt Zeit für Umstrukturierungen

Immerhin hat die aktuell schwierige Situation mit geschlossenen Gastbetrieben und Bergbahnen einen positiven Nebeneffekt. Derzeit können in Ruhe die organisatorischen Umstellungen gemacht werden. „Zudem sind wir intensiv dabei, die Pläne und Projekte 2021 vorzubereiten. Eine erste wirkliche Veranstaltung wird aber erst im Mai stattfinden,“ sagt Schlögl.

Zwischen Bad Reichenhall und der TRBK wird es auch in Zukunft Kooperationen geben. Ungeklärt ist aber noch, wie sich die nördlichen Gemeinden positionieren. Anger und Piding haben sch für eine Zusammenarbeit mit der TRBK entschieden, Saaldorf-Surheim und Teisendorf warten ab und Freilassing und Laufen wollen sich möglicherweise eigenständig vermarkten oder mit dem Chiemgau kooperieren.

Und auch große Bauprojekte stocken: Der neue Hotelkomplex am Königsseeufer befindet sich immer noch in der Planungsphase und wurde inzwischen aufgrund von behördlichen Auflagen von über 500 auf nur noch 300 Betten reduziert. Rund 100 Millionen Euro will der österreichische Unternehmer Martin Harlander – er ist auch Teilhaber der neuen Jennerbahn – hier investieren. (Georg Weindl)

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