Kommunales

Auch in Zeiten digitaler Wahlwerbung ist es wichtig, mit dem Bürger direkt ins Gespräch zu kommen und Flyer zu verteilen. (Foto: dpa)

15.12.2017

Den wahren Gegner erkennen

Ein altgedienter Bürgermeister gibt angehenden Kommunalpolitikern Tipps für den ersten Wahlkampf

Zwar steht im Freistaat erst mal die Landtagswahl 2018 an, aber auch bis zur nächsten Kommunalwahl im Frühjahr 2020 ist es nicht mehr endlos hin. Wer dann neu in einen der gut 2000 Gemeinderäte und 71 Kreistage einziehen möchte, muss sich schon auf den Wahlkampf vorbereiten. Der frühere Bürgermeister Rudolf Zehentner (CSU) hat da ein paar Ideen.

Unter dem Motto „Der Umgang mit dem politischen Gegner in der Kommune“ gab der langjährige Rathauschef der Gemeinde Stephanskirchen im Landkreis Rosenheim jetzt bei einer Veranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung Hinweise für den Nachwuchs.

Für den altgedienten Christsozialen Zehentner sind die „Gegner“ aber nicht in erster Linie die politischen Mitbewerber von SPD, Grünen oder Freien Wählern. Die „neuen Gegner“ – und zwar parteiübergreifend – das seien inzwischen eher „die Wutbürger, die Verfechter des Status quo, die Populisten, die Unfähigen und die Intoleranten“.

Der schlimmste Gegner des Engagierten sei aber der Kollege ohne eigenen Qualitätsanspruch, der nur im Rat sitze, weil er beliebt im Ort ist und dort primär eine ruhige Kugel schieben möchte ohne irgendwem weh zu tun. Wobei die Grenzen von Populisten jeder Couleur zu demokratisch notwendigen Bürgerinitiativen natürlich fließend seien.

Demagogen-Strategie: Schlichte Gefühlssprache für komplexe Zusammenhänge

Erkennen könne man Demagogen auch in der Kommunalpolitik vor allem an einer bewusst schlichten Gefühlssprache, die komplexe Zusammenhänge gern ignoriere. „Stellen Sie dann die Fakten dagegen, entlarven sie die vermeintlich einfachen Lösungen“, riet er seinen Zuhörern. Freilich gelte immer: „Der Konflikt ist in einer Demokratie – und damit auch in der Kommunalpolitik – der Normalfall. Und gute Politik ist dann vor allem vorausschauendes Konfliktmanagement.“

Dass tatsächlich jede Entscheidung – selbst die vermeintlich einfache reine Verwaltungssache – Konflikte birgt, erläuterte Rudolf Zehentner an einem einfachen Beispiel: „Beim Friedhof können Sie festlegen, ob die Kreuze eher eisern oder steinern sein sollen, ob es einen angeschlossenen Friedwald gibt oder nur das klassische Gräberfeld. Und das kann für manche Menschen – aus religiösen oder ethischen Gründen – sehr schnell ideologisch werden und schon haben sie ihren Konflikt.“

Und die Leute würden anspruchsvoller. „Wenn der Bürger weiß, dass Geld da ist, dann wächst auch die Erwartungshaltung“, hat Rudolf Zehentner in seiner langjährigen kommunalpolitischen Erfahrung beobachtet. Das Wohl der Gemeinde stehe immer seltener über dem persönlichen Bedürfnis.

Höhere Anforderungen  und mehr Anfeindungen

Aufgrund der Anforderungen und auch der zunehmenden Anfeindungen müsse ein künftiger Gemeinderat physisch und psychisch belastbar sein, ein gewisses rhetorisches Talent mitbringen, ökonomische Grundkenntnisse besitze und „auch über ein gerüttelt Maß an Altruismus verfügen“. Und im Mittelpunkt stehe trotz allem die trockene Verwaltungsarbeit: „Denn es gibt Bürgermeister, die kommen vor lauter Repräsentieren nicht mehr zum Aktenlesen. Bei denen heißt es dann immer: „Das macht der Geschäftsleiter.“

Als wichtige Strategien für angehende Kommunalpolitiker benannte der Alt-Bürgermeister: ein unverwechselbares persönliches Profil erarbeiten, Netzwerke im Ort bilden, externen Sachverstand akzeptieren. Zu analysieren gelte es die Schwachstellen des Gegners – als da wären seine intellektuellen und programmatischen Defizite, seine mögliche Führungsschwäche, Inkonsequenzen und handwerkliche Fehler.

„Es gibt Kampfkommunen – in denen wird tatsächlich um die Kommunalpolitik gestritten und die Bürger wollen das auch so – und es gibt solche, wo tatsächlich alles im Konsens gelöst wird“, erläuterte der Referent. Aber auch Attacken gelte es „sparsam und gezielt“ einzusetzen. „Bitte keine Schlammschlacht, man muss anschließend ja weiter zusammenarbeiten können.“

Beim Programm ist weniger meistens mehr

Beim Programm riet Zehentner zur Devise „weniger ist mehr“. Wahlkämpfer sollten mit klaren Beispielen arbeiten und sich mit Dossiers möglichst gut vorbereiten. „Optimal ist es, wenn Sie beispielsweise in einer Sitzung sagen können, dass sich der Bürgermeister am 4. Mai 2016 aber ganz anders zu der geplanten Umgehungsstraße positioniert hat und ihm so einen Widerspruch nachweisen.

Auch wichtig: Bündnispartner gewinnen. „Das können diverse Antragsteller und Abgewiesene sein, Betroffene von Entscheidungen der Verwaltung, die Gegner des Gegners, Fachleute und die schweigende Mehrheit.“ Freilich dürfe man all diesen Leuten keine Versprechungen machen, die sich dann später nur sehr schwer umsetzen ließen. „Seien Sie immer rechtstreu, sachlich und intellektuell ganzheitlich.“ (André Paul)

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