Sind traditionelle Rettungsdienstanbieter bald weg vom Fenster? Diese Angst geht um, denn private Unternehmen drängen verstärkt auf den Markt. Neun Firmen sind derzeit in der Landesvereinigung der privaten Rettungsdienste in Bayern organisiert. Mit dem Verein MHW Deutschland sowie der MKT Krankentransport OHG tummeln sich allein zwei in München. Auch in Kempten, Memmingen, Flinsbach am Inn, Augsburg, Grundremmingen, Münchberg und Regensburg sind Private inzwischen eifrig zugange.
Dass Privatunternehmen etablierten Hilfsorganisationen den Markt streitig machen, wird von den kommunalen Rettungszweckverbänden mit großer Sorge gesehen. „Dies verschärft den Wettbewerb und kann den Preis für die angebotenen Leistungen bei Auswahlverfahren beeinflussen“, sagt Roland Dollmeier. Als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in Bayern ist er bestrebt, den Beruf des Rettungsassistenten und den des Rettungssanitäters attraktiv zu halten. Verschärfte Konkurrenz könne zu Einsparungen bei den Personalkosten führen, warnt Dollmeier: „Auf längere Sicht könnten Nachwuchsprobleme die Folge sein.“
In Bayern muss die Rettungsdienstleistung momentan noch nicht ausgeschrieben werden. Die Rettungszweckverbände, in denen mehrere Kommunen zusammengeschlossen sind, übertragen die Durchführung des Rettungsdienstes dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz gemäß nach einem Auswahlverfahren. Durch öffentlich-rechtlichen Vertrag können Hilfsorganisationen oder private Leistungserbringer verpflichtet werden. Dollmeier begrüßt, dass der Rettungsdienst noch nicht den strengen Vorgaben des Vergaberechts unterliegt: „Aus unserer Sicht wäre eine Gleichstellung mit anderen Dienstleistungen im Beschaffungswesen nicht sachgerecht.“ Es könne nicht sein, dass derjenige den Auftrag bekommt, der am günstigsten offeriert. „Die Leistungsfähigkeit muss mitbewertet werden“, betont der Geschäftsführer der bayernweiten Arbeitsgemeinschaft.
Bestandteil der Daseinsvorsorge
So ist für einen Zweckverband wichtig, ob die Rettungsdienstleistung dauerhaft einwandfrei und zuverlässig erbracht werden kann. Das Europarecht sei mit dem System des Bevölkerungsschutzes in Deutschland in Einklang gebracht worden, erläutert Knut Fleckenstein (SPD), Bundesvorsitzender des Arbeiter-Samariterbunds und Mitglied des Europaparlaments. Durch die Ausnahmeregelung in den Richtlinien für den Rettungsdienst, die das Europaparlament heuer am 15. Januar verabschiedete, wird der Rettungsdienst als wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge in Deutschland anerkannt. Besonders berücksichtigt werde die enge Verzahnung des Rettungsdienstes mit dem Zivil- und Katastrophenschutz sowie den Einheiten, die bei einer Großschadenslage – auch durch Freiwillige – zum Einsatz kommen.
Dass „der Ruf privater Rettungsdienstfirmen immer wieder untergraben wird, zum Beispiel durch die pauschale Unterstellung niedriger Entlohnung“, empört Andreas Wolf. Als Sprecher der Interessensgemeinschaft Privater Rettungsdienst im Nachbarland Baden-Württemberg und Betreiber eines Rettungsdienstes in Karlsruhe kennt er die deutschlandweite private Rettungsdienstszene sehr gut. Dass Firmen das Lohnniveau im Rettungsdienst drücken würden, ist nach seinen Worten „völliger Quatsch“. Dafür hat er ein nachvollziehbares und sachliches Argument: „Der Arbeitsmarkt im Rettungsdienst ist inzwischen extrem angespannt.“ Es gebe heute ähnlich große Personalprobleme wie in der Pflegebranche. „Wir würden mit Dumpinglöhnen kein Personal bekommen“, erklärt Wolf.
Die Suche nach Fachkräften steht derzeit tatsächlich auf der Agenda vieler Organisationen und Einrichtungen. Dies zeigt ein Blick in Jobbörsen: Etliche Rettungssanitäter und Rettungsassistenten werden aktuell gesucht. Etwa vom Münchner Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes oder von der Rettungsdienst GmbH des Arbeiter-Samariter-Bundes in München.
Ausgliederung in GmbH's
Doch dass der ASB seinen Rettungsdienst in eine GmbH ausgegliedert hat, verwundert. Und er ist dabei keine Ausnahme. In Würzburg etwa gibt es die Malteser Rettungsdienst gemeinnützige GmbH. Auch das Rote Kreuz gründete inzwischen einige GmbHs – etwa in der Eifel. Dadurch wurden die Grenzen längst fließend zwischen privaten Firmen und gemeinnützigen Hilfsorganisationen – kein Wunder, stehen doch alle unter dem gleichen wirtschaftlichen Druck.
Dass die finanziellen Daumenschrauben so eng angezogen werden, stößt beim Roten Kreuz auf Empörung. „Wir kritisieren, dass die Leistungen des Rettungsdienstes zunehmend nur noch nach dem Preis bewertet werden“, schimpft der neue BRK-Präsident Theo Zellner. Als große Hilfsorganisation würde das Rote Kreuz ehrenamtlich „unzählige zusätzliche Leistungen“ erbringen, die bei den Auswahlverfahren anerkannt werden müssten.
Dass sich Zweckverbände inzwischen aus einem großen Pool aussuchen können, mit wem sie zusammenarbeiten wollen, hat man in Augsburg als Vorteil erkannt. Laut Ursula Christ, Geschäftsleiterin des Augsburger Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung, arbeiten in der Augsburger Landrettung aktuell fünf Firmen und Organisationen zusammen. Neben dem BRK, der Johanniter Unfall Hilfe und dem Malteser Hilfsdienst sind dies die Firmen MKT Krankentransport Schmitt / Obermeier OHG und die Bäuerle & Co. Ambulanz OHG. Die Stadt Augsburg betreibt die Integrierte Leitstelle. Die Kooperation aller verlaufe „sehr harmonisch“.
(Pat Christ)
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