Kommunales

Die Deutschen werden bald wieder offiziell gezählt, um die 80 Millionen sollen es wohl sein. (Foto: dpa)

15.11.2018

Die Angst vor der Volkszählung

2021 ist es wieder soweit – beim letzten Zensus 2011 gab es viel Ärger

Bald werden die Deutschen wieder gezählt, bundesweit. Im Freistaat weiß man so ziemlich genau, wie viele Menschen es zwischen Aschaffenburg und Passau gibt: Zum Stichtag 31. Dezember 2017 lebten laut Aussage des Landesamts für Statistik in Fürth exakt 12.997.204 Einwohner in Bayern.

Aber bis zum Jahr 2021 kann sich das natürlich wieder ändern, findet die Bundesregierung, die es gern exakt für das gesamte Bundesgebiet hätte. Gut 80 Millionen werden es wohl auf jeden Fall sein nach dem starken Flüchtlingszuzug und den geburtenstarken Jahrgängen der vergangenen Jahre. Deshalb soll dann erneut eine bundesweite Volkszählung stattfinden. Und nicht nur bei uns, sondern auch in allen anderen Ländern, die Mitglied der Europäischen Union sind.

Seit 2011 alle zehn Jahre EU-weit vorgeschrieben


Grund: Außer in Nordamerika wächst überall in der Welt die Bevölkerung – teilweise dramatisch wie in Afrika und Indien, mitunter moderat wie in China und Lateinamerika – aber generell geht der Pfeil nach oben, sodass die Damen und Herren in Brüssel gern wissen möchten, wie stark der Sehnsuchtsort des Rests der Welt quantitativ noch ist.

Seit dem Jahr 2011 findet dieser EU-weite Zensus alle zehn Jahre statt. Abgefragt werden Name, Adresse, Geburtsdatum, Geschlecht, die Nationalität, die Religionszugehörigkeit, der höchste Bildungsabschluss und ob man ledig, verheiratet oder geschieden ist. In zehn Prozent der Fälle werden die Daten persönlich von den kommunalen Einwohner- Meldeämtern in den Haushalten abgefragt. Da muss man dann auch offen und ehrlich Auskunft geben; wer sich verweigert, kann mit einem Bußgeld belegt werden. Immerhin: Die Meldeämter agieren diskret, es werden keine Daten an die Finanz- oder Sozialämter weitergereicht.

In den meisten anderen EU-Ländern geht das Schätzen ziemlich reibungslos über die Bühne. Die Deutschen aber – sie werden seit dem Jahr der Reichsgründung 1871 immer wieder mal geschätzt – sind gegenüber diesem Verfahren ziemlich skeptisch. Bei Volkszählungen fühlt sich das Volk mitunter von seiner Obrigkeit ausgespäht. Gegen die für das Jahr 1983 geplante Volkszählung beispielsweise machten einst tausende Bundesbürger mobil vor dem Bundesverfassungsgericht. Folge: Die Zählung verschob sich bis ins Jahr 1987; erst dann waren die Richter zu dem Urteil gekommen, dass die Volkszählung rechtens und mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Um sich abzusichern, bereitet der Bund nun alles juristisch ziemlich detailliert vor. Kürzlich wurde vom Bundestag zunächst erst mal ein Zensusvorbereitungsgesetz beschlossen. „Die Einzelheiten des Vorgangs wiederum werden Teil eines noch vom Parlament zu beschließenden Zensusanordnungsgesetz“, erklärt Gunnar Loibl vom Landesamt für Statistik, das bei der Durchführung im Freistaat den Hut aufhaben wird. Derzeit sei man in seiner Behörde mit den organisatorischen Vorbereitungen des Zensus befasst, es werde unter anderem ein sogenanntes „Stichproben-Design“ erstellt.

BVG: Meldeämter sollen besser werden


Abzuwarten bleibt freilich, ob am Ende alles reibungslos verlaufen wird. Nach dem Zensus des Jahres 2011 gab es nämlich massiven Unmut unter den Kommunen des Freistaats. Rund 50 von ihnen – es handelte sich dabei vor allem um größere Mittelstädte – sahen sich mit einer offiziell zum Teil deutlich niedrigeren Einwohnerzahl belegt (was meist deutlich niedrigere finanzielle Schlüsselzuweisungen zur Folge hat), als die eigenen amtlichen Zahlen hergaben. Nach dem Prinzip „Ober sticht Unter“ mussten die Kommunen zunächst die Zahlen des statistischen Bundesamts akzeptieren; zogen dann vors Bundesverfassungsgericht.

Sieben Jahre dauerte es, bis Karlsruhe dieser Tage ein Urteil erließ. Darin sei die Rechtmäßigkeit des Zensus bestätigt worden, erläutert Gunnar Loibl, in dessen Haus man mit Spannung auf den Spruch der Richter gewartet hatte. Beim nächsten Zensus müssen freilich das bayerische Amt und auch die 15 anderen Landesämter sich stärker dem Bundesamt für Statistik unterordnen. Die im Jahr 2011 gemeldeten Zahlen waren nämlich nicht immer nach exakt vergleichbaren Methoden erhoben worden. Darüber hinaus, mahnten die Richter, sollten die kommunalen Meldeämter ihre Arbeit optimieren, damit künftig „die Einwohnerzahlen ohne statistische Korrekturen direkt aus den Registerbeständen abzuleiten“ seien.
(André Paul)

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