Kommunales

Der gebürtige Münchner Alexander Gruber betreibt in der Nürnberger Südstadt ein außergewöhnliches Modegeschäft. (Foto: Schweinfurth)

08.08.2025

Modehändler klagt: "Die Innenstädte lassen sich nicht mehr beleben"

Alexander Gruber, Betreiber eines Modegeschäfts in Nürnberg, über Innenstädte, Onlinehandel, Massenware und Ladensterben

Seit Jahren kämpfen die Städte darum, ihre Zentren attraktiv zu gestalten. Doch der massiv von der Online-Konkurrenz bedrohte Einzelhandel hat es immer schwerer. Da helfen auch ausgeklügelte Konzepte der Kommunen wenig.

BSZ: Herr Gruber, Sie haben jahrzehntelang als Handelsvertreter in der Textilbranche in halb Deutschland und für international agierende Firmen gearbeitet. Jetzt betreiben Sie ein Modegeschäft in Nürnberg. Immer wieder vertreten Sie die These, dass die Innenstädte tot sind.
Alexander Gruber: Die Innenstädte lassen sich nicht mehr beleben.

BSZ: Warum?
Gruber: Weil der Zugang zur Innenstadt beschissen ist, also Parkplätze fehlen. Das Sortiment austauschbar ist und die wenigen verbliebenen Geschäfte ihr Heil im Hochpreisigen suchen.

BSZ: Was heißt das konkret?
Gruber: Die Kommunen wollen verständlicherweise den Verkehr in den Zentren reduzieren. Doch das klappt nur, wenn genügend und vor allem bezahlbarer Parkraum zur Verfügung steht, oder der ÖPNV gut funktioniert und erschwinglich ist. Wer zwei riesige Einkaufstüten trägt, will diese gleich ins Auto packen und nicht kilometerweit bis zur U-Bahn schleppen. Und wer mit dem Lastenradl kommt, geht kaum shoppen. Hinzu kommt, dass sich die Geschäfte in allen Innenstädten gleichen. Modeketten dominieren. Das Außergewöhnliche und Individuelle, das für jeden bezahlbar ist, so wie das einmal war, fehlt. Wenn es etwas extravagant sein soll, kostet das viel Geld. Bei diesen Geschäften zählt nur ein möglichst hoher Bon.

BSZ: Was hat das zur Folge?
Gruber: Dass die Leute sich zuhause an den PC setzen und noch mehr online einkaufen. Das geht wiederum zulasten der Innenstädte.

BSZ: Also ein Teufelskreislauf.
Gruber: Ja, den niemand bereit ist, zu durchbrechen. Dabei wäre es so einfach.

BSZ: Wie?
Gruber: Man müsste das Rabattgesetz, das bis 25. Juli 2001 galt, reaktivieren. Das hat die Preisstabilität gewährleistet, die Glaubwürdigkeit erhalten und den Einzelhandel geschützt,.

BSZ: Aber doch nicht vor der Online-Billigflut aus China.
Gruber: Sicher nicht. Aber es würde dem Einzelhandel ermöglichen, wieder bunter und damit interessanter zu werden. Wer kauft denn schon gerne in den Modeketten Massenware ein?

BSZ: Welche Hebel müssten die Kommunen betätigen, damit die Innenstädte wieder aufblühen?
Gruber: Die Einzelhändler fördern und die Ketten schröpfen. Das wäre über eine differenzierte Gewerbesteuer möglich. Auch bei Grundsteuern könnte man den Einzelhändlern, die noch über eine eigene Immobilie in der Innenstadt verfügen, in der sich ihr Laden befindet, entgegenkommen.

BSZ: Was halten Sie von den Ideen der Kommunen zur Innenstadtbelebung, wie Events, Kunst im öffentlichen Raum, Aufenthaltsqualität stärken via Bäume, Bänke, Brunnen, Spielplätze und Toiletten?
Gruber: Das ist ja alles ganz nett, aber außer der Gastronomie profitiert kaum einer davon. Denn wie gesagt, es dominieren die Ketten. Das bringt dem Einzelhandel kaum Umsatz. Und ohne diesen sterben die Geschäfte und damit die Innenstädte.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

(DEPOT50 von Alexander Gruber auf dem Nürbanum-Gelände, Allersberger Str. 185, Haus O, 2. Stock; Tel.: 0172/8216422)

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