Kommunales

Ob sich in diesem Sack tatsächlich nur Müll befindet, der auch in die Tonne gehört? Wenn nicht, muss er von Hand mühsam wieder aussortiert werden – was die Gebühren für alle Bürger nach oben treibt. (Foto: dpa)

27.04.2018

Die Müll-Polizei soll’s richten

Weil es noch immer zu viele Bürger nicht genau nehmen mit der Abfall-Trennung, setzen einige Kommunen Kontrolleure ein

Auch wenn die Deutschen Weltmeister im Müll trennen sind – immer und überall klappt es noch nicht. Da landet dann schon mal die Plastikflasche in der Biotonne. Im Amtsdeutsch spricht man dann von „Fehlwürfen“ (seitens der Bürger) und „Störstoffen“ (aus Sicht der Entsorger). Doch bei diesem Thema verstehen immer weniger Kreise und kreisfreie Städte keinen Spaß mehr.

Auf Streife unterwegs sind sie beispielsweise bereits im Landkreis Cham und im Landkreis Günzburg. In Augsburg werden die Mülltonnen gar mit elektronischen Chips versehen. Und wer beim Fehlwurf von Störstoffen erwischt wird, der muss ein Bußgeld zahlen. Geregelt ist das im Umwelt-Bußgeldkatalog 2018 und der sieht für Bayern vor, dass zum Beispiel die unsachgemäße Entsorgung von „unbedeutenden Produkten“ wie Pappbecher, Bananenschalen oder der Inhalt eines Aschenbechers mit 20 Euro geahndet wird. In Brandenburg kostet das gleiche Umweltdelikt übrigens nur 15 Euro, in Hamburg immerhin 35 bis 70 Euro.

Richtig teuer wird es, wenn man seinen alten Kühlschrank in die Landschaft stellt (bis zu 500 Euro) oder wenn man Bauschutt über fünf Kubikmeter ablagert (bis zu 2500 Euro). Und auch, wer den Müll in die falsche Tonne wirft, wird zur Kasse gebeten. So hat der Landkreis Cham allein im vergangenen Vierteljahr ein Bußgeld von insgesamt 3000 Euro verhängt. Die Spannbreite reicht dabei von einem Verwarnungsgeld von 25 Euro bis zu 75 Euro Bußgeld, berichtet Heinrich Helmberger, der Sachgebietsleiter für Abfallwirtschaft im Landratsamt.

Eine der Müllkontrolleure ist Andrea Aschenbrenner und wenn sie auf ihrer Tour – etwa durch das Dorf Niederrunding – so genannte Wertstoffe in der Biotonne findet, dann tritt sie als Müll-Polizistin in Aktion. Hintergrund ist, dass viele Stoffe in der Müllverbrennung landen, die eigentlich aussortiert gehören. Das treibt die Kosten für die rund 45 000 Haushalte im Landkreis Cham in die Höhe.

Mühsam per Hand wieder herausholen

In der Tat sind die Fehlwürfe von Störstoffen ein Problem, die Münchner Abfallwirtschaft kann ein Lied davon singen. Obwohl die bayerische Landeshauptstadt statistisch gesehen auch die Hauptstadt der Mülltrenner ist, landen noch immer zu viel Wertstoffe in den schwarzen Restmülltonnen. Genauer gesagt zu 70 Prozent. Darunter sind vor allem auch Biostoffe, die man kompostieren und zu Gartenerde umwandeln könnte – und Papier: 30 000 Tonnen landen jedes Jahr im Restmüll und damit in der Müllverbrennungsanlage.

Im Landkreis Günzburg zahlt man pro Jahr für die Entsorgung der Biotonnen 740 000 Euro. Aber im Biomüll finden sich immer wieder auch Plastiktüten oder sogar Batterien, beklagt Anton Fink, Werkleiter des Kreisabfallwirtschaftsbetriebs. Und diese Störstoffe müssen dann mit der Hand und unter großem Aufwand aus dem Biomüll entfernt werden – was hohe Kosten verursacht und schließlich zur Erhöhung der Müllgebühren für die Haushalte führt.

Damit dem ein Riegel vorgeschoben und die Bürger zur richtigen Mülltrennung erzogen werden, setzt der Landkreis künftig auf Kontrolleure. Sowohl die Mitarbeiter des vom Landkreis beauftragten Entsorgungsunternehmens als auch eigene Mitarbeiter sollen künftig einen Blick in die Tonnen der Bürger werfen. In Augsburg wiederum wird künftig jede Tonne mit einem Chip versehen, über die 16-stellige Nummer weiß der Bordcomputer im Müllfahrzeug, ob die Tonne zur Entleerung angemeldet wurde. Illegalem Müll wird so ein Riegel beziehungsweise ein Chip vorgeschoben.

Verwirrend: Ein Pizzakarton aus Pappe ist kein Papier-, sondern Restmüll

Die Müll-Materie an sich ist allerdings nicht ganz unkompliziert. Etwa bei der Papiertonne. Denn Pizzakartons und andere Verpackungen mit Speiseresten zum Beispiel gehören nicht in den Papier-, sondern den Restmüll. Das gleiche gilt für verschmutzte Servietten und Pappteller sowie Backpapier. Thema Biotonne: Nicht hinein gehören Q-Tips, Windeln, Watte und andere Hygiene-Abfälle aus dem Bad, Kleintierstreu (Katzenstreu, Vogelsand), Straßenkehricht und natürlich auch nicht Plastik, Metalle, Asche, Batterien oder Dosen. Denn diese Abfälle sind nicht kompostierbar oder beeinträchtigen die Kompostqualität. Wer sich in Sachen Mülltrennung schlau machen will, ist bei den örtlichen Abfallberatungsstellen der Städte und Landkreise gut aufgehoben.

Müll-Polizisten gibt es übrigens auch im Nachbarland Österreich. In Wien hat man vor gut zehn Jahren eine Müll-Polizei ins Leben gerufen, der Stein des Anstoßes dafür waren die Hundehaufen, die sich auf den Bürgersteigen breit machten. Heute nimmt die Stadt jedes Jahr an die 250 000 Euro an Bußgelder ein, vor allem für nicht weggeräumten Tierkot und weggeworfene Zigarettenkippen – 36 Euro kostet jedes Vergehen. Mittlerweile gilt Wien – nicht zuletzt wegen der 50 Müll-Sheriffs – als eine der saubersten Städte Europas. Sprachlich aber hapert es dort noch mit der Müll-Trennung. Während der an Herrchen und Frauchen gerichtete Spruch auf dem Plastiksack-Spender für das Entsorgen von Hundekot mit „Nimm ein Sackerl für mein Gackerl“ noch ganz wienerisch daherkommt, lautet die offizielle Bezeichnung der Müllpolizisten „Waste Watcher“ – so zumindest steht es auf ihren Uniformen. (Rudolf Stumberger)

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