Kommunales

Ein im Herbst 2018 in Berlin fotografiertes Schild weist auf Giftköder für Ratten und Mäuse hin. Kinder und Haustiere seien von der Stelle „fernzuhalten“, ist zu lesen. (Foto dpa/Wolfram Steinberg)

15.02.2019

Ein alter Schrecken kehrt zurück

Eine Vielzahl bayerischer Städte wird von einer Rattenplage heimgesucht

Das Wetter wird wieder wärmer, der Schnee taut – und viele bayerische Kommunen kämpfen mit einer Rattenplage. Ein Weibchen kann in zwölf Wochen etwa 100 Junge bekommen. Weil die Tiere gefährliche Krankheiten übertragen können, sind die Städte gefordert zu handeln.

Beispiel Würzburg: Mit speziellen Köderboxen versucht die Stadt der Plage im Ringpark Herr zu werden. Gartenamtsleiter Helge Grob hat deshalb eine Nürnberger Schädlingsbekämpfungsfirma beauftragt, die Plage einzudämmen. „Natürlich kenne ich Ratten, die nachts mal über den Platz huschen. Aber dieses massive Auftreten tagsüber ist für mich auch ein ungewöhnlicher Anblick, so Grob im Bayerischen Rundfunk.

An vielen Stellen im Gebüsch stehen Köderboxen, die mit Erdnägeln im Boden verankert sind. Die Köder enthalten einen gerinnungshemmenden Stoff und führen dazu, dass die Ratten innerlich verbluten.

Doch nicht alle Würzburger finden das gut. So werden die Ratten von einigen sogar gefüttert. Außerdem wurden Köderboxen zerstört und mit Bauschaum gefüllt, berichten die Schädlingsbekämpfer und das städtische Gartenamt.

Doch warum ist die Plage derzeit so dramatisch? Zum einen werfen viele Passanten ihr Essen achtlos ins Gebüsch, zum anderen gibt es wegen des sogenannten Mastjahrs ungewöhnlich viele Nüsse. Gartenamtsleiter Helge Grob appelliert deshalb an die Würzburger, ihre Gelben Säcke gut zu verschnüren und erst am Morgen der Abholung vor die Tür zu stellen.

Auch in Garmisch-Partenkirchen fühlen sich Ratten pudelwohl. Über Monate hinweg wurden sie bejagt – ohne größeren Erfolg. Jetzt kommen neue Methoden zur Anwendung. Hier sind die Nager vor allem im Bereich der Chamonixstraße, der Partnachbrücke und am Bahndamm bei der Von-Brug-Straße.

In München ist vor allem der Flaucher betroffen

Zunächst haben Mitarbeiter des Bauhofs den Grünstreifen an der Von-Brug-Straße gemäht. Auch die Bahn beteiligt sich. Der Bahndamm war mit der Zeit völlig zugewuchert – eine Wonne für die Ratten. Jetzt wird wieder einmal im Jahr gemäht.

Eklige Mitfahrer gab es zuletzt in mehreren Regensburger Stadtbussen. Dort stießen Fahrgäste zuletzt sogar mal auf ein Rattenweibchen mit 14 Jungen. Mutmaßlich hätten die Tiere als Futter für Schlangen dienen sollen, waren von ihrem Besitzer aber ausgesetzt worden.

In München ist vor allem der Flaucher eine verseuchte Gegend. Wer in den Isarauen spazieren geht, braucht gar nicht erst zu suchen. Alle paar Meter sieht man die rechteckigen, langen Metallröhren – gefüllt mit Giftködern für die Nagetiere. Neben ein paar Rattenfallen hängen rote Zettel: „Vorsicht! Rattenbekämpfung – Kinder und Haustiere fernhalten!“

Doch wie schlimm ist es mit dem Rattenbefall insgesamt in den Kommunen bestellt? Die Statistiken der einzelnen Städte sind mit Vorsicht zu genießen. Wenn Bürger Ratten auf ihren Grundstücken entdecken, stellen sie Fallen auf oder rufen den Kammerjäger, nicht jeder Befall wird also gemeldet.

Nur Ratten an öffentlichen Orten und auf verlassenen Grundstücken sowie Fälle, in denen Anwohner sich beschweren, weil ihre Nachbarn nichts gegen einen Rattenbefall unternehmen, gehen in die Statistik ein. Die Dunkelziffer ist hoch.

Wird ein Befall gemeldet, überprüft man zunächst, ob dort auch wirklich Nager sind. Dann kommt das nächste Problem: Wer ist für die Ratten zuständig? Handelt es sich um ein Privatgrundstück, wird der Eigentümer aufgefordert etwas zu tun. Macht er nichts, beauftragt die Stadt Kammerjäger und stellt es dem Eigentümer in Rechnung. Für Ufer und Kanalisation ist die Stadtentwässerung, für Parks das Grünflächenamt zuständig. An Bahnhöfen ist die Deutsche Bahn zuständig.

Die Wirksamkeit und Auswirkungen von Rattengiften prüft das Umweltbundesamt regelmäßig. Die sogenannten Rodentizide sind immer nur für fünf Jahre zugelassen, weil man hofft, andere, weniger umweltschädliche Gifte zu finden. Denn Rattengifte bauen sich schlecht in der Umwelt ab und reichern sich in anderen Lebewesen an. Inzwischen findet man auch in deutschen Flüssen Spuren von Rodentiziden.

Trotzdem sind die Mittel im vergangenen Jahr wieder für fünf Jahre zugelassen worden. Es ist nämlich gar nicht so einfach, ein neues Gift zu finden, das gut bei Ratten ankommt. Ratten sind sehr vorsichtige Tiere, sie fressen nicht einfach alles, was sie finden.

Erst warten die Nager ab, bis ein junger, unvorsichtiger Artgenosse etwas probiert hat. Dann wagen sie sich selbst an das neue Futter. Wenn das Gift das Tier sofort umbringt, schreckt das die anderen ab und sie fressen den Köder nicht mehr. Rodentizide dagegen wirken zeitversetzt, die Ratten sterben daran erst nach etwa fünf Tagen. (André Paul)

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