Kommunales

Restauratorin Svenja Kampe vom Landesamt für Denkmalpflege bei der Arbeit am Mikroskop. (Foto: Paul)

04.07.2017

Ein archäologischer "Jahrhundertfund"

Vor einem Jahr entdeckten Bauarbeiter bei Pförring ein reich ausgestattetes Grab aus dem 5. Jahrhundert - nun wurden erste Forschungsergebnisse präsentiert

„Fast ein Jahrhundertfund“ – so nennen die Archäologen das im Sommer 2016 in Pförring bei Eichstätt entdeckte Grab aus dem 5. Jahrhundert. Über erste Ergebnisse ihrer Untersuchung informierten die Wissenschaftler gestern im Landesamt für Denkmalpflege in München. „Der Bagger war gerade beim Straßenbau für das neue Wohngebiet“, erinnert sich Bürgermeister Bernhard Sammiller (CSU), „da schaut da dieser Schädel raus.“ Die herbeigeeilten Wissenschaftler vom Landesamt für Denkmalpflege trauten ihren Augen kaum: Ein reich ausgestattetes Kammergrab trat zutage. Bestattet worden war darin eine erwachsene, vergleichsweise junge Frau – 400 bis 450 Jahre n. Chr., also etwa zur Zeit der Völkerwanderung! „Sie war etwa 1,70 Meter – für die damalige Zeit also groß“, erläutert Hubert Fehr, stellvertretender Referatsleiter für Bodendenkmalpflege in Oberbayern. Um ihn herum im Landesamt in München liegen die Fundstücke. Die Tote, es handelt sich allem Anschein nach um eine Angehörige der Oberschicht, wurde mit reich geschmückter Kleidung sowie weiterem Zubehör beigesetzt. Dazu gehörten unter anderem mehr als 300 Perlen aus verschiedenen Materialien, darunter Bernstein und Glas. Der Kopfschmuck bestand aus vergoldetem Silberblech. Am Zeigefinger der linken Hand trug die Dame einen verzierten Goldring mit eingefasster Dublette, am linken Oberschenkel ein Gürtelgehänge mit Bronzeverschluss.

Erster bayerischer Fund aus der Völkerwanderungszeit seit 25 Jahren


Vor einem Mikroskop sitzt Restauratorin Svenja Kampe und legt mit einem feinen Pinsel die Erde rund um den im Block geborgenen Schädel frei, die zum Kopfschmuck dazugehörende Haarnadel ist zu erkennen. Ermordet wurde die junge Frau – das ungefähre Alter lässt sich anhand der noch gut erhaltenen Zähne bestimmen – wohl nicht, auch eine schwere organische Krankheit scheidet anhand der Beschaffenheit der Knochen aus. Ob das Geheimnis ihres Todes mit wissenschaftlichen Methoden jemals geklärt werden kann – unklar. Fest zu stehen scheint nur, dass sie Heidin war und nicht dem damals schon bedeutenden Christentum angehörte. Immerhin knauserten die Angehörigen nicht bei der Bestattung: Die hölzerne Grabkammer maß etwa drei mal drei Meter und enthielt einen Zwischenboden, der sie in zwei Ebenen teilte. Die Verstorbene ruhte auf einem Totenbett, neben ihr stand eine eisenbeschlagene Holztruhe für Grabbeigaben. Im „Untergeschoss“ der Grabkammer befanden sich zahlreiche weitere Grabbeigaben, darunter Hausrat wie etwa ein Webschwert, ein Kamm, ein gläserner Becher und Geschirr. Kammergräber aus dem germanisch-römischen Grenzbereich, der einst nahe des heutigen Pförring verlief – noch dazu mit solch prächtiger Ausstattung –sind nach Aussage der Archäologen sehr selten. Das Grab von Pförring ist das erste aus der Völkerwanderungszeit seit 25 Jahren, auf das man in Süddeutschland stieß. „Die günstigen, konservierenden Bedingungen des umgebenden Lössbodens machen den Fund so aufschlussreich“, freut sich Bodendenkmalpfleger Fehr. Bürgermeister Sammiller hofft derweil, dass seine Gemeinde – ihr gehört das Grab im juristischen Sinne, da es auf öffentlichem Grund und Boden entdeckt wurde – von dem Fund touristisch profitiert. Der Markt hat die Bergung finanziert, rund 50 000 Euro. Und die Restaurierung lässt sich die Kommune noch einmal 40 000 Euro kosten. Man möchte die Artefakte ausstellen, so Sammiller, und suche derzeit nach geeigneten Räumen und einem entsprechenden Konzept. An einer Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Ingolstadt besteht laut Bürgermeister großes Interesse, man könne sich aber auch eine Kooperation mit dem Kelten Römer Museum in Manching vorstellen. (André Paul)

Foto I: Die Tote war mit wertvollen Grabbeigaben bedacht worden. Foto II: Das Skelett samt Grab wurde zufällig bei Bauarbeiten entdeckt.

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