Kommunales

Der 81-jährige Peter Schnell regierte seine Heimatstadt Ingolstadt von 1972 bis 2002. (Foto: Bösl)

27.01.2017

"Ein OB verdient doch genug"

Der frühere Ingolstädter Rathauschef Peter Schnell (CSU) über die Gefahr finanzieller Verlockungen für Stadtoberhäupter

In den vergangenen Wochen häuften sich in Bayern die Fälle von ehemaligen beziehungsweise amtierenden OB’s, die unter Korruptionsverdacht gerieten und gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt: Erst der frühere Rathauschef von Ingolstadt, Alfred Lehmann (CSU), anschließend der Regensburger Amtsinhaber Joachim Wolbergs (SPD) – er wurde sogar verhaftet –, zuletzt dann dessen Vorgänger Hans Schaidinger (CSU). Der langjährige Ingolstädter Oberbürgermeister Peter Schnell (CSU) fordert, dass ausscheidende Amtsinhaber künftig eine längere Zeit warten, bevor sie gut dotierte Beraterverträge annehmen.

BSZ Herr Schnell, sind die finanziellen Versuchungen für (Ober)bürgermeister größer geworden in den vergangenen Jahren?
Schnell Nein, sind sie nicht. Und solche Fälle hat es auch schon immer gegeben. Vielleicht ist früher manches nicht so leicht ruchbar geworden, nicht so schnell an die Öffentlichkeit gekommen wie heute.

BSZ Sind heutige Kommunalpolitiker aber vielleicht anfälliger ?
Schnell Nein, aber eventuell kommt es den Leuten so vor, weil inzwischen ausführlicher darüber berichtet wird. Fälle von Bestechung und Korruption wird es – leider – auch in Zukunft immer wieder geben. Aber vielleicht wird nun – besonders angesichts der Tatsache, dass sogar erstmals ein OB im Amt verhaftet wurde – die Sensibilität der Amtsträger gestärkt, es besser sein zu lassen.

BSZ OB Wolbergs soll sich ja den Wahlkampf sponsern lassen haben. Kostet der denn tatsächlich so viel, dass das der Ortsverein der Partei nicht selbst bezahlen kann?
Schnell Überhaupt nicht, die kursierende Summe von 500 000 Euro ist doch ein Witz! Selbst wenn man berücksichtigt, dass inzwischen alles teurer geworden ist, halte ich den Betrag für völlig überzogen. Zu meiner Zeit hat der OB-Wahlkampf in Ingolstadt 100 000 Mark gekostet.

BSZ Stärken solche Vorfälle die Politikverdrossenheit?
Schnell Es ist zu befürchten, ja. Bei den Bürgern bleibt der Eindruck zurück, dass auch Oberbürgermeister den Hals nicht voll kriegen können. Dann heißt es, alle Politiker seien gleich und in den Kommunen gehe es auch nicht anständiger zu. Und die Vorfälle schaden ja nicht nur dem jeweiligen Politiker persönlich, sondern auch seiner Fraktion, dem Stadtrat, ja der ganzen Kommune.

BSZ Also Hände weg von Beraterjobs als Kommunalpolitiker?
Schnell Ich verstehe nicht, warum man solche Beraterverträge annehmen muss, um leben zu können. Ein Oberbürgermeister hat doch ein mehr als ausreichendes Einkommen und anschließend eine anständige Pension. Und wenn man es schon annimmt, dann sollte man damit längere Zeit warten nach dem Ausscheiden aus dem Amt. Sonst sagen die Bürger, dass da einer vor allem von seinen früheren beruflichen Kontakten in die Verwaltung und in die Wirtschaft profitieren und diese zu Geld machen möchte.

BSZ Ist eigentlich an Sie auch mal ein solches Beraterangebot herangetragen worden?
Schnell Nein, nie. Vielleicht hat da auch eine Rolle gespielt, dass ich vor dem Wechsel in die Politik als Staatsanwalt tätig war.

BSZ Für ehemalige Mitglieder der Bundesregierung gibt es ja mittlerweile sogenannte Compliance-Regeln, was sie nach dem Ende ihrer Amtszeit an Jobs annehmen dürfen. Wäre das für Oberbürgermeister auch eine gute Idee?
Schnell Darüber soll der Bayerische Städtetag entscheiden. Schlecht wäre es sicher nicht – so als Orientierungshilfe für einige Kollegen.

(Interview: André Paul)

Kommentare (1)

  1. Neumeyer am 29.01.2017
    ich teile die Ansicht von Alt-OB Schnell!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.