Kommunales

Am 6.10.2017 heiratete Thomas Niederbühl (vorn links) im Münchner Standesamt seinen Lebensgefährten Heinz Bänziger (rechts). Zu den Gratulanten gehörte auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). (Foto: dpa/Sven Hoppe)

24.01.2020

Eine Kommunalpartei für Homosexuelle

Seit 24 Jahren sitzt Thomas Niederbühl für die Rosa Liste im Münchner Stadtrat – ein deutschlandweites Unikum

Eine Partei nur für Homosexuelle – kann das funktionieren? In München tut es das seit rund 30 Jahren. Damals gründete sich in der Landeshauptstadt die Rosa Liste. Zur Kommunalwahl 1996 zog die politische Vereinigung mit Thomas Niederbühl, einem studierten Theologen, in den Stadtrat ein, wo sie durchgehend bis heute vertreten ist. Zwischenzeitlich waren es sogar zwei Stadträte, aber nachdem seine Kollegin zur Linkspartei wechselte, ist Niederbühl wieder allein.

Wobei – nicht ganz allein: Denn von Anfang an bildete die Rosa Liste eine Fraktionsgemeinschaft mit den Grünen und das ist bis heute so. „Mit den Grünen gab es programmatisch stets die meisten Überschneidungen“, erinnert sich Niederbühl, der aber zugibt, dass ein Homosexueller sich nicht automatisch ökologisch und links verorten muss. „Die meisten schwulen Kommunalpolitiker gab es in der FDP, aber die haben sich früher nicht aktiv geoutet.“

Ausgangsbasis für die Gründung der Wählerinitiative sei eine ziemlich restriktive Politik der CSU in den 1980er-Jahren gewesen, erinnert sich der altgediente Stadtrat und erinnert unter anderem an den Kreisverwaltungsreferenten und späteren Staatssekretär im bayerischen Innenministerium, Peter Gauweiler.

Gleichzeitig habe es eine kulturell und politisch sehr aktive homosexuelle Szene in der Landeshauptstadt gegeben. Die konzentriert sich aber bis heute auf einige wenige Stadtviertel. Ihren Schwerpunkt hat die Rosa Liste in der Ludwigvorstadt-Isarvorstadt, dort stellen sie mit Andreas Klose auch den Vorsitzenden des Bezirksausschusses. Auf die ganze Stadt gerechnet erreichte die Rosa Liste immer Ergebnisse von knapp unter zwei Prozent. Dieses Ergebnis strebt Niederbühl auch diesmal an. Er steht auf Platz 1 der Liste, nach ihm weitere drei Männer und erst auf Nummer fünf folgt eine Frau – nicht eben progressiv anno 2020. „Sehr schade“ sei das, aber man habe einfach keine lesbische Frau gefunden, die ganz vorn kandidieren wollte.

Einen Ableger in anderen Städten gibt es nicht

Einen Ableger in anderen bayerischen Kommunen hat es aber nie gegeben, auch nicht den Versuch dazu. Das liege wohl auch daran, dass eben München die einzige wirkliche Großstadt im Freistaat sei. „Ich würde jungen Homosexuellen heute aber auch nicht mehr dazu raten“, sagt der 58-Jährige. „Fast alle anderen politischen Parteien haben sich in dieser Frage grundlegend verändert. Es ist also besser, sich gleich dort politisch zu engagieren.“

Aber braucht es eine politische Vereinigung speziell für Homosexuelle auch weiterhin – wo es doch inzwischen praktische Gleichberechtigung gibt? Und die Kommunalpolitik rein rechtlich damit ja nur wenig zu tun hat. Davon ist Thomas Niederbühl überzeugt. Ja, es sei viel erreicht worden. „Aber die Schere geht wieder auseinander, wir erleben derzeit wieder Gegenwind, beispielsweise von der AfD“, berichtet der Kommunalpolitiker, der seit 1991 hauptberuflich als Geschäftsführer der Münchner Aids-Hilfe arbeitet. Die katholische Lehrerlaubnis sei ihm nach seinem Coming-out von der Kirche entzogen worden.

Als Ziele für die nächste Legislaturperiode nennt der Frontmann der Rosa Liste den Aufbau eines Lesben-Zentrums in der Landeshauptstadt, die Schaffung von eigenen Räumen speziell für Transpersonen und neue Wohnformen für ältere und betagte Homosexuelle. (André Paul)

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