Kommunales

Bisher verursachten psychische Krisen oftmals auch Einsätze von Notärzten, Rettungsdiensten und Polizei. Dieses aufsehenerregende Vorgehen ist nun vorbei. Die Betroffenen können sich jetzt über die Krisendienste Hilfe holen. (Foto: dpa/Stephan Jansen)

05.03.2021

Erste Hilfe in psychischen Notlagen

Krisendienste Bayern zum 1. März gestartet – ab 1. Juli 2021 dann auch täglich rund um die Uhr

Krisen gehören zum Leben dazu und können jederzeit eintreten. Eine Trennung, der Tod eines Angehörigen, der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine schwere Krankheit: All das kann eine Krise auslösen und so belastend werden, dass sie nicht mehr allein, mithilfe der Familie oder im Freundeskreis zu bewältigen ist.

Auch chronisch psychisch kranke Menschen können immer wieder in krisenhafte Situationen geraten, in denen sie qualifizierte Hilfe benötigen. Das kann Betroffene und ihr soziales Umfeld vor große Herausforderungen stellen: Wo bekomme ich Hilfe, um aus diesem Zustand herauszufinden? Was kann ich tun, um beispielsweise meinem Partner, meiner Mutter, meinem Sohn oder meiner Kollegin zu helfen?

Auf diese Fragen bekommen Menschen in psychischen Krisen sowie deren Angehörige bei den Krisendiensten Bayern Antworten. Seit Montag, 1. März 2021, steht das psychosoziale Beratungs- und Hilfeangebot unter der kostenlosen Rufnummer 0800/655 3000 allen Bürger*innen zur Verfügung. Vorrangiges Ziel ist es, Menschen in Krisen zu unterstützen und mit ihnen gemeinsam nach einem Ausweg aus dieser Situation zu suchen – eine Art Erste Hilfe in seelischen Notlagen.

Forderung von Betroffenen, Experten und Verbänden

Die Einführung der Krisendienste wurde mit dem Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG), das im August 2018 in Kraft getreten ist, beschlossen. Schon lange forderten Fachleute aus Betroffenen- und Wohlfahrtsverbänden sowie die Bezirke mit ihren Gesundheitseinrichtungen und der Bayerische Bezirketag die Einführung von Krisendiensten, um für Menschen in psychischen Notlagen eine erste Anlaufstelle zu bieten. Die Landespolitik kam dieser Forderung mit dem Hilfeteil des PsychKHG nach. Darin wurden die sieben Bezirke mit dem bayernweiten Ausbau beauftragt.

Für den Präsidenten des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler, ist das eine wegweisende Ergänzung in der psychiatrischen Versorgungslandschaft: „Mit den Krisendiensten Bayern sollen Betroffene frühzeitig die Hilfe bekommen, die sie in dem jeweiligen Moment brauchen. Es ist wichtig, rechtzeitig gegenzusteuern und bei Bedarf fachkundige Hilfe anzunehmen. Denn durch eine frühe Intervention lässt sich oft eine weitere Zuspitzung vermeiden und verhindern, dass aus einer Krise eine längere Krankheit wird.“

Bisher gibt es Krisendienste nur in einzelnen Städten und Regionen Deutschlands. Mit den Krisendiensten Bayern steht deutschlandweit erstmalig ein flächendeckendes Angebot zur Soforthilfe bei psychischen und psychiatrischen Notfällen in einem Bundesland zur Verfügung.

Wenn die telefonische Beratung nicht ausreicht, hilft das Fachpersonal in der Leitstelle den Betroffenen bei der Vermittlung in das medizinische und psychosoziale Versorgungssystem vor Ort, beispielsweise an eine psychiatrische Praxis, den Sozialpsychiatrischen Dienst oder an die Akutstation einer psychiatrischen Klinik – je nach Bedarf.

Weg aufzeigen in stationäre und ambulante Versorgung

In besonders dringenden Fällen kommen mobile Teams zum Einsatz, welche die Anrufenden vor Ort aufsuchen. Diese mobilen Vor-Ort-Einsätze werden von den Fachdiensten der Freien Wohlfahrtspflege und privater Anbieter durchgeführt – zumeist sind diese an die Sozialpsychiatrischen Dienste angegliedert. Die telefonischen Sprechzeiten können über die Webseite www.krisendienste.bayern abgerufen werden. Ab 1. Juli 2021 werden die Krisendienste Bayern dann auch rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr erreichbar sein.

Die Krisendienste schließen eine wichtige Versorgungslücke, indem sie den Betroffenen bei Bedarf einen Weg in die ambulanten und stationären Versorgungsangebote in ihrer Region aufzeigen. Deshalb gibt es in jedem Bezirk einen eigenen Krisendienst. So können die regionalen Besonderheiten am besten berücksichtigt werden. Auch die Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort, wie beispielsweise dem Gesundheitsamt, der Polizei oder dem Jugendamt, kann so besser organisiert werden. Mit der Unterstützung der drei großen Telefonanbieter in Deutschland ist es zudem gelungen, dass die Anrufenden an ihre jeweils zuständige Leitstelle weitergeleitet werden. Auf diese Weise war es möglich, eine bayernweit einheitliche Nummer einzuführen.

Durch die regionalen Besonderheiten haben die Leitstellen wie auch die mobilen Einsatzteams unterschiedliche Organisationsformen und Strukturen. Die Leitstellen sind entweder an die bezirklichen Gesundheitseinrichtungen angebunden oder durch regionale Träger organisiert. Dennoch ist das grundsätzliche Beratungs- und Hilfeangebot in allen Bezirken gleich.

Insgesamt mussten fünf Leitstellen neu aufgebaut werden, da es in den Bezirken Mittelfranken und Oberbayern bereits Krisendienste gab. Die Kosten für die sieben Leitstellen trägt der Freistaat Bayern. Im aktuellen Doppelhaushalt wurden dafür insgesamt über 18 Millionen Euro vorgesehen. Die Finanzierung der mobilen Einsatzteams und aller sonstigen Kosten, wie zum Beispiel für den Aufbau von Netzwerken, in mindestens der gleichen Höhe wird von den Bezirken geschultert.

Dass die Krisendienste nun endlich an den Start gehen können, ist ein großer Erfolg für die Bezirke und alle beteiligten Kooperationspartner. „Die Krisendienste Bayern leben auch von ihren engagierten Akteurinnen und Akteuren. Daher erfüllt es mich mit Freude und durchaus auch Stolz, wie tatkräftig dieses Projekt von den Betroffenen, der Politik, den Wohlfahrtsverbänden bis hin zu den Mobilfunkanbietern unterstützt wurde. Nun hoffe ich, dass dieses flächendeckende Angebot für Menschen in psychischen Krisen in allen bayerischen Bezirken gut angenommen wird“, so Franz Löffler.
(Michaela Spiller)

Die vollständigen Seiten des Bayerischen Bezirketags Teil I

Die vollständigen Seiten des Bayerischen Bezirketags Teil II

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