Kommunales

Als die Affäre ans Licht kam, gab sich der leidenschaftliche Gebirgsschütze Kreidl (rechts) zwar zerknirscht, weigerte sich aber zunächst, zurückzutreten. Unter anderem CSU-Chef Horst Seehofer (links) drängte den Parteifreund dann dazu. (Foto: dpa)

28.03.2018

Ex-Landkreistagspräsident Jakob Kreidl angeklagt

Die Staatsanwaltschaft München II wirft dem 64-jährigen CSU-Politiker sowie mehreren Vorstands- und Verwaltungsratsmitgliedern der Miesbacher Sparkasse Untreue vor

In der Sponsoringaffäre um die Miesbacher Kreissparkasse hat die Staatsanwaltschaft München II unter anderem gegen den einstigen Landrat Jakob Kreidl (CSU) Anklage wegen Untreue erhoben. Wie die Behörde am Dienstag, 27. März 2018, mitteilte, richten sich die Vorwürfe gegen insgesamt 13 Beschuldigte. Es handele sich um aktuelle und ehemalige Mitglieder des Vorstands und des Verwaltungsrats der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee. Allein die Ermittlungsakten sollen dem Vernehmen nach mehr als 6000 Seiten umfassen. Das Landgericht München II muss nun entscheiden, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt. Der Miesbacher Merkur hatte zuerst darüber berichtet, dass Anklage erhoben wurde. In der Affäre geht es um diverse Verdachtsfälle von Untreue in den Jahren 2008 bis 2013. Die Ermittlungen umfassten nach früheren Informationen zwölf Komplexe mit einem Volumen von zusammen mehr als einer Million Euro. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, durch Immobilienkäufe, gesponserte Ausflüge von Kommunalpolitikern und teure Renovierungen von Amtsräumen ihre Pflichten verletzt zu haben.

Im Zentrum der Affäre standen Kreidl sowie der frühere Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse, Georg Bromme. Anfang 2015 hatte es eine Razzia Dutzender Staatsanwälte und Polizeibeamter in 27 Wohnungen und Geschäftsräumen gegeben. Darunter waren auch die Privathäuser Kreidls und Brommes.

120 000 Euro für die Geburtstagsfeier

Die Staatsanwaltschaft hat nun zwei Anklagen zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München II erhoben und dabei die Angeschuldigten in zwei Verfahren getrennt: einerseits die sechs einfachen Mitglieder des Verwaltungsrats, andererseits die sieben höherrangigen Akteure aus dem Vorstand der Sparkasse. Unter den Angeklagten sind auch Politiker, da diese in der Sparkasse eine Aufsichtsfunktion haben. Die Ermittlungen hatten sich ursprünglich gegen 20 Beschuldigte gerichtet. Gegen zwei Beschuldigte wurden laut Staatsanwaltschaft München II Strafbefehle beantragt, die durch das Amtsgericht München erlassen wurden und bereits rechtskräftig sind. Gegen vier Beschuldigte sei das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt worden. Bei einem Beschuldigten erfolgte eine Verfahrenseinstellung aus Rechtsgründen. Der heute 65-jährige Kreidl war bis 2014 Landrat. Er war unter anderem wegen der Finanzierung seiner fast 120 000 Euro teuren Feier zu seinem 60. Geburtstag durch die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee unter Beschuss gekommen. Unklar war zunächst, ob dieser Fall Teil der Anklage ist. Kreidl war damals auch wegen seines aberkannten Doktortitels und eines privaten Schwarzbaus in die Kritik geraten. Zudem war der CSU-Politiker als Landtagsabgeordneter in die Verwandtenaffäre verwickelt. Kreidl musste wegen der Affäre seinen Hut als Chef des Bayerischen Landkreistages nehmen. Die Selbstbedienungsaffäre soll damals auch Folgen für die Höhe der Bezüge von Vorständen und Verwaltungsräten bayerischer Sparkassen gehabt haben. Die Kreissparkasse wollte sich nicht zur Anklageerhebung äußern. (Sabine Dobel, dpa)

Kommentare (3)

  1. otto regensbacher am 03.04.2018
    Manche Politiker mit ihren Mauscheleien erinnern mitunter an (kriminelle) Familienclans in Sizilien.
    Dass rechtsstaatliche Grundsätze auch für Politiker gelten, scheint bei vielen dieser Zeitgenossen noch nicht angekommen zu sein. Gott sei Dank funktioniert wenigstens unsere Justiz noch einigermaßen!
  2. aktiver Träumer am 30.03.2018
    Es ist ganz schön interessant zu registrieren, aber wer erinnert sich noch im Jahre 2004 machte sich Dr. Jakob Kreidl stark den armen Tourismuskommunen finanzielle Hilfe zukommen zu lassen - in Form von einer Zweitwohnungssteuer - der bayerischen Landtag gab auch der Forderung der Kommunalverbände nach und man schenkte diesen die Möglichkeit eine Zwst. zu erheben. Die CSU- Macht konnte sich auch auf die Unterstützung der SPD verlassen. Weiterhin erhielten diese Kommunen auch noch Schlüsselzuweisungen für Nebenwohnsitze in ungekürzter Form. Total überrascht war man allerdings, dass sofort auch die Städte mit vielen Studenten ebenfalls eine Zweitwohnungssteuer erhoben- Na ja - man kann halt nix machen -das hätte man sich halt früher besser überlegen sollen.
    Vom Gemeindetag wurden auch noch Mustersatzungen ausgearbeitet - dabei hat man stets geachtet, dass mit möglichst wenig Aufwand ohne Kontrollmöglichkeit der Betroffenen willkürliche Festlegungen möglich geworden sind. Inzwischen leidet wohl auch die CSU darunter, denn die meisten Satzungen sind inzwischen für rechtswidrig erklärt worden. Schade, dass nun Dr. Kreidl nichts mehr zu sagen hat- es bliebe zu hoffen, dass auch all jene Abgeordneten von der Verwandtenaffäre der Aufstieg verwehrt gewesen wäre -aber weit gefehlt - lasst uns gespannt sein ob die CSU bei der Wahl im Herbst noch einen Denkzettel bekommt - der sollte keinesfalls zu Gunsten der Afd- ausfallen - sonst kommen wir vom Regen in die Traufe- wichtigstes Ziel sollte sein - die absolute Mehrheit f CSU zu verhindern!
  3. Zitrone am 29.03.2018
    Es gibt zwei grüne Landräte in Bayern. Dabei haben diese Handlungsweisen sicher eine Rolle gespielt.
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