Kommunales

Im nächsten Jahr will Oberbürgermeister Marcus König (CSU) nach sechs Jahren zum ersten Mal im Amt bestätigt werden. Foto: Pelke

18.10.2025

Flut von Baustellen: Nürnberg streitet über Referenten

Die berufsmäßigen Stadträte gelten in Nürnberg als heimliche Macht. Vor den Kommunalwahlen am 8. März 2026 wird der Umgang im städtischen Führungskabinett rauer. Der parteilose Bau- und Verkehrsreferent Daniel F. Ulrich hat das schon zu spüren bekommen

Noch liegen die Nerven zwar nicht blank. Aber die Fieberkurve im Nürnberger Rathaus ist vor dem Hintergrund des aufziehenden Kommunalwahlkampfs schon deutlich angestiegen. Vordergründig geht es um die Flut von Baustellen und die Vergabe von lukrativen Posten in der Verwaltung. Hintergründig dürfte nicht weniger als die Macht im Rathaus auf dem Spiel stehen. 

Im nächsten Jahr will Oberbürgermeister Marcus König (CSU) nach sechs Jahren zum ersten Mal im Amt bestätigt werden. Für die SPD geht der lokale Partei- und Fraktionschef Nasser Ahmed ins Rennen. Nach dem freiwilligen Abschied von Daueramtsinhaber Ulrich Maly beim letzten Urnengang waren die Sozialdemokraten in ihrer traditionellen Hochburg nach 18 Jahren plötzlich in die Rolle des Juniorpartners in der Großen Kooperation im Rathaus gerutscht. Neben dem Chefsessel kämpfen die Parteien auch um die Vergabe der genauso gut bezahlten wie einflussreichen Referentenposten in der Stadtverwaltung.

Von der „heimlichen Macht“ in Nürnberg hat die Süddeutsche Zeitung einmal gesprochen. Schließlich ist die Rolle der Referenten als berufsmäßige Stadträte eher mit Kabinettsmitgliedern als mit Verwaltungsleitern zu vergleichen. Kurz vor der Wahl scheinen die Reibereien in der Führungsriege deutlich zuzunehmen. Der vermeintlich parteilose Bau- und Verkehrsreferent Daniel F. Ulrich hat das schon zu spüren bekommen.

Keine weitere Amtszeit

„Ich frage mich wirklich, woher die ganzen Baustellen kommen?“, fragte CSU-Fraktionschef Andreas Krieglstein zuletzt mit kritischem Unterton den städtischen Bau- und Verkehrsreferenten. Die Bürger würden sich dieses selbstgeschaffene Verkehrschaos auf den Nürnberger Straßen nicht mehr bieten lassen, wetterte der CSU-

Fraktionschef und ließ seinen deutlichen Worten konkrete Taten folgen.

Aus Ärger über sein Verhalten hatte die Mehrheitspartei dem Referenten am Ende tatsächlich keine weitere Amtszeit gegönnt. Während offiziell von neuen Modalitäten bei Auswahl und Berufung der Spitzenjobs in der Stadtverwaltung gesprochen wird – die Referenten sind offiziell berufsmäßige Stadträte, die in Nürnberg zuletzt viele Jahre nach Parteienstärke besetzt wurden –, machen Insider hinter kaum vorgehaltener Hand jetzt deutlich, dass die ungebremste Baustellenflut und das wachsende Verkehrschaos auf den Straßen der fränkischen Großstadt hinter dem faktischen Rauswurf des Referenten stecke.

Außerdem wird von Dolchstößen gegenüber Oberbürgermeister Marcus König (CSU) gesprochen. Konkret sollen städtische Verkehrsfachleute dem sozialdemokratischen OB-Kandidaten und amtierenden SPD-Fraktionschef, Nasser, zugearbeitet und sich in Ausschüssen aus heiterem Himmel gegen CSU-Direktiven aus dem Amtszimmer des amtierenden Rathauschefs gestellt haben. Obendrein hätte Bau- und Verkehrsreferent Ulrich gemeinsam mit dem Dritten Bürgermeister Christian Vogel (SPD) zuletzt ein beispielloses Baustellenchaos in der Halbmillionenstadt verursacht. 

„Die Baustellen, die Kollege Krieglstein anspricht, sind bei SÖR, ich bin dafür nicht zuständig“, konterte Ulrich die Anschuldigungen und betonte, dass er selbst „nur“ Hochbau-Baustellen plane. Die seien zwar auch nervig, würden sich aber meistens schneller erledigen. Auch Bürgermeister Vogel treffe als zuständigen Chef des städtischen Servicebetriebs für den Öffentlichen Raum (SÖR) keine Schuld. Vogel mache das, was die CSU 15 Jahre lang gefordert habe – endlich die Infrastruktur auszubauen, verteidigte der geschasste Ulrich den jahrelangen Maly-Stellvertreter.

Dass Baustellen zwar nicht schön, aber leider notwendig seien – dieses Credo zum vermeintlichen Trost der Bürger hat auch der rote Bürgermeister immer vertreten. Zu den aktuellen Querelen rund um die angebliche Baustellenflut äußerst sich Vogel trotz Anfragen nicht. Das Desinteresse dürfte mit kürzlich überraschend angekündigtem Abschied zusammenhängen. Nach der nächsten Wahl will Vogel dem Rathaus den Rücken kehren. 

Wirbel geht weiter

Neben den vielen Baustellen kritisierte Krieglstein auch die politische Nähe des vermeintlich parteilosen Verkehrsreferenten zu den Sozialdemokraten. Dieser würde laut Krieglstein sogar in deren Fraktionskasse einzahlen. „Ich zahle einen kleineren – nicht den ,normalen‘ – Beitrag an die SPD, weil ich dort auch teilintegriert bin, seit ich ,auf dem Ticket der SPD‘ zum zweiten Mal gewählt wurde“, teilt Ulrich auf Anfrage mit und spricht von einem schwer verständlichen Referenten-System. Seine erste Wahl sei noch auf einem gemischten Ticket von CSU und SPD erfolgt, erinnert Ulrich und spricht von „lokale Gewohnheiten“.

Zu diesen Eigenarten gehört auch, dass die Grünen trotz der Oppositionsrolle einen Referentenposten besetzen dürfen. Erst kürzlich ist die Amtszeit der amtierenden Umweltreferentin Britta Walthelm (Grüne) verlängert worden – allerdings nur bis zum September 2027. Dann soll nach dem Willen der CSU der neu gewählte Stadtrat endlich die Möglichkeit bekommen, über die Auswahl der „heimlichen Macht“ selbst zu befinden. Bislang wurden die auf sechs Jahre befristeten Posten der berufsmäßigen Stadträte in Nürnberg immer jeweils vor den Wahlen vergeben.

Nach der Causa Ulrich dürfte der Wirbel im städtischen Referenten-Kabinett bis zum Urnengang munter weitergehen. Schließlich haben die Nürnberger Grünen immerhin Umweltreferentin Walthelm als OB-Kandidatin nominiert. Walthelm wirdmi daher wohl bald nicht mehr umhin kommen, sich auch zu Streitthemen wie beispielsweise dem kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs klar zu positionieren. (Nikolas Pelke)

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