Kommunales

Lange galt Kunstrasen als das Nonplusultra für Sportvereine – doch aufgrund einer Studie ist er in die Kritik geraten. (Foto: dpa)

06.09.2019

Fußballclubs blicken besorgt aufs Grün

Lange galt Kunstrasen als das Nonplusultra für Sportvereine – doch aufgrund einer Studie ist er in die Kritik geraten

Jahrelang bauten bayerische Sportvereine, Städte und Gemeinden einen Kunstrasenplatz nach dem anderen. Doch weil Kunstrasen Forschern zufolge größere Mengen an Mikroplastik freisetzt, brachte die EU zuletzt ein Verbot der Rasen ins Spiel. Die BSZ fragte bei den Vereinen im Freistaat nach, wie sie damit umgehen. Manche fürchten nun steigende Kosten – andere bleiben entspannt.

Sie hat viel Staub aufgewirbelt, die Studie des Fraunhofer Instituts zum Thema Mikroplastik. Am meisten für diese Art der Umweltverschmutzung verantwortlich ist nach den Ergebnissen der Forscher der Abrieb von Auto- und Motorradreifen. Der schlägt immerhin mit 1,2 Kilogramm Mikroplastik pro Kopf und Jahr in der Umwelt zu Buche. Aufgeschreckt aber hat das Ergebnis, dass auch die Verwehungen von Sport- und Spielplätzen, die mit Kunstrasen ausgestattet sind, relativ viel Mikroplastik freisetzen würden. Immerhin 131,8 Gramm pro Kopf, was rund 11 000 Tonnen im Jahr entspricht.

Wie geht man in Bayern damit um? Der Kunstrasen schien die ideale Lösung für die Fußballvereine zu sein: Das ganze Jahr bespielbar, schön eben, leicht zu pflegen, und auf ihm lässt es sich bei jedem Wetter kicken. Anders als der Grasplatz, auf dem das Wasser bei Regen steht und sich allmählich in Schlamm verwandelt. Der TSV Neudrossenfeld im Landkreis Kulmbach zum Beispiel hat seit vier Jahren einen Kunstrasenplatz, der intensiv genutzt wird. Hier trainiert im Winter auch die SpVgg Bayreuth.

Allein München hat 47 Kunstrasenplätze

Wie geht man in Bayern damit um? Der Kunstrasen schien die ideale Lösung für die Fußballvereine zu sein: Das ganze Jahr bespielbar, schön eben, leicht zu pflegen, und auf ihm lässt es sich bei jedem Wetter kicken. Anders als der Grasplatz, auf dem das Wasser bei Regen steht und sich allmählich in Schlamm verwandelt. Der TSV Neudrossenfeld im Landkreis Kulmbach zum Beispiel hat seit vier Jahren einen Kunstrasenplatz, der intensiv genutzt wird. Hier trainiert im Winter auch die SpVgg Bayreuth.

Das wirkliche Problem beim Kunstrasen ist dabei das Granulat, mit dem der Platz von Zeit zu Zeit aufgefüllt werden muss, und das dann mit Regen und Wind als Mikroplastik in die Umwelt gelangt. Problematisch ist dabei vor allem jenes Granulat, das aus dem Recycling von Altreifen stammt. Beim TSV Neudrossenfeld ist den Verantwortlichen aber noch nicht aufgefallen, dass das Granulat sich verflüchtigt. Sie hätten in den vier Jahren des Bestands noch keinen Krümel nachgefüllt, versichert Alfred Wirth, zweiter Vereinsvorsitzender.

Aber wie geht man jetzt weiter mit dem Problem um? Plant doch auch der FC Kupferberg im Landkreis Bamberg einen Kunstrasenplatz. So etwas kostet immerhin rund 700 000 Euro.

Szenenwechsel nach Nürnberg. Bei der Stadt ist man in Sachen Mikroplastik von Kunstrasen eigentlich fein raus. „Wir haben zwar 260 öffentliche Spiel- und Sportstätten“, sagt Inna Klaas von der Stadtverwaltung, „aber nur zwei mit Kunstrasen.“ Und die würden, weil sie schon älter sind, seit Jahren nicht mehr mit Altreifengranulat, sondern mit Quarzsand aufgefüllt. „Ein großes Problem haben wir also nicht“, so die Mitarbeiterin der Stadt.

Etwas anders 170 Kilometer entfernt im Süden, in der bayerischen Landeshauptstadt. München unterhält 47 Kunstrasenplätze, darunter 35 Großspielfelder. Hinzu kommen an die 130 Kunstrasenplätze der Fußballvereine. Künftig will die Stadtverwaltung bei der Modernisierung oder dem Neubau von Plätzen auf Kunstrasen der dritten Generation setzen, bei der eine Füllung aus Quarz und Granulat benutzt wird. Diese Mischung setzt die Stadt auch schon seit zehn Jahren bei der Auffüllung der Plätze ein, bei lediglich zwei Plätzen wird noch das Granulat aus den Altreifen verwendet.

Vor den Toren Münchens liegt Baldham und das Thema Mikroplastik hat auch den SC Baldham Vaterstetten getroffen. Auch hier das übliche Szenario: Das Platzproblem für 42 Mannschaften. Rasenplätze brauchen ihre Zeit für die Regeneration, im Winter geht darauf fast gar nichts. Deshalb stand auch hier die Umwandlung eines Rasenplatzes in einen Kunstrasenplatz an. Im Oktober soll der neue Platz eingeweiht werden. Einen Teil der Kosten sollte über Sponsoren finanziert werden, doch die Spenden blieben aus. Die Mikroplastik-Diskussion kam dazwischen, glaubt man im Verein.

Kunstrasen und Fußball, das ist ein flächendeckendes Thema, 4600 Fußballvereine gibt es in Bayern. Organisiert sind sie im Bayerischen Fußballverband und dessen Pressesprecher Fabian Frühwirth sagt, um das Thema abschließend zu bewerten, bedürfe es noch weiterer Studien.

In Bayern werden aktuell 323 Kunststoffrasenplätze als aktive Spielstätten betrieben. Der Verband hat für seine Mitglieder eine erste Stellungnahme herausgegeben. Darin sieht man sich einig mit dem Deutschen Olympischen Sport-Bund (DOSB) sowie mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB).

Es muss dringend mehr geforscht werden

Zentrale Aussage: Weder „für die Austragungsmengen von Füllstoffen noch für die Auswirkungen eines Verbots auf die Verfügbarkeit von Sportanlagen“ lägen ausreichende Datenerhebungen, Risikoanalysen und Folgeabschätzungen vor. Für den Verband ist klar: „Es bedarf weiterer wissenschaftlicher Studien, um Wissenslücken zu schließen und um umweltfreundlichere Materialien im Sportplatzbau zu entwickeln.“

So gibt es neben dem häufig genutzten Kunststoffgranulat alternative Füllstoffe für Kunststoffrasensysteme, die in Teilen auch bereits beim Betrieb von Sportanlagen genutzt werden. So werden die Plätze wie in Nürnberg und München mit Sand und mitunter auch mit Kork verfüllt. Zudem gibt es auch Systeme, die ohne elastischen Füllstoff betrieben werden können. Es existieren bisher allerdings nur wenige belastbare Studien darüber, wie sich diese Alternativen qualitäts- und kostenmäßig vergleichen lassen. Zudem, so der Fußballverband, müsste untersucht werden, ob und wie sich die Bespielbarkeit oder das Verletzungsrisiko der alternativ befüllten Kunststoffrasenflächen bei den verschiedenen Alternativfüllungen verändere.

Es bedürfe daher dringend weiterer wissenschaftlicher Expertise zur Praxistauglichkeit alternativer, organischer Füllstoffe und zur sportartspezifischen Eignung von Kunststoffrasenplätzen, die ohne Füllstoffe auskommen, so der Verband. (Rudolf Stumberger)

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