Kommunales

Bayerns Kämmerer schlagen Alarm. (Foto: picture alliance / Sueddeutsche Zeitung Photo | Hess, Catherina)

28.10.2025

Kommunalfinanzen am Limit: Gemeinsamer Appell bayerischer Großstädte an Bund und Freistaat

Die Kämmerer von München, Nürnberg, Regensburg, Würzburg, Ansbach und Coburg wollen endlich Taten sehen. Sie fordern Sofortmaßnahmen im Finanzausgleich 2026, mehr finanzielle Eigenständigkeit, strukturelle Finanzierungreformen und die Weitergabe von mindestens 70 Prozent des Infrastruktursondervermögens an die Kommunen

„Bayerns Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand“, so Christian Jakobs, Leiter des Referats Finanzen, Liegenschaften und Innere Dienste bei der Stadt Ansbach, der im regelmäßigen Austausch mit seinen Kollegen in den anderen bayerischen Kommunen steht. „Trotz Sparmaßnahmen wachsen die Aus-gaben deutlich schneller als die Einnahmen.“

In einem gemeinsamen Appell wenden sich die Kämmerer der Städte München, Regensburg, Coburg, Würzburg, Nürnberg und Ansbach an den Freistaat Bayern und den Bund. Sie fordern Sofortmaßnahmen im Finanzausgleich 2026 mehr finanzielle Eigenständigkeit, strukturelle Finanzierungreformen und die Weitergabe von mindestens 70 Prozent des Infrastruktursondervermögens an die Kommunen. „Ohne Unterstützung droht der Verlust kommunaler Handlungsfähigkeit – mit gravierenden Folgen für Demokratie und Daseinsvorsorge“, erklärt Jakobs.

Die Stadt Ansbach konnte laut Jakobs in der Vergangenheit Haushaltspläne vorlegen, die die gesetzlichen Vorgaben an die Genehmigungsfähigkeit erfüllt haben – allerdings unter zunehmenden Kraftanstrengungen. So seien bereits Konsolidierungsschritte ergriffen worden, insbesondere im Bereich der verwaltungsinternen Sach- und Dienstleistungen und beim städtischen Personal. Trotz der ergriffenen Maßnahmen sei der Überschuss aus dem Verwaltungshaushalt seit geraumer Zeit deutlich zu niedrig, um die notwendigen Investitionen im Bildungsbereich (Schul- und Kitabau), im Wohnungsbau oder beim Klima- und Umweltschutz zu finanzieren. Diese Investitionen können, wenn überhaupt, Jakobs zufolge nur noch durch Fremdkapital und Rücklagenentnahme finanziert werden, was zu einer erheblichen Verschuldung und hohen Anforderungen an die Tilgungsleistung in den kommenden Jahren führt. Aus den Rücklagen müsse inzwischen auch der Verwaltungshaushalt gestützt werden.

"Uns geht langsam die Puste aus"

Auch in Regensburg ist die finanzielle Ausgangslage nach Angaben der Stadt schwierig. Der städtische Haushaltsentwurf 2026 werde zwar aufgrund vorhandener Kapitalrücklagen als noch genehmigungsfähig angesehen werden können. Allerdings zehre die sich über den gesamten Planungszeitraum bis 2029 erstreckende Unterfinanzierung an dieser Substanz, sodass eine zukünftige Finanzierbarkeit städtischer Leistungen stark gefährdet sei. „Wir verbrauchen die Rücklagen und bauen die Verschuldung gleichzeitig auf! Insbesondere gelingt es uns nicht mehr, die gigantischen Investitionen im Bildungsbereich (Schulund Kitabau), im Bereich des ÖPNV, im Wohnungsbau oder beim Klima- und Umweltschutz aus eigener Finanzkraft zu finanzieren, sodass eine merkliche Erhöhung der Verschuldung notwendig ist. Ohne beherzte und mutige Anpassungen der Rahmenbedingungen steuern wir ins finanzielle Abseits“, mahnt Georg Stephan Barfuß, Referent für Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen der Stadt Regensburg. Hauptgrund dieser Entwicklung ist dem Professor zufolge eine anwachsende Verlagerung der Finanzierungsverantwortung ausgeweiteter sowie neuer Aufgaben auf die Kommunen. „Uns geht langsam die Puste aus“, so Barfuß.

Selbst in Coburg wird es schwieriger. „Dabei haben wir in Coburg noch eine komfortable Ausgangslage: Die letzte Kreditaufnahme stammt aus dem Jahr 2015, der Schuldenstand pro Einwohner beträgt derzeit rund 130 Euro, Coburg belegt Platz eins im Ranking der Steuerkraft aller bayerischen kreisfreien Städte“, sagt Brigitte Flanderijn, Kämmerin der Stadt Coburg.

Dennoch zeichnet sich ihr zufolge in der oberfränkischen Stadt seit 2020 eine deutlich steigende Ausgabenentwicklung ab. Allein in den Jahren 2020 bis 2024 seien die Pro-Kopf-Auszahlungen in Coburg um 34 Prozent auf ein Rekordniveau von 4802 Euroje Einwohner gestiegen. Die Gründe hierfür sind laut Flanderijn vielfältig: Energie- und Baupreisentwicklungen, Tarifsteigerungen, stetig steigende Sozialtransferzahlungen, steigende Umlagebelastungen sowie zusätzliche Aufgaben, die der Gesetzgeber den Kommunen ohne adäquaten Finanzierungsausgleich überträgt. Auch Coburg müss sich trotz einer insgesamt noch guten Finanzlage mit Begrifflichkeiten wie „Sparhaushalt“ und „Konsolidierung“ befassen und entsprechende Einsparpotenziale identifizieren. 
(rs)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll begleitetes Trinken ab 14 Jahren verboten werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.