Dem Transportgewerbe geht das Personal aus. Es gibt inzwischen etliche freie Stellen für Berufskraftfahrer – allerdings nur wenige qualifizierte Bewerber. Ein Grund ist der Wegfall der Wehrpflicht: Viele junge Leute erwarben früher bei der Bundeswehr den LKW-Führerschein, den sie danach beruflich als Kraftfahrer nutzten.
Der Beruf gilt inzwischen gleichzeitig auch als sehr stressig, familienunfreundlich und finanziell wenig attraktiv. Der dadurch bedingte Personalmangel belastet Kommunen. „Bei uns macht sich der Mangel an Berufskraftfahrern schon seit sieben Jahren bemerkbar“, sagt Evi Thiermann, Pressesprecherin des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM).
Um zu reagieren, startete der AWM heuer im April 2017 eine Qualifizierungsmaßnahme für Mülllader. „Damit können sich vier Teilnehmer in einem einjährigen Programm zu Lkw-Fahrern weiterqualifizieren“, erläutert die Pressesprecherin. Der AWM übernimmt dabei sämtliche Kosten und stellt die Teilnehmer hälftig von der Arbeit frei. Die Teilnehmer wiederum müssen eine Vereinbarung unterzeichnen, die Rückzahlungsverpflichtungen enthält, falls sie den AWM frühzeitig verlassen. Eva Thiermann: „Es ist geplant, jedes Jahr mindestens vier weitere Fahrer auszubilden.“
Auch bei der NVG Omnibus Betriebs-GmbH in Würzburg stellte man fest, dass die Anzahl der Bewerber auf freie Busfahrerstellen deutlich zurückgegangen ist. „Auch verfügen nicht alle Bewerber über jene Qualifikationen und Erfahrungen, wie sie Bewerber noch vor zehn Jahren vorweisen konnten“, so Pressesprecherin Cornelia Wagner.
Wegfall der Wehrpflicht ist auch schuld
Die NVG, die aktuell 167 Busfahrer beschäftigt, bestätigt, dass der Mangel an Berufskraftfahrern mit dem Wegfall der Wehrpflicht zusammenhängt: „In der Vergangenheit hatten wir zahlreiche Bewerber, die ihren Führerscheinen während der Bundeswehrzeit erworben hatten.“ Beim Militär kostet das nämlich nichts.
Die Situation wurde nach Beobachtungen der NVG aber auch seit Einführung des Berufskraftfahrerqualifizierungsgesetzes 2006 schwieriger. Dadurch hatten sich laut Wagner Aufwand und Kosten für den Erwerb und den Erhalt der Fahrerlaubnis deutlich erhöht. „Die Bereitschaft, den Führerschein auf eigene Kosten zu erwerben, ist deshalb drastisch gesunken“, beobachtet sie.
Und noch einen dritten Grund macht die NVG aus, warum es immer schwieriger wird, freie Stellen für Busfahrer zu besetzen. Omnibusfahrer genießen „keine besonders hohe gesellschaftliche Wertschätzung mehr“, erläutert Wagner. Für junge Leute sei es darum nicht mehr attraktiv, diese Branche freiwillig ins Auge zu fassen bei der Berufswahl.
Um gegenzusteuern, geht die NVG verstärkt dazu über, die Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis für die Personenbeförderung mit Omnibussen zumindest teilweise zu übernehmen. An der Lohnschraube hingegen könne nicht gedreht werden : „Wir halten uns an die Vorgaben des bei uns gültigen Tarifvertrags des Landesverbands Bayerischer Omnibusunternehmen“, so Wagner. In der gesamten Branche fehlen nach ihren Worten die wirtschaftlichen Voraussetzungen, um noch höhere Aufwendungen für das Personal zu tragen. Erste Kommunen gingen inzwischen dazu über, die Eignung von Flüchtlingen als Berufskraftfahrer zu prüfen. Das tat die NVG bisher noch nicht. Es sei nämlich schwierig, so Wagner, Bewerber ohne deutsche Muttersprache einzustellen. Können diese sich nicht gut verständigen, seien Probleme mit den Fahrgästen programmiert.
Flüchtlinge? Das ist noch schwierig
In Bayreuth kämpften die Stadtwerke kürzlich ebenfalls darum, freie Stellen zu besetzen. „Es war tatsächlich schwierig, qualifizierte und vor allem geeignete Bewerberinnen und Bewerber für den Stadtbusverkehr zu finden“, so Pressesprecher Jan Koch. Inzwischen habe sich die Situation entspannt, am Ende gab es für jeden freien Fahrerjob einen Bewerber. Insgesamt tun derzeit 60 Fahrer mit Personenbeförderungsschein in Bayreuth Dienst. „Auch wir haben uns natürlich Gedanken darüber gemacht, wie der Bedarf an Fahrern künftig gedeckt werden kann“, so Koch.
Die Stadtwerke entschieden im vergangenen Jahr, das Problem durch eine Kooperation mit der Agentur für Arbeit anzupacken. Gemeinsam organisierte man einen Informationstag, der Interessenten einen ersten Einblick in das Berufsfeld gab. Auch in Bayreuth hat man derzeit noch keine Flüchtlinge als potenzielle Fahrer im Visier. „Wir sind aber natürlich offen für Bewerber mit Migrationshintergrund“, versichert Koch. Sie müssten natürlich die notwendige Qualifikation und Eignung als Busfahrer im Stadtbusverkehr mitbringen.
Im Gegensatz zu den großen kreisfreien Städten bekommen die Landkreise die Problematik noch kaum zu spüren. „Wir beschäftigen keine Fahrer, die unter das Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz fallen“, sagt Rita Pirkl vom Landratsamt Neumarkt i. d. Opf., wo derzeit in den Kreisstraßenmeistereien 29 Mitarbeiter einen Lkw steuern dürfen: „Diese sind aber nicht als Berufskraftfahrer beschäftigt, sondern als Straßenwärter.“ Und sie fahren auch nicht nur Laster, sondern haben zahlreiche weitere Aufgaben. Prikl: „Für die Stellen als Straßenwärter haben wir ausreichend Bewerbungen.“ Als kürzlich ein Fahrer für Landrat Willibald Gailler (CSU) gesucht wurde, hätten sich die Bewerber sogar besonders zahlreich gemeldet. (Pat Christ)
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