Kommunales

Viel gebaut werden muss auch künftig in Bayern angesichts des rasanten Bevölkerungswachstums. Gleichzeitig soll der Flächenfraß reduziert werden – was ausgedehnte Reihenhaussiedlungen wie hier in Regensburg künftig schwieriger macht. Eine mögliche Lösung: mehr Hochhäuser. (Foto: dpa)

26.01.2018

Kommunen und Freistaat: Wo es knirscht

Straßenausbaubeiträge, Flächenverbrauch und gleichwertige Lebensverhältnisse sind die drei wichtigsten Konfliktthemen vor der Landtagswahl

Die Straßenausbaubeiträge, der Flächenverbrauch und die gleichwertigen Lebensverhältnisse im ganzen Freistaat – diese drei Themen garantieren in den nächsten Monaten das Konfliktpotenzial zwischen der Staatsregierung und den Kommunen.

Beim geplanten Volksbegehren der Freien Wähler gegen die Straßenausbaubeiträge hat die CSU vorab zwar die Luft rausgelassen, indem sie ankündigte, die Beiträge zeitnah abzuschaffen. Gleichwohl will FW-Chef Hubert Aiwanger die notwendigen 25 000 Unterschriften erst mal sammeln – sicher ist sicher.

Was heißt das nun konkret für die Kommunen? So richtig fix ist noch nicht, womit das dann fehlende Geld für den Bau und Erhalt kommunaler Straßen (jährlich bayernweit etwa 180 Millionen Euro) am Ende kompensiert werden soll. Markus Söder deutete zuletzt an, dass der Freistaat die Summe aus seinen Steuereinahmen begleichen könnte. Die Erhöhung der Grundsteuer B ist ebenfalls noch nicht vom Tisch. Und einige Kommunalpolitiker bangen, dass der Freistaat den Steuerzuschuss verrechnen könnte mit der ihnen schon länger zugesagten Erhöhung des Anteils an der Kfz-Steuer. Die genaue künftige Regelung muss erst mal rechtsfest gemacht werden – auch weil Klagen früherer Betroffener nicht auszuschließen sind. Und ebenso juristisch noch ungeklärt ist der Umgang mit aktuell laufenden Sanierungsarbeiten.

Ein doppelter Verwaltungsaufwand


Derweil riet Bayerns Gemeindetagspräsident Uwe Brandl den Bürgermeistern, vorerst keine Bescheide mehr auszustellen für Straßenausbaubeiträge. Das ergäbe am Ende nur einen „doppelten Verwaltungsaufwand“, wenn man den Bürgern später das Geld zurückerstatten müsse. „Sagt Euren Verwaltungen, sie sollen in dieser Angelegenheit die Füße still halten“, riet Brandl im BR seinen Bürgermeisterkollegen. Seitens der größeren Städte, wo in der Regel mehrere solcher Arbeiten zeitgleich laufen, mahnte Städtetagsgeschäftsführer Bernd Buckenhofer – ein entschiedener Kritiker einer Abschaffung – nochmals eine dauerhaft „sichere Finanzierung“ an.

Das von den Grünen initiierte Volksbegehren gegen die Flächenfraß hat die notwendige Zahl an Unterschriften längst beisammen – aber hier kontert der Finanzminister und künftige Ministerpräsident Markus Söder mit einer eigenen Mehr-Grün-Initiative in den Städten. Das ist nicht nur aus ästhetischen und gesundheitlichen Gründen wichtig, sondern auch aus ökologischen. Während in den vergangenen Jahren bereits das Bienensterben für Aufsehen sorgte, sind inzwischen auch die Schmetterlinge vom Aussterben bedroht, wie kürzlich auf eine SPD-Anfrage ans Umweltministerium zu erfahren war. Den Erhalt und die Neuschaffung von innerstädtischen Grünflächen erzwingt also auch die Biodiversität.

"Verstärkt in die Höhe bauen"


Trotzdem wird es über kurz oder lang zu einer Interessenkollision zwischen dem versprochenen Mehr an Naturschutz und den schlichten Sachzwängen kommen. Denn gebaut werden muss in den nächsten Jahren in den Kommunen mehr als je zuvor. Der massive Zuzug – sowohl von Flüchtlingen wie auch von Arbeitnehmern aus anderen Regionen der Bundesrepublik – macht massiven Wohnungsneubau notwendig. Und notwendig sind ja nicht nur allein Wohnungen, sondern in deren Folge auch Kindergärten, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten sowie Einrichtungen für die Freizeitgestaltung.

Was bleibt also? „Verstärkt in die Höhe bauen“, rät Claudia Bosse vom Lehrstuhl für Bodenordnung und Landentwicklung an der TU München. Für einen Sechsgeschosser muss eben weniger versiegelt werden als für drei Doppelhauskomplexe. Das erfordert nicht nur Änderungen der kommunalen Bebauungspläne, sondern es werden sich auch mehr Menschen in Bayern von ihrem Traum vom Eigenheim verabschieden müssen. Die urbane Zukunft, das werden wohl eher zweckmäßige, aber nur mäßig schöne Siedlungen nach dem Vorbild des neuen Münchner Stadtteils Freiham sein.

Nichts ist in Bayern fair verteilt


Das dritte Konfliktthema, die gleichwertigen Lebensbedingungen in ganz Bayern, werden in wenigen Tagen aktuell – und zwar, wenn die gleichnamige 21-köpfige Enquetekommission aus Politikern, Wissenschaftlern und Verbändevertretern ihren Bericht im Landtag vorstellt, inwieweit dieses Verfassungsziel in den vergangenen 3,5 Jahren umgesetzt wurde. Im Mittelpunkt des Berichts stehen wird der Gedanke der „räumlichen Gerechtigkeit“ – und bei dessen Umsetzung hapert es auch aus Sicht der Kommission noch ganz ordentlich. Jobs, soziale Teilhabe, allgemeine Versorgung, das Angebot an öffentlicher Infrastruktur – nichts von alledem scheint in Bayern wirklich fair verteilt zwischen den Regionen. Kritiker einer Priorisierung Oberbayerns durch die Staatsregierung werden sich bestätigt sehen. Vor allem wird der Bericht kollidieren mit der inzwischen schon angelaufenen Fortschreibung des Landesentwicklungsplans (LEP). Teilweise steht da nämlich genau das Gegenteil drin. (André Paul)


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