Es ist nicht so, dass München und andere miettechnisch überteuerte Kommunen gar nichts gegen Preisexplosionen auf dem Wohnungsmarkt täten. Doch vielfach sind deren Maßnahmen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Derweil reißen sich Investoren für Luxusimmobilien die wenigen verblieben freien Grundstücke unter den Nagel.
München hat einen guten Ruf, die Berge und die Seen sind nah, die Wirtschaft boomt. Und die Zinsen sind bei Null und Betongold bei Anlegern gefragt. Kein Wunder, dass sich in München mittlerweile die Marketingexperten mit dem Anpreisen von „Stadtresidenzen“, „Fürstenhöfen“, „Innenstadt-Lofts“ oder sonstigen affektierten Phantasienamen überschlagen, hinter denen immer das Gleiche steckt: ein für den Normalverdiener völlig unbezahlbarer Preis, was Kauf oder Miete anbelangt. 15 000 Euro pro Quadratmeter Wohnungseigentum sind in der Münchner Altstadt möglich.
Zum Beispiel bei der 260 Quadratmeter großen Wohnung an der Nymphenburger Straße mit Dachterrasse – sechster Stock –, eingerichtet mit italienischen Designermöbeln. Bei Wohnungen wie dieser warten keine Schlangen auf die Besichtigung – kein Wunder bei einem Kaufpreis von 3,9 Millionen Euro. Dafür gibt es allerdings ein Zuckerchen obendrauf, im Kaufpreis ist ein Rolls-Royce inbegriffen.
Kaufpreis: 20 000 Euro - pro Quadratmeter
Bei Immobilien-Preisen ist in München nach oben immer noch Luft. Im alten Arbeiterviertel Giesing entsteht derzeit entlang der Regerstraße auf dem ehemaligen Gelände der Paulaner-Brauerei ein Wohnblock mit 1500 Wohnungen: Kaufpreis bis zu 20 000 Euro pro Quadratmeter. „Fast sittenwidrig“, lautet der Kommentar in der lokalen Presse.
Hohe Grundstückskosten und Luxusausstattung sowie hohe Nachfrage schlagen sich auch bei den Neuvermietungen nieder. Wer im Jahr 2017 in München in eine Neubauwohnung eingezogen ist, musste im Schnitt fast 20 Euro für den Quadratmeter Wohnfläche bezahlen. Das sind für 50 Quadratmeter immerhin 1000 Euro, plus Nebenkosten. Und wer auf der Suche nach einer kleinen Wohnung ist, hat Pech: Zwischen einer Größe von 20 bis 40 Quadratmetern sind die Mietpreise besonders stark gestiegen und liegen jetzt bei 23,45 Euro. Kein Wunder, dass beispielsweise nach München versetzte Polizeibeamte möglichst schnell wieder weg wollen.
Eine Folge der hohen Mieten: In München wird immer weniger umgezogen, weil ein neuer Mietvertrag meist eine höhere Miete bedeutet. Daneben ist die bayerische Landeshauptstadt auch die Hauptstadt der Singles (55,6 Prozent leben allein) und der Zuzügler, so verzeichnete man 2015 ein Plus von 26 000 Einwohnern.
Hilfe für Familien mit mittleren Einkommen
Wird München so zu einer Stadt der Besserverdiener und die anderen ziehen fort? Was viele nicht wissen: Die Politik bemüht sich, gegenzusteuern. Nicht auf Bundesebene, der soziale Wohnungsbau liegt derzeit darnieder. In München gibt es immerhin noch 43 000 Sozialwohnungen. Davon stehen jährlich etwa 3200 zur Vermietung bereit – allerdings gegenüber einer Nachfrage von 24 000 Interessenten mit Berechtigung.
Doch es gibt andere geförderte Wohnungen, auf städtischer Ebene zunächst das sogenannte „Münchner Modell“. Dabei vergibt die Stadt Grundstücke zu einem einheitlichen Preis von 600 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche. Dafür muss der Bauherr die Miete auf 9,50 Euro bis 11,50 Euro pro Quadratmeter deckeln. In den ersten fünf Jahren darf es keine Mieterhöhung geben, danach gilt eine mieterfreundliche Regelung. Diese Sozialbindung gilt 40 Jahre.
Das Münchner Modell richtet sich vor allem an Familien mit mittleren Einkommen. Vor allem sie fielen in den vergangenen Jahren hinten unter. Um die wirklich Armen wurde sich gekümmert und die Reichen sorgten selbst für sich. So liegt die Einkommensgrenze bei einer dreiköpfigen Familie bei 70 000 Euro brutto im Jahr.
Auch der Freistaat ist aktiv. Für Geringverdiener gibt es eine „Einkommensorientierte Förderung“ (EOF). In deren Genuss kommen Mieter, deren Einkommen – zum Beispiel als Single – 28 000 Euro brutto im Jahr nicht übersteigt, die Förderhöchstgrenze liegt bei derzeit rund 38 700 Euro. Hier liegt die Erstvermietungsmiete bei 9,50 Euro pro Quadratmeter. Hinzu kommt ein einkommensabhängiger Zuschuss von bis zu 3,75 Euro pro Quadratmeter.
Nürnberg und Augsburg sind günstiger
Freilich decken bei insgesamt 787 000 Wohnungen in München die Förderungen nur einen kleinen Teil des Wohnungsbedarfs ab. So verfügen derzeit 3566 Haushalte über einen Berechtigungsschein nach dem München Modell, hier wurden 209 Wohnungen in 2016 gefördert. Eine sogenannte EOF-Bescheinigung haben 2232 Haushalte in der Tasche. Bei dieser Förderart wurden 1248 Wohnungen genehmigt.
München liegt bei den Mieten unter den deutschen Metropolen ganz vorn und dieser Spitzenplatz gilt natürlich auch für Bayern. Hier sind gegenüber den anderen Großstädten im Freistaat deutliche Unterschiede festzustellen. Kostet so nach einer Auswertung des Internet-Portals Immowelt eine Drei- bis Vier-Zimmer-Wohnung im Monat 1500 Euro, sind es in der Frankenmetropole Nürnberg nur 800 Euro. Ähnlich der Mietspiegel für Augsburg, etwas teurer ist es mit rund elf Euro pro Quadratmeter in Ingolstadt. Die Einkommensorientierte Förderung für Geringverdiener gibt es übrigens in ganz Bayern. (Rudolf Stumberger)
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