Kommunales

Bezirketags-Präsident Josef Mederer. (Foto: apl)

06.07.2018

Nach der Diskriminierung die Stigmatisierung bekämpfen

Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags in Passau: Erleichterung über Entschärfung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes

Die Vollversammlung des Bayerischen  Bezirketags in Passau war von großer Erleichterung bestimmt - darüber, dass es gelungen war, das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) in seiner ursprünglich geplanten Form zu verhindern. Gemeinsam mit der Landtagsopposition und Vertretern von Angehörigen und Patienten hatten die Bezirke dafür gekämpft, dass Patienten nicht „kriminalisiert“ werden - so ein häufig geäußerter Vorwurf in der Debatte. Als Betreiber von zahlreichen Fachkliniken hätten die geplanten Verschärfungen ihre Arbeit massiv verändert. Dagegen waren nicht nur die Bezirkspolitiker selbst auf die Barrikaden gegangen, sondern auch mehrere renommierte Psychiater aus den bezirkseigenen Krankenhäusern.

Die Veranstaltung am 5. und 6. Juni mit dem Titel „Psychisch Kranke im Spiegel der Gesellschaft - Facetten einer bedarfsgerechten Versorgung“ in Passau war da sozusagen der nächste Schritt: Nachdem die Erkrankten vor einem verschärften staatlichen Zugriff bewahrt wurden, soll nun an einer entschiedenen Entstigmatisierung gearbeitet werden. Denn diese sei noch immer stark vorhanden, so Verbandspräsident Josef Mederer in seiner Ansprache. Das äußere sich nicht unbedingt in einer faktisch feststellbaren Benachteiligung. Sondern in einer häufig diffusen Ausgrenzung, in einer rechtlich meist nicht greifbaren Isolation. 

Das Programm hatte mehrere wissenschaftliche Experten geladen, die die Problematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchteten. So referierte etwa Nicolas Rüsch, Leiter der Sektion Public Mental Health vom Bezirkskrankenhaus Günzburg, über das Stigma psychischer Erkrankungen auf dem Arbeitsmarkt beziehungsweise bei der Arbeitsplatzsuche. Vladimir Klokocka, Richter am Landgericht Kempen, beschrieb den Umgang der Justiz mit Patienten, der oft noch von paternalistischen Herangehensweisen geprägt sei. Mitleid rangiere vor Respekt, man werde „infantilisiert“.

Krisendienste ausbauen und Kliniken modernisieren

Beeindruckend war der hohe Anteil an persönlich Betroffenen, die bei der Veranstaltung zu Wort kamen und in nicht dramatisierender, aber bewegender Weise von ihren Schicksalen erzählten. Zu ihnen gehörte beispielsweise Harald Kelsch vom Vorstand des Vereins „Irren ist menschlich“ (einem Zusammenschluss von Psychiatrierfahrenen aus Regensburg) oder auch Rita Wüst, die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft der Angehörigen psychisch Kranker. Viel war da unter anderem die Rede davon, wie manche Ärzte noch immer Patienten unmündig behandeln.

Ein konkretes Projekt der Bezirke in den nächsten Monaten soll der Ausbau von psychiatrischen Krisendiensten als Soforthilfe sein. Dabei sollen täglich von 9 bis 24 Uhr Menschen in seelischen Ausnahmezuständen unter einer Hotline Rat und Hilfsangebote erhalten. Die Bezirke Mittelfranken und Oberbayern sind dabei Vorreiter, die anderen fünf Bezirke wollen nachziehen. Außerdem erfolgen derzeit in vielen Bezirkskliniken umfangreiche bauliche Sanierungen und Modernisierungen, beispielsweise in Mainkofen.

Für eine gewisse Verstimmung unter den Bezirkspolitikern sorgte der Umstand, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lediglich per Video zugeschaltet wurde und nicht selbst den Weg nach Passau fand. Bei den Jahreshauptversammlungen der anderen kommunalen Spitzenverbände habe der Regierungschef dagegen persönlich ein Grußwort gesprochen. Da wurden bei einigen unschöne Erinnerungen wach, dass es der damalige CSU-Generalsekretär Söder war, der dem früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) bei seinem - gescheiterten - Plan zur Seite stand, die Bezirke abzuschaffen. (André Paul)

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