Kommunales

Die undatierte Simulation zeigt ein geplantes Karftwerk an der Salzach zwischen Saaldorf-Surheim (Landkreis Berchtesgadener Land) und Anthering (Österreich). (Foto: dpa)

16.08.2019

Naturschützer kämpfen für eine wildere Salzach

Die Staatsregierung verfolgt Pläne zum Bau neuer Wasserkraftwerke

Bayerns Umweltschützer kämpfen gegen die Pläne der Staatsregierung, auf der unteren Salzach mit Wasserkraftwerken Strom zu gewinnen. Sie wollen stattdessen eine Renaturierung des längst begradigten Flusses nach dem Vorbild der Isar bei München.

Tittmoning kennt man vor allem wegen seines historischen Stadtplatzes. Der zentrale Ort der Kleinstadt an der Salzach hat mit einer Länge von 300 Metern und einer maximalen Breite von 60 Metern stattliche Ausmaße und wird von vielen Besuchern wegen seiner malerischen Häuserensembles im klassischen Inn/Salzach-Stil geschätzt. Das beschert dem rund 6000 Einwohner zählenden Ort auch einen starken Durchgangsverkehr, der eben genau über diesen Platz führt.

Weit weniger beachtet ist dagegen der Zugang zur Salzach über die sogenannte Wasservorstadt samt einer kleinen Plättenstation, wo Ausflugsfahrten mit den traditionellen Booten angeboten werden. Dort trafen sich vor wenigen Tagen Vertreter des Bund Naturschutz und der Aktionsgemeinschaft Lebensraum Salzach mit einigen Kommunalpolitikern zu einer Ortsbegehung.

Nachhaltige Eintiefung des Flusses stoppen

Im Mittelpunkt standen die seit Jahren schwelenden Pläne, an der Salzach mit drei Wasserkraftwerken nicht nur eine Energiequelle zu schaffen, sondern auch die nachhaltige Eintiefung des Flusses zu stoppen. Der Bau von drei Kraftwerken ist eine Variante, die Verbreitung des Flussbetts und der Bau von Querbauwerken eine andere.

Der Absicht, auf der Salzach Wasserkraft zu gewinnen, geht ein bayerischer Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2016 voraus. Hintergrund: Mit der Diskussion um den Atomausstieg wurde in der Folge wieder mehr der Ausbau der Wasserkraftwerke angeregt. Auf der österreichischen Seite existieren zwölf Wasserkraftwerke, die alle im Bereich des Salzburger Landes stehen. Etwas kompliziert wird die Sachlage dadurch, dass sich die Bayern die Salzach mit den Nachbarn aus Österreich teilen müssen. Das sind weiter südlich das Bundesland Salzburg und auf der Höhe des Tittmoninger Beckens Oberösterreich.

 Diese Kraftwerkspläne gefallen dem Bund Naturschutz gar nicht. Der Fluss sei einer der letzten unverbauten Alpenflüsse und müsse im Gegenteil wieder renaturiert werden, fordert Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern. Unterstützung bekommt Mergner auch von Hubert Weiger, dem Bundesvorsitzenden: „Es geht auch um die zentrale Frage, ob wir es schaffen, in Deutschland geltendes Naturschutz- und Wasserschutzrecht umzusetzen, oder neue Konflikte mit der EU bekommen.“ Für den Bund Naturschutz wäre dies ein nicht wieder gutzumachender Eingriff in das Ökosystem und unvereinbar mit dem deutschen und europäischen Naturschutzrecht.

Ähnlich sieht das auch der Umweltanwalt des benachbarten Bundeslandes Oberösterreich, Martin Donat: „Dass sich die beiden Regierungen noch immer nicht für eine Sanierungsvariante entscheiden konnten, ist für die durchzuführenden Planungen und anschließenden Feststellungs- und Bewilligungsverfahren keinesfalls hilfreich, auch nicht ökonomisch sinnvoll. Vor allem die Kraftwerksplanungen widersprechen den Intentionen und Zielen der europäischen Gesetzgebung.“

Seit Kurzem sehen die bayerischen Umweltschützer erste Erfolge. Die Variante mit drei neuen Wasserkraftwerken scheint vom Tisch. Die bayerische Staatsregierung steht weiterhin zu der Nutzung der Salzach im Tittmoninger Becken zur Stromerzeugung durch Wasserkraft. Allerdings sei ein ökologisch verträglicher Ausbau der Wasserkraft die Voraussetzung. Neue Querbauwerke nur aus Gründen der Wasserkraft werde es nicht geben. „Österreich und Bayern stimmen überein, dass aus flussbaulichen Gesichtspunkten aktuell nur ein Querbauwerk unterhalb der Laufener Enge erforderlich ist. Für diesen Standort laufen die Verhandlungen, ob ein Fließgewässerkraftwerk oder eine Sohlrampe umgesetzt wird. Die Entscheidungsgrundlagen dafür sollen noch 2019 vorliegen,“ so ein Sprecher des bayerischen Umweltministeriums. Der Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ scheint auch hier etwas Rückenwind geschaffen zu haben.

Nun geht es darum, bessere Voraussetzungen zu schaffen für die Forderung, die Salzach zu renaturieren – die gerade im Bereich von Laufen bis Tittmoning und Burghausen stark begradigt wurde und einen eher kanalartigen Charakter hat. Die Salzach zählt zu den wenigen Flüssen in Bayern, die auf längeren Strecken ohne Querverbauungen fließen kann. In diesem Fall sind es die 60 Kilometer im unteren Bereich bis zur Mündung in den Inn bei Haiming, wenige Kilometer flussabwärts nach Burghausen.

Es gibt auch Argumente gegen die Renaturierung

Eine Renaturierung der Salzach würde auch bessere Voraussetzungen für den Fischbestand schaffen, sagt Gerhard Auer von der Aktionsgemeinschaft Lebensraum Salzach. Mit einer unkontrollierter fließenden Salzach hätten Fische unterschiedliche Habitate, die sie je nach Gattung und Alter auch benötigen. Mit Fischbesatz hätte man hier nur eine teure und wenig effektive Alternative, zumal sich Fische aus stehenden, klaren Zuchtgewässern im trüben, strömenden Wasser nur schwer zurechtfinden.

Gegen die Renaturierung spricht, dass auf bayerischer Seite die Flächenbereitstellung problematisch werden könnte. Hier gibt es viele private Grundbesitzer, und da geht es dann oft ums Geld. In Oberösterreich hingegen haben die zuständigen Bundesforste Bereitschaft signalisiert, so der Bund Naturschutz.

Problematisch sieht man die Renaturierung auch beim Wasserwirtschaftsamt in Traunstein. Ein Problem der Salzach ist, dass sie bereits im 19. Jahrhundert reguliert und verengt wurde sowie aufgrund der Tatsache, dass wegen der Talsperren und Wehranlagen im oberen Bereich viel Kies zurückgehalten wird. Das hat zur Folge, dass mit hohen Fließgeschwindigkeiten sich der Fluss immer mehr eintieft und es zum Sohldurchschlag kommen kann, also die Sohle abrutscht und Brückenfundamente und Schutzdämme in Mitleidenschaft gezogen werden können. Bei einer Renaturierung müsse man deshalb vermehrt zusätzlichen Kies auffüllen, warnt das Amt.
(Georg Weindl)

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