Kommunales

Die StVO ist irrelavant, "egoistisch" heißt das neue Schlagwort: Radfahrer*innen verteilen in Nürnberg neuerdings Strafzettel an Autos. (Foto: Pelke)

08.12.2021

Nürnberg verschärft den Kampf gegen das Auto

Verkehrspolitik im Sinne der Radfahrenden: Parkplätze sollen noch knapper, Strafzettel noch teurer werden

Ein Kulturkampf tobt auf den Straßen Nürnbergs. Während die wachsende Fahrradfraktion fleißig selbstgebastelte Warnzettel an Falschparkende verteilen, wird im Rathaus eine Politik der knappen Parkplätze und teuren Strafzettel immer beliebter. „Wir wollen die Leute vom Auto auf das Rad bringen. Nur mit Anreizen werden wir das nicht schaffen“, sagt Grünen-Stadtrat Mike Bock. Die Zustimmung für weniger Planstellen im Verkehrsplanungsamt hat sich der verkehrspolitische Sprecher der Grünen mit einer Verschärfung der Knöllchen-Politik vergolden lassen. „Eine bessere Parkraumbewirtschaftung und eine strengere Parkraumüberwachung sind wichtige Punkte für das Gelingen der Verkehrswende“, befindet Mike Bock.

Die schwarz-rote-Rathauskoalition hat derweil zugesagt, das Personal der städtischen Parkplatz-Kontrolleur*innen kräftig zu erhöhen. Derzeit sind rund 50 Politessen in der Frankenmetropole unterwegs. Bock hofft, dass die Zahl auf 100 verdoppelt wird. Schwierigkeiten macht allerdings die Personalsuche. Geld dagegen ist genug da, nachdem der Bußgeldkatalog kürzlich kräftig angehoben wurde. Dadurch werde sich das Personal nicht nur praktisch selbst finanzieren, sondern auch noch satte Summen in die Stadtkassen spülen, freut sich Bock, der offen zugibt, gern mal die Polizei zu rufen, um Falschparkende anzuzeigen. „Die Mehreinnahmen werden uns helfen, die Verkehrswende in Nürnberg zu finanzieren.“

 

Denunzieren wird von den Grünen gewünscht


Auch gegen den Einsatz von moderner Technik zur Denunziation hat der Grüne nichts einzuwenden. Doch würden die Anzeigen beispielsweise über Handy-Apps wie Wegeheld den bürokratischen Arbeitsaufwand der Behörden derzeit noch zu stark erhöhen. In der Praxis sei der Einsatz dieser Hilfssheriff-Softwares daher noch ein „zweischneidiges Schwert“.
Von diesem Dilemma berichtet auch Markus Stipp vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club: „Wir haben einfach zu viele Falschparker in Nürnberg“, sagt Stipp und erzählt, dass ein Spaziergang mit dem Kinderwagen in dicht bebauten Wohnsiedlungen mit vielen Autos und knappen Stellplätzen schnell zum Hindernisparcours mutiere. Um auf die Problematik aufmerksam zu machen, hat der ADFC kürzlich erneut Gelbe Karten an die Windschutzscheiben geklebt mit der Aufforderung „Das können Sie besser!“. Für Fahrrad-Aktivisten wie Stipp geht es im Endeffekt um die „Umverteilung“ des urbanen Raumes. Noch würden Gelbe Karten verteilt, künftig müssten „egoistische Falschparker“ mit noch saftigeren Geldbußen rechnen. Auch gegen den Einsatz von Anzeigen via Smartphone hat Stipp nichts.

Die Freunde der Drahtesel träumen von einer schönen, neuen Stadt (fast) ohne Autos. Die Zeit für den Umstieg von vier auf zwei Räder sehen Fahrrad-Lobbyisten wie Stipp jetzt endlich gekommen. „Wir sind am Wendepunkt in der Mobilität“, sagt der ADFC-Mann und schwärmt von rad-paradiesischen Zuständen wie in Holland. „Die Distanz ist auch in Nürnberg kein Problem. Es fehlen nur noch die sicheren Radwege, die Lust machen zum Radfahren.“ Er hofft darauf, dass sogar kleine Kinder nach der gelungenen Verkehrswende problemlos mit dem Rad in der Großstadt unterwegs sein können.
(Nikolas Pelke)

 

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