Am 1. Mai treten die neugewählten Bürgermeister in Bayern ihr Amt an – und stehen vor Voraussetzungen wie keiner ihrer Kollegen jemals zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Andreas Weiß (parteifrei) ist einer von Ihnen. Er blickt mit Freude, aber auch mit Anspannung auf seinen neuen Job.
Andreas Weiß ist neu gewählter Bürgermeister der Gemeinde Uffing am Staffelsee (Landkreis Garmisch-Partenkirchen). Wenn man alleine seinen zukünftigen Arbeitsplatz nimmt, ändert sich für den 36-Jährigen nicht viel. Er zieht vom Schreibtisch des Geschäftsleiters seines Heimatdorfes ins Büro des Gemeindeoberhaupts. Im Rathaus sind das lediglich ein paar Schritte, und trotzdem wird der Wechsel von der Kommunalverwaltung zur Kommunalpolitik für den Familienvater einschneidende Umwälzungen bringen. „Vieles wird sich ändern“, sagt er am Telefon – besuchen dürfen wir ihn im Sinne der Corona-Schutzmaßnahmen nicht –, „aber das war mir bereits vor meiner Kandidatur bewusst, und ist es heute immer noch. Meine Frau Stefanie steht 100-prozentig hinter mir, und meine drei Kinder (ein, sieben und acht Jahre) sind mächtig stolz darauf, dass der Papa jetzt Bürgermeister wird.“
Am Sonntag, 15. März 2020, war der Verwaltungsfachmann im ersten Wahlgang zum hauptamtlichen Bürgermeister der Gemeinde Uffing am Staffelsee gewählt worden – mit 57,34 Prozent Zustimmung. Bei drei Kandidaten wird dieses Votum in der 3000-Seelen-Kommune durchaus als Sensation gewertet. Jeder hatte mit einer Stichwahl gerechnet; auch Andreas Weiß selber: „Das Ergebnis ist nicht selbstverständlich. Wir haben uns in der Familie gemeinsam über den positiven Ausgang bereits im ersten Wahldurchgang gefreut.“
Drei Jahre ehrenamtlicher Richter am Jugendschöffengericht
Auch die neue Verantwortung schreckt den Hobbyimker nicht, der drei Jahre lang ehrenamtlicher Richter am Jugendschöffengericht Garmisch-Partenkirchen war: „Die Bereitschaft, Verantwortung für eine Gemeinde und die Menschen, die in ihr leben, zu übernehmen, gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten eines Bürgermeisters.“
Vom ersten Tag seiner beruflichen Laufbahn an war Andreas Weiß im Uffinger Rathaus beschäftigt. Zuerst als Auszubildender zum Verwaltungsfachangestellten, und nach der Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt und zur Führungskraft an der Bayerischen Verwaltungsfachschule übernahm er nacheinander daheim die Sachgebiete Einwohnermeldeamt, Bauamt, Personal und Kassenverwaltung.
2011 wurde Weiß zum Geschäftsleiter der Gemeinde Uffing berufen – die er nach fast 20 Jahren wohl bis in den letzten Winkel hinein kennt. Als Verwaltungsleiter weiß er, wo den Menschen der Schuh drückt: „Ich kenne die Gemeinde gut, wenn man das einmal in Schulnoten ausdrücken darf. Aber das reicht jetzt nicht mehr. Als Bürgermeister muss man seinen Ort und die Leute sehr gut kennen. Die Vorbereitungszeit auf meine neue Aufgabe nutze ich deswegen verstärkt für Gespräche mit den Bürgern sowie den einzelnen Gruppierungen im neuen Gemeinderat.“ In Zeiten der Corona-Krise wird sich die Kommunikation problematischer erweisen.
Andreas Weiß: „Da muss ich erst einmal auf Telefon, E-Mail und digitale Kommunikationswege zurückgreifen.“
Den wesentlichen Unterschied von Kommunalverwaltung und Kommunalpolitik sieht Andreas Weiß darin, dass es die Aufgabe der Verwaltung ist, die Entscheidungen und Beschlüsse von Bürgermeistern und Gemeinderäten nach geltenden Gesetzen und Regeln umzusetzen. Welche Projekte in einer Gemeinde Priorität haben, bestimmen die gewählten Mandatsträger.
Natürlich ist der Bürgermeister Chef der Gemeindeverwaltung und für deren Handeln verantwortlich, unterstreicht Weiß. Er selbst sieht sich aber eher als Ansprechpartner für die Bürger, die das Rathaus als „Servicezentrum des örtlichen Lebens“ wahrnehmen sollen: „Bei unseren gut ausgebildeten und motivierten Verwaltungsmitarbeitern sollen die Leute alle Informationen und Hilfen erhalten, die sie brauchen.“
Unter jedem Dach ein Ach
Zum Berufsbild eines Bürgermeisters gehört, dass die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten vorsprechen. Das war schon vor Corona so, und wird sich jetzt mit der Krise verstärken – unter jedem Dach, ein Ach! Ein Bürgermeister wird mit Lebenssituationen konfrontiert, die an die Nieren gehen können; Andreas Weiß: „Als Feuerwehrmann habe ich leider schon die schlimmsten Erfahrungen machen müssen, die man sich ausmalen kann. Meine Erkenntnis daraus, ist, dass es immer irgendwie weitergeht. Ich möchte Leuten, die sich nicht mehr zu helfen wissen, durch die Vermittlung konkreter Angebote unterstützen. Sie ermutigen, nach vorn zu schauen und neuen Antrieb zu finden. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Bürgermeisters: Zupacken, wenn es notwendig ist.“
Das Zupacke’ lernte Andreas Weiß als Kommandant der Feuerwehr Schöffau, einem Gemeindeteil von Uffing; außerdem ist er Kreisbrandmeister im nördlichen Teil des Landkreises Garmisch-Partenkirchen, zuständig für die Region zwischen Staffelsee und Riegsee. Den Kommandanten-Posten wird Weiß in den nächsten Monaten wohl schweren Herzens aufgeben müssen, aus Zeitgründen: „Der Zeitpunkt für den Wechsel steht noch nicht fest. In Zeiten der Krise – wie wir sie heute haben – darf man seine Mannschaft nicht verlassen. Außerdem muss die Nachfolge sauber geregelt werden.“ Das Amt des Kreisbrandmeisters und seine Tätigkeit als Feuerwehrausbilder auf Landkreisebene möchte der leidenschaftliche Floriansjünger weitermachen, schon alleine „weil es die notwendige Abwechslung bringt, die man auch als Bürgermeister braucht.“
Einzelkämpfer ohne Parteibuch und Hausmacht
Andreas Weiß ist als unabhängiger Einzelkämpfer in die Kommunalwahl gezogen. Er gehört keiner Partei und keiner Gruppierung an, im Gemeinderat besitzt er keine sogenannte Hausmacht. Für ihn ist das ein Vorteil: „Natürlich möchte ich Ideen aus meinem Wahlprogramm umsetzen. Ich habe sie aber so formuliert, dass sie erst in der Diskussion des Gemeinderats sowie mit den Bürgern zu solchen Zielen werden, die von der Mehrheit vertreten werden können. Durch meine Unabhängigkeit und beruflichen Erfahrungen sehe ich mich als Moderator, um das Beste für unser Dorf zu erzielen. Wenn man alle im Gemeinderat mitnimmt, braucht man keine Hausmacht. Denn dann entscheidet der gesunde Menschenverstand.“
Als wichtigste Aufgabe in jüngster Zukunft sieht es Andreas Weiß an, seine Gemeinde „gut durch die Zeiten der Corona-Krise zu führen; „Es geht unter anderem darum, einen Masterplan zu erstellen. Auch für den Fall, dass sich durch die Krise Änderungen in unserer Finanzplanung ergeben. Wir müssen unsere Projekte und Vorhaben jetzt bereits so vorbereiten, dass sie nach der Krise praktisch angepackt werden können.“ Andreas Weiß ist zuversichtlich, er baut auf eine starke Dorfgemeinschaft und auf das Verständnis der Menschen: „Die Bürger in unserer Gemeinde stehen zusammen und helfen einander, weil jedem Einzelnen der Ort und seine Bevölkerung sehr wichtig sind.“ (Günter Bitala)
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