Gut und günstig: Dafür sind die städtischen Kitas und Krippen in Nürnberg bekannt. Das wird sich am September voraussichtlich ändern. Denn nach neun Jahren auf dem gleichen Niveau will die Frankenmetropole die Gebühren für ihre Einrichtungen kräftig anheben. Das müssen viele Kommunen tun, dafür kann es vernünftige Gründe geben.
Etwas merkwürdig erscheint jedoch die Rechtfertigung, warum Nürnberg ab Herbst mehr Geld von den Eltern verlangen will. Die Stadt wolle nämlich auf diese Weise eine „Gerechtigkeitslücke“ mit der Gebührenerhöhung für die städtischen Betreuungseinrichtungen schließen, sagt Sozialreferent Reiner Prölß (SPD). Prölß sieht nämlich ausgerechnet diejenigen Eltern unfair behandelt, die ihre Kinder in einer privaten Betreuungseinrichtung untergebracht haben. Denn im Durchschnitt verlangen die privaten Träger von Kitas und Krippen in Nürnberg fast doppelt so viel wie die kommunalen Einrichtungen. Im Klartext: Man darf bei den städtischen Kitas als Mama oder Papa nicht günstiger wegkommen.
Besonders krass sind die Gebührenunterschiede bei den Kinderkrippen. Während die städtische Krippe im Monat von den Eltern 140 Euro (für eine Unterbringung von fünf bis sechs Stunden pro Tag) verlangt, wollen die freien Träger für die gleiche Leistung im Durchschnitt 314 Euro haben. „Auf diese Weise schürt man Neid unter den Eltern“, findet Prölß. „Wir kommen nicht an einer stufenweisen Erhöhung vorbei. Wir müssen die Beiträge sukzessive an den Mittelwert der freien Träger anpassen.“
Freie bangen um Profite
Derzeit dürften die freien Trägern die billige Konkurrenz der Stadt als besonders ungerecht empfinden. Durch den massiven Ausbau der Kindertagesbetreuung in den letzten Jahren können Eltern nun immer öfter frei entscheiden, in welche Krippe, Hort oder Kindergarten sie ihre Schützlinge geben wollen und müssen nicht notgedrungen den erstbesten freien Platz buchen. Die freien Träger befürchten deshalb in Anbetracht der großen Preisunterschiede, dass ihnen die Kunden davon laufen und lieber die deutlich günstigeren Angebote der städtischen Einrichtungen in Anspruch nehmen.
Eltern wie Stefan Sindersberger fragen sich allerdings, ob die Stadt die Gebühren nicht nur aus „Freundlichkeit“ gegenüber den freien Träger erhöhen will? „Ich kann nicht erkennen, dass den weitaus teureren Einrichtungen die Kundschaft wegläuft“, kritisiert der Vorsitzende des Gesamt-Elternbeirats der Kindertagesstätten in Nürnberg die Haltung der Stadt. Besonders Familien aus der Mittelschicht würden durch die geplante Gebührenerhöhung belastet. Eltern mit durchschnittlichem Einkommen fühlten sich durch die Debatte um die „Gerechtigkeitslücke“ hinters Licht geführt, sagt Sindersberger. Anders als die offiziell „sozial Schwachen“ bekommen sie nämlich nichts von der öffentlichen Hand. Für die durchschnittlichen Einkommensschichten werde das Leben immer teurer. Schließlich würde die Stadt gerne vergessen, dass zu den Gebühren für die Betreuung auch noch das Geld für die Verpflegung der Kinder hinzu komme. Das Essensgeld belaste die Familienkasse monatlich um zusätzliche 50 bis 60 Euro pro Kind.
SPD verprellt Stammwähler
Der Sozialreferent verweist hingegen darauf, dass die Stadt zuletzt vor neun Jahren die Gebühren erhöht habe. Auch deshalb klaffe die Schere zwischen den freien und städtischen Gebühren mittlerweile so weit auseinander. Die lange Zeitspanne zwischen der letzten und nun geplanten Gebührenerhöhung zeigt auch, wie unpopulär solche Entscheidungen sind. Man tue sich als SPD mit der Gebührenerhöhungen schwer, gibt die Stadträtin und Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Claudia Arabackyj, offen zu. Denn besonders unbeliebt dürften die höheren Gebühren bei den Familien ankommen, die mit ihrem Einkommen knapp über den Bemessungsgrenzen für wirtschaftliche Jugendhilfe liegen. Diese „Arbeiterfamilien“ gehören traditionell zur Stammwählerschaft der Sozialdemokraten.
Fast die Hälfe der Eltern dürfte die Diskussion allerdings entspannt verfolgen. Denn für über 40 Prozent aller Eltern übernimmt die Stadt die Gebühren ganz oder teilweise. In den städtischen Einrichtungen liegt der Anteil der gebührenbefreiten Eltern nach Zahlen des Jugendamtes sogar bei 53 Prozent. Das führt dazu, dass die höheren Gebühren nur teilweise tatsächlich im Nürnberger Rathaus ankommen, da die Mehrheit der Eltern überhaupt keine oder wesentlich geringere Gebühren bezahlen muss. Anfang Mai will das Sozialreferat dem Jugendhilfe-Ausschuss die „Vorschläge zur Gebührenanpassung“ vorlegen, damit die „Gerechtigkeitslücke“ ab September geschlossen werden kann. Allerdings soll die Lücke in mehreren Schritten geschlossen werden. Das dürfte für viele Eltern nur ein kleines Trostpflaster sein. Denn auch viele kleine Griffe ins Portemonnaie können bekanntlich wehtun. (Nikolas Pelke)
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