Der Spardruck ist in den Kommunen angesichts explodierender Kosten extrem hoch. Die Bundesregierung hätte es in der Hand, die Kommunen zu entlasten – etwa über vereinfachte Vergaberegeln, um günstiger bauen zu können, findet der Bayreuther OB Thomas Ebersberger.
BSZ: Herr Ebersberger, wo drückt in Bayreuth der Schuh?
Thomas Ebersberger: Beim Geld und nur beim Geld. Es geht uns zwar besser bei den Einnahmen, aber die Ausgaben laufen uns davon. Allein der Personalaufwand ist in den letzten fünf Jahren von 80 Millionen Euro im Jahr auf über 105 Millionen Euro gestiegen. Auch die Bezirksumlage steigt wohl von 19 Millionen Euro auf über 40 Millionen Euro. Und die immensen Baukostensteigerungen von über 70 Prozent machen uns ebenfalls zu schaffen. Hinzu kamen zusätzliche Aufgaben durch Bund und Freistaat, für die die Finanzierung die Kosten nicht deckt.
BSZ: Was bedeutet das konkret für die Stadt Bayreuth?
Ebersberger: Dass wir nicht so viele Schulen und Kindergärten sanieren können, wie nötig wäre. Auch beim Kanal-, Wasser- und Fernwärmenetz müssten wir mehr sanieren. Aber dafür fehlt das Geld.
BSZ: Wie groß ist denn das Gewerbesteueraufkommen in Bayreuth?
Ebersberger: Das liegt bei rund 90 Millionen Euro. Wir haben etwa 45 Unternehmen, die man als große Gewerbesteuerzahler bezeichnen kann.
"Die Wohngeldreform bedeutet, dass wir sechs Leute mehr zur Bearbeitung der Wohngeldanträge einstellen müssen"
BSZ: Angesichts der Gesamtkonstellation können Sie nur sparen, oder?
Ebersberger: Richtig, aber das reicht nicht. Nehmen wir zum Beispiel die Wohngeldreform. Die ist zwar richtig, bedeutet aber für uns, dass wir sechs Leute mehr zur Bearbeitung der Wohngeldanträge einstellen müssen. Und diese zusätzlichen Mitarbeiter zahlt die Stadt. Auch kostenfreie Kindergartenplätze für Migranten schlagen mit 350.000 Euro im Jahr zu Buche. Diese beiden Beispiele zeigen, dass die Finanzierung politischer Entscheidungen, die auf Bundesebene getroffen wurden, nicht ausreicht. Die Kommunen bleiben auf Kosten sitzen, die sie eigentlich nicht schultern können.
BSZ: Was würde denn den Kommunen helfen?
Ebersberger: Wenn man endlich einmal von der „Einzelfallgerechtigkeit“ abrücken und den Kommunen mehr Ermessensspielräume zugestehen würde. Das wäre schon sehr hilfreich. Auch bei den Ausschreibungen könnte man für Erleichterungen sorgen. So kommt es bei Bauprojekten immer einmal vor, dass man aus den unterschiedlichsten Gründen eine Firma auswechseln muss. Das löst dann wieder eine EU-weite Ausschreibung aus mit der Konsequenz, dass das Bauvorhaben ein halbes bis dreiviertel Jahr verzögert wird. Aber das ist nicht alles bei den Ausschreibungen.
BSZ: Was müsste noch verbessert werden?
Ebersberger: Öffentliche Bauten könnten weit billiger sein, wenn man die Ausschreibungsmodalitäten vereinfachen würde.
"Kaum Bereitschaft für die Beseitigung kleinerer Mängel"
BSZ Wie geht das?
Ebersberger: Trotz regelmäßiger europaweiter Ausschreibungen haben sich bei uns bislang, zum Beispiel bei Bausachen, kaum ausländische Firmen beworben. Je weiter Firmen jedoch entfernt sind, desto höher ist der Aufwand, die Vergabeunterlagen werden umfangreicher und komplizierter, sodass sich weniger kompetente kleine und mittelständische Unternehmen bewerben – bereits bei Ausschreibungen muss auf spezialisierte Anwaltskanzleien zurückgegriffen werden. Häufiger erhalten dann ungeeignete Firmen den Zuschlag, die lediglich niedrig anbieten, die auf Nachträge spekulieren, und es besteht kaum Bereitschaft für die Beseitigung kleinerer Restarbeiten. Eine regelmäßige oder spontane Präsenz auf der Baustelle geht zurück, die Anzahl von sogenannten Rügen und gerichtlichen Überprüfungen steigt, die Bearbeitungszeit verlängert sich deutlich.
BSZ: Wenn man Ihre Vorschläge umsetzen würde, was hätte das konkret für Bayreuth zur Folge?
Ebersberger: Dass wir unseren 300 Millionen Euro schweren Investitionsstau im Hochbau schneller abbauen könnten. Sollte es so weitergehen wie bisher, werden wir angesichts der Verschuldung zu wenig Bauprojekte realisieren können.
BSZ: Was heißt das?
Ebersberger: Wir haben bis zum Jahr 2024 die Verschuldung der Stadt Bayreuth massiv zurückfahren können. Doch jetzt dreht es sich und in vier Jahren dürften wir eine Vervier- bis Verfünffachung der Verschuldung verzeichnen.
BSZ: Was belastet Sie noch?
Ebersberger: Dass man dem Bürger manche Dinge nicht vermitteln kann. Nehmen wir zum Beispiel ein Neubaugebiet. Auf der linken Seite sind Wohnungen, wo der Quadratmeter – weil noch gefördert sowie niedrigere Zinsen und Baukosten zu verzeichnen waren – 9,60 Euro kostet. Und auf der rechten Seite kostet der Quadratmeter 15,60 Euro für vergleichbare Wohnungen. Überhaupt wird das Thema Wohnen immer schwieriger.
"Wir sind Universitätsstadt und haben wenig Wohnraum"
BSZ: Inwiefern?
Ebersberger: Wir sind Universitätsstadt und haben wenig Wohnraum. Dabei gibt es Menschen, die in großen Häusern oder Wohnungen allein leben. Dort könnte man durchaus ein, zwei Studenten mit unterbringen. Diese könnten dann den dort seit Langem lebenden älteren Menschen auch im Alltag helfen. Aber dafür braucht es einen Mentalitätswandel. Auch für ausländische Pflegekräfte bräuchten wir Wohnraum. Wir haben allein in Bayreuth in einem Pflegeheim Pflegekräfte aus 32 Nationen. Damit diese hier nicht vereinsamen, sollten sie anfangs zusammen in eine Wohnanlage. Da schauen wir, dass die Nationen zueinanderpassen. Aber das Thema Wohnen ist nicht die einzige Herausforderung.
BSZ: Wo noch?
Ebersberger: Bei der Verteilung der Gelder aus der Bundesmilliarde an die Kommunen. Sie sollten das Geld von Bund und Land direkt und ohne Auflagen erhalten. Dann könnte das Geld eins zu eins in Projekte fließen und man müsste nicht noch einen gewissen Teil für die Überwachung der Fördermaßnahmen aufwenden. Aber insgesamt sind wir Kommunen im Freistaat schon gesegnet.
BSZ: Wie meinen Sie das angesichts des Sparzwangs?
Ebersberger: Die Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium ist eine ganz andere als in anderen Bundesländern. Finanzminister Albert Füracker hat stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Kommunen und versucht sein Möglichstes, ihnen zu helfen.
BSZ: Weil Kommunen sparen müssen, haben Sie vor Kurzem das geplante Wasserstoff-Busnetz für Bayreuth beendet. Warum?
Ebersberger: Weil es zu teuer ist. Als wir mit den Planungen angefangen haben, war nicht absehbar, dass Elektrobusse so schnell günstiger werden als Wasserstoffbusse. Das hat uns dazu gebracht, noch zwei bis drei Jahre mit Erdgasbussen zu fahren. Wir beschaffen gerade noch ein paar Gebrauchte aus anderen Städten. Wir hoffen, dass nach diesem Zeitraum die Elektrobusse noch einmal günstiger werden. Dann steigen wir komplett auf Elektrobusse um.
"Bei uns konnten sich keine Brennpunkte entwickeln, weil wir die Migranten übers Stadtgebiet verteilt haben"
BSZ: Damit versuchen Sie, aus der Situation das Beste zu machen.
Ebersberger: Das versuchen wir immer. Auch bei der Migration zum Beispiel. Wir hatten da kaum Probleme.
BSZ: Warum?
Ebersberger: Weil wir neben unseren Sozialarbeitern Hausmeister in den jeweiligen Unterkünften haben, die selbst aus den Ländern kommen, aus denen die Menschen stammen. Somit gab es dort kaum Schwierigkeiten, weil die Hausmeister auch so eine Art Sozialarbeiterfunktion übernommen haben. Auf diese Weise konnten wir sogar 70 Menschen neben einem Freibad unterbringen, ohne dass es Probleme gab. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass die Migranten übers Stadtgebiet verteilt wurden und sich somit keine Brennpunkte entwickeln konnten.
BSZ: Abschlussfrage: Wie stellt sich der Fachkräftemangel für die Stadt Bayreuth dar? Haben Sie Schwierigkeiten, Personal für die Verwaltung zu bekommen?
Ebersberger: Kaum, denn wir gehen frühzeitig an die Leute heran. Auf diese Weise finden wir immer genügend junge Leute, die lieber in Bayreuth bleiben wollen, als anderswo hinzugehen. Das Leben in Bayreuth, wage ich jetzt einmal zu behaupten, ist besser und billiger.
(Interview: Ralph Schweinfurth)
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