Kommunales

Seit gut zwei Jahren lebt Boubacar Denver Camera in der Gemeinde Rohrbach. (Foto: Ermert)

24.03.2016

Perfekt integriert reicht nicht

Ein senegalesischer Asylbewerber findet einen Job im Gemeindebauhof – und soll trotzdem abgeschoben werden

Es ist ein Paradebeispiel dafür, was falsch läuft in der Asylpolitik: Anständige, integrierte Flüchtlinge müssen Deutschland trotzdem verlassen – nur, weil sie aus dem „falschen“ Land stammen. Und Kriminelle, die ihr Gastrecht missbrauchen, dürfen bleiben. Im Nachgang der sexuellen Übergriffe von Köln gab es nämlich noch keine einzige Abschiebung.

Seit gut zwei Jahren lebt Boubacar Denver Camera in der Gemeinde Rohrbach im Landkreis Pfaffenhofen. Inzwischen arbeitet der junge Mann im Bauhof der Gemeinde. Doch der Senegalese soll trotzdem abgeschoben werden. Schockiert, traurig und wütend haben der Rohrbacher Asylhelferkreis und auch Bürgermeister Peter Keck (SPD) die Nachricht vom Abschiebebescheid für Boubacar Denver Camera aufgenommen.

„Bouba“, so wird er von seinen Kollegen im Rohrbacher Bauhof genannt: Im September 2014 erhielt der Asylbewerber eine Aufenthaltsbestätigung und eine Erwerbstätigkeitserlaubnis als Bauhofarbeiter bei der Gemeinde Rohrbach, befristet bis 31. August 2017, und dazu einen Arbeitsvertrag der Kommune.
Boubacar Denver Camera hat eine eigene kleine Wohnung, geht einer Arbeit nach, bezahlt seine Steuern und Krankenkassenbeiträge, ist gesetzestreu, kann sich im Alltag verständigen und liegt dem Staat nicht auf der Tasche: eigentlich ein Musterbeispiel an Integration.

Völlig überraschend kommt der Abschiebebescheid


„Die Arbeit kommt mir total entgegen, ich liebe es, in der Natur zu arbeiten“, sagt der Senegalese. Die Kollegen sind alle sehr nett, ich fühle mich prima dort und die Gemeinde steht hinter mir.“ Jetzt kommt völlig überraschend der Abschiebebescheid. Der Senegalese war schockiert und fassungslos. „Bouba hat panische Angst davor, in ein Rückführungslager zu kommen“, berichtet Hedwig Stocker, die Leiterin des Rohrbacher Asylhelferkreises. Sie begleitete ihn ins Ausländeramt in Pfaffenhofen, wo er sich bereit erklärte, „freiwillig“ in den Senegal zurückzukehren. Für das bayerische Innenministerium ist das auch völlig in Ordnung so, ist auf Nachfrage zu erfahren, schließlich sei der Senegal ein sicheres Herkunftsland. Das stimmt zwar – aber das gilt für Marokko und Tunesien auch, und trotzdem halten sich viele junge Männer aus diesen Ländern weiterhin in Deutschland auf, obwohl einige eine Menge auf dem Kerbholz haben. Die Kunst besteht wohl darin, sich der Abschiebung geschickt zu entziehen: mit Klagen, Arztattesten und Ähnlichem. Bouba war da mit seiner Freiwilligkeit wohl vergleichsweise zu gutmütig.

„Freiwillig“ bedeutet, das er nicht innerhalb einer Woche bei einer Nacht- und Nebelaktion abgeholt wird und der Flieger nach Senegal bereits gebucht ist. Er kann seine Angelegenheiten hier in Deutschland noch regeln, fährt etwa mit Hedwig Stocker zur Zentralen Rückkehrberatung für Südbayern nach Augsburg zur Beratung, um zu erfragen, was er alles braucht und wie der weitere Weg ist. Denn Boubacar Denver Camera hat keinerlei Ausweispapiere mehr aus dem Senegal. Diese aber braucht er, denn ohne Papiere kann er nicht in sein Heimatland zurück und müsste dann eventuell doch zunächst in ein Rückführungslager.

Eince Chance gibt es noch


Eine Chance gibt es allerdings: Boubacar müsste zunächst zehn Monate im Senegal leben und könnte dann mit der Beantragung eines Arbeitsvisums bei der deutschen Botschaft versuchen, auf legalem Weg wieder nach Bayern zurückzukehren – ein Weg, den der junge Mann auf alle Fälle versuchen möchte.
„Was für ein Aufwand und unverständlich bürokratischer Weg“, schimpft Bürgermeister Keck. „Boubacar ist jetzt mehr als zwei Jahre hier, er ist voll integriert. Wir überlegten schon, ihm den Führerschein machen zu lassen, damit er noch vielfältiger im Bauhof eingesetzt werden kann.“ Keck will auf alle Fälle alles tun, den Arbeitsplatz für den Senegalesen vakant zu halten.

Und was erwartet Boubacar Denver Camera daheim im Senegal? Er weiß es nicht. Arbeitsplätze seien rar, „man braucht einen langen Arm“, heißt es auf französisch. Im Klartext: Nur Beziehungen helfen. Er hat eine große Familie, aber wie er von ihnen aufgenommen wird, ist ungewiss. Bisher konnte er diese unterstützen, jetzt ist Boubacar derjenige, der Hilfe braucht.
(Anna Ermert)

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