Kommunales

Mit einer Bohrung beginnen die PFC-Sanierungsmaßnahmen am Militärflugplatz. Die Luftwaffe hat früher an dem Flugplatz Löschschaum mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) eingesetzt. PFC ist schwer abbaubar und gilt als gesundheitsschädigend. (Foto: dpa/Armin Weigel)

29.10.2021

Prozess um kontaminiertes Wasser

Die Bundeswehr hat rund ums oberbayerische Manching schweren Schaden verursacht – den Ärger hat das Landratsamt

Der von der Bundeswehr genutzte Flugplatz der Marktgemeinde Manching in der Nähe von Ingolstadt ist zum Auslöser eines Rechtsstreits geworden, bei dem sich das Landratsamt Pfaffenhofen in einer Zwickmühle befindet: Entweder es gängelt weiter seine Bürger*innen – oder es legt sich mit dem weitaus mächtigeren Bundesverteidigungsministerium an.

Zum Hintergrund: Viele Jahre hatte die Luftwaffe auf besagtem Flugplatz Brände mit chemisch belastetem Löschschaum bekämpft. Die darin enthaltenen Giftstoffe – vor allem PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien) – reicherten sich nach und nach im Boden an. Und das wurde zum Problem für zahlreiche Gartler rund um den Flugplatz, die ihr Gemüse mit Grundwasser wässerten. Denn das untersagte ihnen nun das Landratsamt – zu groß sei die Gefahr einer Gesundheitsschädigung beim Verzehr des Gemüses. Die Anwohnenden wollten das nicht hinnehmen und gründeten eine Interessengemeinschaft. Exemplarisch für rund 50 weitere Mitglieder klagten sie nun vor dem Münchner Verwaltungsgericht gegen die Kreisbehörde. Doch ihre Chancen stehen schlecht.

„Ihre Klage hat wenig Aussicht auf Erfolg“, beschied der Vorsitzende Richter Korbinian Heinzeller am Ende der rund zweistündigen Verhandlung, auch wenn er „die Klagemotivation verstehe“. Das Urteil wird den Klägern – einer Familie aus dem Ortsteil Westenhausen – allerdings erst in einigen Wochen zugestellt. Zuvor hatte deren Rechtsanwältin Traute Ehlerding erklärt, sie sei nicht befugt, für ihre nicht anwesenden Mandanten die Klage zurückzuziehen. Regierungsrätin Katharina Baschab, die Vertreterin des beklagten Landratsamts Paffenhofen, hatte eine Einstellung der Klage gefordert. Es spricht also viel dafür, dass die 2018 erlassene Allgemeinverfügung des Landratsamts vom 14. Mai 2018 weiter in Kraft bleiben wird.

Betroffene hoffen auf schnellstmögliche Erlaubnis zur Nutzung


Allerdings gab sich die Regierungsrätin insofern kompromissbereit, dass es wohl nicht zwingend bei den 14 Jahren bis zum 30. April 2032 bleiben müsse, die in der Allgemeinverfügung als Stichtag genannt sind: „Das ist nicht in Stein gemeißelt.“ Es gäbe ein Monitoring und wenn sich der Sachstand vorher ändere, könnten die Betroffenen womöglich auch schon eher wieder ihr Wasser nutzen.

Dieses konkrete Datum hatte der Richter zuvor mit ironischem Unterton ohnehin hinterfragt. Wie man denn genau auf 14 Jahre gekommen sei, warum nicht nur zehn oder auch 50 Jahre, wollte er von der Regierungsrätin wissen. Die zuvor sehr selbstbewusst auftretende junge Beamtin – sie hatte zahlreiche Mitarbeitende vom Wasserwirtschaftsamt und vom Amt für Landwirtschaft und Forsten im Schlepptau, die ihr argumentative Schützenhilfe geben mussten – kam da rhetorisch ein wenig ins Trudeln: „Wissenschaftliche Erkenntnisse“ und „Erfahrungswerte“ lägen dem Datum zugrunde. Präzise die 14 Jahre begründen konnte sie nicht.

Und auch die Erläuterungen des Umstands, warum die professionelle Landwirtschaft in diesem Fall anders mit dem belasteten Wasser umgehen darf als die privaten Gartler daheim, erschlossen sich nicht wirklich einem Nicht-Juristen. Aber der Richter ließ es mit einem nachsichtigen Lächeln dabei bewenden. Kläger-Vertreterin Ehlerding allerdings konterte: „Es fehlt der politische Wille.“ Mitglieder der Bürgerinitiative im Publikum meinten: „Das kleine Landratsamt hat nicht den Mumm, sich mit der großen Bundeswehr anzulegen.“ Von der Vertreterin des Landratsamts war vor Ort keine Stellungnahme zu erhalten – in der Verhandlungspause wandte sie sich samt ihrer Beamten-Entourage demonstrativ von der Presse ab.

Vom Militär lässt sich vor Gericht niemand blicken


Immerhin: Die Bundeswehr ist angeblich schon „freiwillig“ aktiv geworden, um den Schaden mittels sogenannter Pump & Treat-Maßnahmen zu beheben. Das Militär plant laut Landratsamt den Bau von fünf bis sechs Brunnen. Das notwendige Pumpverfahren sei schon erfolgreich abgeschlossen. Bis zum Jahresende sollen die Ergebnisse ausgewertet werden, der Brunnenbau könne dann Mitte nächsten Jahres beginnen und Anfang 2023 würde der Start der Sanierung beginnen – so der genannte Ablaufplan. Zum Einsatz komme dann ein sogenannter Aktivkohlefilter – laut Aussage des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts die noch am besten geeignete Methode; ein sogenannter Ionenaustausch als mögliche Alternative sei „nicht erfolgversprechend“.

Parallel zu den Maßnahmen der Bundeswehr läuft auch noch das Bodensanierungsverfahren des Landratsamts. Gut möglich, dass die Kontaminierung also auch mittels Beregnung oder Abtragung des Erdreichs behoben werden kann. Ein Vertreter der Bundeswehr fehlte übrigens bei dem Verfahren. Das war zwar auch nicht vorgeschrieben – schließlich ist das Militär kein Prozessbeteiligter –, aber es wäre ein positives Signal.

Einen Fortgang des Prozesses können sich die Klagenden aus finanziellen Grünen nicht leisten. Dass ein Landratsamt in einem solchen Fall auch mal zwischen allen Stühlen stehen kann, leuchtet ein. Aber um das der Bevölkerung einsichtig zu kommunizieren, sollte eine Behörde wohl besser jemand vor Gericht schicken, der auch über etwas Empathie verfügt – statt mit schnippischer Arroganz aufzutreten.
(André Paul)

 

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